In Zeiten des abnehmenden Lichts (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Bei der Adaption einer literarischen Vorlage ist die Erzählform oft die größte Herausforderung: Wie etwa werden die Inneneinsichten der Figuren, Dialoge, Beschreibungen übertragen, wie gewinnt man aus einem Ich-Erzähler eine filmische Perspektive?

Ein Beispiel für eine äußerst gelungene Adaption ist Call me by your name. Dort geht die Ich-Erzählhaltung im Film auf, indem die Kamera und Narration nah bei dem Buch-Erzähler bleibt, jedoch kaum auf eine Erzählstimme aus dem Off zurückgreift, sondern Wahrnehmungen und Empfindungen in filmische Bilder auflöst. Weitaus schwieriger verhält es sich hingegen mit In Zeiten des abnehmenden Lichts von Matti Geschonneck, der nach einem Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase basierend auf Eugen Ruges gleichnamigem Roman die Geschichte der Familie Powileit erzählt. Umfasst der über 500 Seiten lange Roman einen Zeitraum von 1952 bis 2001, konzentriert sich der Film auf den 90. Geburtstag von Wilhelm Powileit im Oktober 1989. Dieser Tag ist auch im Roman ein zentrales Ereignis, zu dem mehrfach zurückgekehrt wird, der Film aber bleibt überwiegend bei diesem Ereignis. Nur kurz zu Beginn und am Ende gibt es eine Erinnerung an Solva im Ural, als mit folkloristischen Klängen, kopftuchtragenden, älteren Frauen und auf dem Feld arbeitenden Männern die Idylle der Landarbeit beschworen und der Titel erklärt wird: wenn die Tage kürzer werden und der Herbst kommt, spricht man dort von Zeiten des abnehmenden Lichts.

Nun ist aber das Jahr 1989, Kurt Umnitzer (Sylvester Groth) besucht seinen Sohn Sascha (Alexander Fehling), der sich von seiner Familie getrennt hat und in einer nicht genutzten Wohnung haust. Er will ihn an den 90. Geburtstag seines Großvaters und Kurts Stiefvaters Wilheim (Bruno Ganz) erinnern, der in drei Tagen stattfindet, und in dem Gespräch zwischen Vater und Sohn wird deutlich, dass Sascha unzufrieden ist mit dem Leben in der DDR. Er will mehr. Kurt kann ihn verstehen, er hat – wie später deutlich wird – ausreichend Erfahrungen gemacht, die ihn am Sozialismus zweifeln lassen, aber er hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Stattdessen flüchtet er sich in eine Beziehung mit einer anderen Frau und beschwört seine russische Frau Irina (Evgenia Dodina), nicht so viel zu trinken.

Am Morgen des Geburtstags von Wilhelm erfahren dann Kurt und Irina beim Frühstück, dass Sascha in den Westen abgehauen ist. Er hat sie nun tatsächlich verlassen, seine Familie – nicht nur seine Frau und seinen Sohn, sondern auch die Eltern und Großeltern. Unterdessen fechten Wilhelm (Bruno Ganz) und seine Frau Charlotte (Hildegard Schmahl) ihre täglichen Reibereien aus, in denen sich Wilhelm als weiterhin regeltreuer Sozialist entpuppt, der überzeugt ist, die Genossen unterschätzten die Zeichen des Untergangs. Dann treffen nach und nach die Gäste ein – Abgeordnete der Ortsführung, einer Molkereigenossenschaft, Nachbarn und Freunde, die ihre Aufwartung machen und Treue beschwören. Denn Wilhelm ist nicht irgendwer, das wird mehr als deutlich, schließlich bekommt das hochdekorierte SED-Mitglied, das 1952 aus Mexiko zurückkehrte, um am Aufbau der DDR mitzuarbeiten, abermals eine Auszeichnung für seine Verdienste.

