The Boy (2016)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Der will doch nur spielen

Die Gefahr bei einer Geschichte, die den Zuschauer mit der Frage konfrontiert, ob das Gezeigte real oder eingebildet ist, ist immer, dass es einen logischen Bruch geben kann. Wenn etwas passiert, das eigentlich nicht möglich sein sollte. Einen solchen Moment gibt es auch bei The Boy. Er findet zu Beginn des Finales statt, er reißt dem Film aber nicht den Boden unter den Füßen weg. Denn bis dahin präsentiert sich William Brent Bells Werk als packendes und spannendes Kammerspiel mit einer herausragenden Lauren Cohan (The Walking Dead).

Greta (Lauren Cohan) hat die USA verlassen, weil sie Abstand von ihrem früheren Leben brauchte – und sich nicht mehr sicher fühlte. Sie hat einen Job als Nanny bei einer britischen Familie angenommen. Das Haus liegt tief im Wald, in der unmittelbaren Umgebung ist nichts. Greta wird von den älteren Herrschaften freundlich aufgenommen. Dann stellt man ihr den Jungen vor, auf den sie aufpassen soll. Doch damit geht ein Schock einher, denn Brahms ist kein Kind, noch nicht einmal ein Mensch. Er ist eine Puppe, die die Familie anstelle ihres vor Jahrzehnten gestorbenen Kindes wie ihr eigen Fleisch und Blut behandelt. Greta soll sich um ihn kümmern, während die Eltern in Urlaub gehen. Doch allein in diesem gruseligen Haus muss sie sich schnell fragen, ob die Puppe lebendig ist oder ihre Phantasie ihr einen bösen Streich spielt.

The Boy funktioniert, weil er einerseits sehr skurril, andererseits so überzeugend gestaltet ist, dass man sich nie sicher ist, was hier wirklich vor sich geht. Es ist praktisch alles möglich, sogar, dass die Hauptfigur langsam dem Wahnsinn verfällt und sich selbst mit den subtilen Bewegungen der Puppe terrorisiert. Damit einher gehen ein paar gelungene jump scares, die typische Puppenhorror-Momente evozieren, aber im Reich der Träume stattfinden, weil The Boy sein Pulver nicht vorzeitig verschießen will. Ein geringerer Film hätte möglicherweise auf eine plakative Darstellung der Puppe Brahms gesetzt, mit der subtilen Vorgehensweise gelingt es William Brent Bell jedoch, den Zuschauer weit stärker in das Mysterium zu involvieren.

Es mag sein, dass die Auflösung die Gemüter spaltet, aber sie funktioniert – und das in mehr als nur einer Beziehung, geht damit doch auch ein sehr krankes Element einher, das weit über den Umstand hinausgeht, eine Puppe als Sohn-Ersatz zu nutzen. Zudem hat man eine Hauptfigur, die wegen ihrer traumatischen Vorgeschichte wegen empfänglich für das ist, was sich ihr in diesem Haus bietet. Cohan spielt angenehm zurückhaltend, sie versteht es, den Wandel der Hauptfigur glaubhaft zu machen.

Der einzige wirkliche Wermutstropfen kommt mit der letzten Einstellung von The Boy. Hier biedert sich der Film mit einer typischen Horror-Konvention an. Er bietet das Äquivalent eines last scares, opfert aber dafür die Glaubwürdigkeit, ist doch niemand in dieser Geschichte mehr übrig, der am Ende noch tun könnte, was die letzte Einstellung zeigt. Sich hier zurückzuhalten, wäre letzten Endes besser gewesen.

Das, aber auch der Umstand, dass eben nicht jede Szene so funktionieren kann, wie sie gezeigt wird, ist eine offenkundige Schwäche dieser Mixtur aus Drama und (übernatürlichem?) Psycho-Thriller, schmälert die Wirkung aber nicht. The Boy ist kleiner, im Großen und Ganzen feiner Spannungsfilm, der bis zur letzten Sekunde das Interesse der Rezipienten halten kann.
 

The Boy (2016)

Die Gefahr bei einer Geschichte, die den Zuschauer mit der Frage konfrontiert, ob das Gezeigte real oder eingebildet ist, ist immer, dass es einen logischen Bruch geben kann. Wenn etwas passiert, das eigentlich nicht möglich sein sollte. Einen solchen Moment gibt es auch bei „The Boy“. Er findet zu Beginn des Finales statt, er reißt dem Film aber nicht den Boden unter den Füßen weg.

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Meinungen

S. Kleine · 10.03.2016

Das ist definitiv nicht für Kinder von 12 Jahren! Wie kann man so eine Altersgrenzen angeben?