La grande bellezza – Die große Schönheit (2013)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Tanz auf dem Vulkan

Paolo Sorrentinos neuer Film La grande bellezza – Die große Schönheit, der schon beim Festival von Cannes für Furore sorgte, beginnt sprichwörtlich mit einem Knalleffekt, respektive einem Kanonenschlag. Dann kippt ein japanischer Tourist während des Abknipsens der Sehenswürdigkeiten einfach um und ist tot. Ein Auftakt zu einem 142 Minuten langen Meisterwerk, das jetzt schon zu den wichtigsten, schönsten, berückendsten Filmen des Jahres gezählt werden muss.

Was nach diesem Beginn folgt, ist eine Odyssee durch Rom und das Leben des Herumtreibers, Ex-Schriftstellers, Gelegenheitsjournalisten und Partykönigs Jep Gambardella (Tony Servillo), der so etwas wie der heimliche Herrscher und Zeremonienmeister der High Society von Italiens Hauptstadt ist. Dieser Mann, dessen 65. Geburtstag das Nachtleben in Rom als exzentrisch-egomanischen Tanz auf dem Vulkan zeigt, kommt aber langsam ins Grübeln – und es ist vor allem und immer wieder eine Frage, die er sich stellt und die er immer wieder zu hören bekommen hat: Warum hat er nach der Veröffentlichung seines ersten Romans vor 40 Jahren nie wieder einen neuen Anlauf unternommen, einen neuen Versuch gewagt, etwas Bleibendes zu schreiben?

Dieser Jep Gambardella ist eine Figur, wie man sie wohl nur in Italien antreffen kann, wie sie in gewisser Weise typisch für das Land ist: Alberto Moravia hat sie in seinem Roman beschrieben, Gabriele d’Annunzio hat sich selbst darum bemüht, ein solcher Mensch zu sein (allerdings war er dafür eindeutig zu produktiv) – und dann gibt es natürlich die Filme Federico Fellinis, als dessen legitimer Erbe sich Paolo Sorrentino erweist.

La grande bellezza ist aber nicht nur (getreu dem Titel als Programmauftrag) ein Film von großer Schönheit, sondern auf der anderen Seite der glänzenden Fassade, der lärmenden Partys und glatten Oberflächen auch zutiefst traurig, desillusionierend und eine treffende Zustandsbeschreibung Italiens und dessen selbsternannter Eliten, seien sie nun Künstler oder einfach nur Lebenskünstler.

Nein, man möchte wirklich kein Mensch sein wie Jep Gambardella. Aber zuschauen könnte man ihm ewig. Denn mal ehrlich: Wenn Langeweile und das große Nichts so prächtig ausschauen wie in La grande bellezza, dann möchte man das bitte auch mal erleben. Es muss ja nicht wie im Falle Gambardellas für immer sein.
 

La grande bellezza – Die große Schönheit (2013)

Paolo Sorrentinos neuer Film „La grande bellezza – Die große Schönheit“, der schon beim Festival von Cannes für Furore sorgte, beginnt sprichwörtlich mit einem Knalleffekt, respektive einem Kanonenschlag. Dann kippt ein japanischer Tourist während des Abknipsens der Sehenswürdigkeiten einfach um und ist tot.

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Meinungen

Gio · 16.01.2014

Donna Leon: du hast viele Vorurteile, du hast nix verstanden! Schade

Donna Leon · 04.09.2013

Das Problem mit den Italienern ist, dass sie alles durch die Brille von Sex ( der Ästhetik) und Politik (der Führerschaft) betrachten. Das sind ihre Imperative. Und das verwehrt ihnen, unter anderem, ein tiefes Verständnis der Vergangenheit, als die Menschen noch ganz andere Prioritäten hatten.