Lights Out (2016)

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Mehr Schatten als Licht

Klingt einfach, ist aber wahr: Wenn aus einem Kurzfilm ein Langfilm gemacht wird, wirkt das Ergebnis oft wie ein in die Länge gezogener Kurzfilm. Das gilt in gewisser Weise auch für das von James Wan (Saw) produzierte Debüt des australischen Newcomers David F. Sandberg. Sandbergs knapp 3-minütiger Film hatte auf YouTube für einiges Aufsehen gesorgt, weswegen Wan ihn nach Hollywood holte, wo Sandberg gemeinsam mit Drehbuchautor Eric Heisserer seine Idee zu einer längeren Geschichte umarbeitete. Mit zwiespältigem Ergebnis.

Martin (Gabriel Bateman) kann nicht schlafen. Im Hause seiner alleinstehenden Mutter Sophie (Maria Bello) scheint es zu spuken. Voller Angst flüchtet Martin und sucht Hilfe bei seiner älteren Schwester Rebecca (Teresa Palmer). Sie reagiert alarmiert und holt ihren Bruder – gegen den Willen der Mutter – sofort aus der elterlichen Wohnung. Zusammen mit ihrem Freund Bret (Alexander DiPersia) stellt sie Nachforschungen an und findet heraus, dass ihre Mutter ein düsteres Geheimnis hat.

Es gibt kaum etwas, das uns soviel Angst macht, wie die Dunkelheit. Sie ist eine essentielle Bedrohung für den Menschen. Fehlt das Licht, funktioniert unser vielleicht wichtigstes Sinnesorgan – das Auge – nicht mehr. Wenn wir nichts sehen, sind wir ohne Orientierung und ein leichtes Opfer für andere, aber auch für uns selbst. Denn natürlich können Licht und Dunkelheit auch als Metaphern für unser Innenleben gelten. Wenn wir alles schwarzsehen, heißt das, dass wir resignieren und uns die Hoffnung fehlt. Dann sind wir uns selbst, unseren Emotionen und konstruktiven Ideen gegenüber blind und irren alleine durch die Dunkelheit. Diese Bedeutung hat der Titel von Sandbergs Film sicherlich auch. Denn hier geht es nicht nur um einen bösen Geist, der im Schatten sein Unwesen treibt, sondern auch um eine Mutter, die sich in ihrer Depression verloren hat und droht, die ganze Familie mit in die Dunkelheit zu reißen. In dieser Lesart könnte Lights Out sicherlich ein reizvoller Genrefilm im Stil von Jennifer Kents Babadook sein. Leider funktioniert das nicht so recht.

Das liegt nicht an den Schauspielern, die mit Teresa Palmer (keck und voller Energie), Maria Bello (das Gegenteil) und Newcomer Gabriel Bateman (charismatisch) gut aufgestellt sind. Und auch die Grundidee von Sandbergs Film ist ideell und visuell reizvoll: Da ist ein Wesen, das nur in der Dunkelheit leben kann. Doch alles was er und Heisserer dazu gedichtet haben, arbeitet dieser kleinen und feinen Prämisse entgegen. Das vielleicht größte Problem von Lights Out ist, dass aus dieser Ambivalenz zwischen echtem Spuk und Metapher kein Kapital geschlagen wird. Entweder war es Sandberg doch nicht so ganz klar, welche Bedeutungsebenen seine Geschichte hat, oder er unterschätzt sein Publikum. Jedenfalls beginnt er nach einem vielversprechenden ersten Drittel, das allein aufgrund einiger Andeutungen Atmosphäre herzustellen weiß, im Folgenden alles haarklein zu erklären. Sandberg bringt sozusagen immer mehr Licht ins Dunkel, was den paradoxen Effekt nach sich zieht, dass hier, zumindest was die Qualität des Films betrifft, mehr Schatten als Licht ist. Am Ende ist alles erklärt, für echte Angst ist da kein Platz mehr.
 

Lights Out (2016)

Klingt einfach, ist aber wahr: Wenn aus einem Kurzfilm ein Langfilm gemacht wird, wirkt das Ergebnis oft wie ein in die Länge gezogener Kurzfilm. Das gilt in gewisser Weise auch für das von James Wan („Saw“) produzierte Debüt des australischen Newcomers David F. Sandberg. Sandbergs knapp 3-minütiger Film hatte auf YouTube für einiges Aufsehen gesorgt, weswegen Wan ihn nach Hollywood holte, wo Sandberg gemeinsam mit Drehbuchautor Eric Heisserer seine Idee zu einer längeren Geschichte umarbeitete. Mit zwiespältigem Ergebnis.

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