Im Rahmen dieser Geburtstagsfeier entfaltet sich die Geschichte dieser Familie, indem Charlotte, Wilhelm, Kurt und Irina Gespräche führen. Hierbei treffen exzellentes Schauspiel und sorgfältig ausgewählte charakterisierende Kleinigkeiten – Bemerkungen, Blicke, Bewegungen – auf eine Erzählweise, die eher im Theater denn im Kino zu verorten wäre. Daher stellt sich die Frage, warum die Struktur des Films so sehr an dieser erzählten Rückschau festhält, anstatt beides in Bilder aufzulösen. Denn ein Film kann den Ort wechseln, er kann in Zeiten wandern. In dieser Form aber ist in jeder Sequenz zu erkennen, dass dies eine Romanverfilmung ist, ja, sogar der montageartige Aufbau des Romans ist weiterhin zu bemerken. Deshalb bleibt von diesem Film letztlich der Eindruck, dass gerade angesichts des Talents aller Beteiligten weitaus mehr möglich gewesen wäre.

In Zeiten des abnehmenden Lichts (2017)

Bei der Adaption einer literarischen Vorlage ist die Erzählform oft die größte Herausforderung: Wie etwa werden die Inneneinsichten der Figuren, Dialoge, Beschreibungen übertragen, wie gewinnt man aus einem Ich-Erzähler eine filmische Perspektive?

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Meinungen

Maya Simson · 08.07.2017

p.s. zum ersten Kommentar:
Ich kenne die Düsternis und die graue Stimmung in der DDR der 80ziger und der 90ziger Jahre recht gut. Für mich war immer wieder erstaunlich, wie dieser Eindruck der Farblosigkeit durch die Erlebnisse mit den Menschen bunt wurde. Keineswegs nur schön und harmonisch, aber spannend. Die Romanvorlage schildert das sehr treffend. Der Film ist dieser Geschichte einfach von seinen Mitteln her nicht gewachsen. Er trägt zu dick auf und zeigt gleichzeitig zu wenig. Dieser Film findet nicht wirklich ins Erzählen.

Maya Simson · 08.07.2017

Der langweiligste Film seit langem. Vor allem was die Filmkunst betrifft: immer gleiche Kameraeinstellung, immer gleiche Düsternis, keine Spannung durch Beleuchtungswechsel - selbst Bruno Ganz erscheint irgendwann langweilig. Und das liegt nur am Drehbuch und an der fehlenden Filmkunst.

Goedel · 16.06.2017

Die Kammerspiel mäßige Verfilmung ist nur wegen der guten Schauspieler gelung3n. Ansonsten hatte ich mir mehr filmerische Erzahlung gewünscht.
@Bloch Ich finde, jeder kann seine eigene Meinung haben und den Film von mir aus auch als Schwachsinn bezeichnen, auch wenn ich die Kritik nicht teile. Aber anstatt Ihre positiven Eindrücke vom Film zu schildern, greifen Sie Frau Burzan persönlich und beleidigend an. Das ist eine ziemlich niveaulose Art der Auseinandersetzung, weit unter der Kritik von Frau Burzan.

Italo · 12.06.2017

Sehr geehrte Frau Burzan,
gehen sie nicht in Tübingen ins Kino. Dort laufen in der Regel anspruchsvolle Filme. Sie sollten sich Amerikanische Actionfilme ansehen dann kommen sie auf ihre Kosten,

Bloch · 06.06.2017

Sehr geehrte Frau Burzan,
schwachsinnig können nur Sie sein, um diesen Film so zu beurteilen.Sicherlich kommen Sie auch nicht aus der DDR.
Gehen Sie lieber in einen amerikanischen Actionsfilm mit
Schwarzenegger (hoffe richtig geschrieben), dort wird dann
sicherlich Ihre Oberflächlichkeit gefallen finden.
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Geschmacklosigkeit, wir haben
so viel davon in unserer Welt.

birgit burzan · 06.06.2017

Tut mir leid, aber ich habe noch nie so einen schwachsinnigen Film im Kino gesehen.
Hätte gerne an der Kasse mein Geld zurück verlangt.

Kinga v. Gyökössy-Rudersdorf · 01.06.2017

Danke, für die S u p e r Film, bisschen komis die schweizer dialekt in DDR, aber sonst alles Perfekt. Gute Musik, schöne Bilder, super SchauschpilerInnen. D A N K E !!!!!!!

Kinga v. Gyökössy-Rudersdorf · 01.06.2017

Danke, für die S u p e r Film, bisschen komis die schweizer dialekt in DDR, aber sonst alles Perfekt. Gute Musik, schöne Bilder, super SchauschpilerInnen. D A N K E !!!!!!!