Don't Blink - Robert Frank (2015)

Eine Filmkritik von Patrick Holzapfel

Bitte nicht blinzeln!

Der Titel dieses Porträtfilms über den großen Fotografen und Filmemacher Robert Frank ist ein Aufruf: Nicht Blinzeln. Damit ist zum einen ein Motto gemeint, das der gebürtige Schweizer Frank am Ende des Films gewohnt ironisch von sich gibt und als Ratschlag für Fotografen bereithält, zum anderen aber auch ein Lebensgefühl. Denn weit mehr als ein gewöhnliches Porträt ist der Film von Franks langjähriger Cutterin und Archivarin Laura Israel ein Beat-Mosaik aus gefundenen und neu entstandenen Schnipseln, die in sich gefügt ein Bild des Mannes ergeben sollen.

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Problematisch daran ist sicherlich, dass man wenig Zeit bekommt, um sich etwas anzusehen in diesem Film. Das gilt eigentlich für alles, egal ob für Frank, Fotos, die Freunde oder die besuchten Orte. Alles wird der dynamischen Montage untergeordnet, die fast hektisch von einer Assoziation zur nächsten springt. Was dadurch allerdings gelingt, ist das Einfangen einer Arbeitsweise, eines Zeitgefühls, eines Lebens „am Rand der Straße“ oder wie Frank es selbst einmal bezeichnet: „It’s better to do something than to do nothing.“ Unterstützt wird dieses Gefühl von einem Soundtrack, der über Bob Dylan und Tom Waits sehr vieles enthält, was die Arbeit von Frank touchiert. Die Nähe des Künstlers zu den Beat-Poeten (wie Jack Kerouac oder Allen Ginsberg) und Rockstars (wie den Rolling Stones) spielt dabei auch eine große Rolle. Die Filmemacherin montiert clever diese Welt des von Frank gefürchteten Glamours und Rockstarlebens gegen eine intime Nähe, die sie als langjährige Kollaborateurin einfach herstellen kann. Es zeigt sich auch wieder, wie wichtig es für Dokumentarfilme ist, besondere Zugänge und Eingänge in die von ihnen gewählten Themen zu haben.

Dieses zu unterlassende Blinzeln erzählt also von einem Rauschzustand des Bildermachens, der auch zeigt, dass Erinnerungen nicht festhaltbar sind. Gleichzeitig kann man sie aber auch nicht auslöschen, wie eine Szene aus einem der Filme von Frank zeigt, in dem ein Mann verzweifelt versucht, das Wort „Memory“ von einer Tafel zu wischen. Trotz der assoziativen und rhythmischen Richtlinien kennt man sich jederzeit aus im Film. Das liegt zum einen daran, dass Israel immer wieder zu Szenen (in Franks Atelier, Haus, einem älteren Arte-Interview aus dem Jahr 1984 oder im Auto) und Personen (seine Frau June Leaf oder sein Dunkelkammer-Gott Sid Kaplan) zurückkommt und diese als eine Art Fixpunkt in ihrer Narration etabliert, und zum anderen an Frank selbst, der in seiner trotzigen, humoristischen Art Vergangenheit und Gegenwart verbindet. In ihm offenbart sich ein schulterzuckender, lässiger Tanz mit dem Leben, der nicht akzeptieren würde, wenn das Leben den Tanz verweigerte. Es fällt auf, dass es eigentlich kein Film über Robert Frank ist, sondern eine gemeinsame Arbeit von Israel und Frank. Immer wieder ist zu sehen, wie die beiden besprechen, was besprochen werden soll. und auf Zufälle reagieren. Dadurch entsteht ein Porträt, das sich beständig als solches entzieht und gerade dadurch glaubhaft wird.

Das gilt weniger für die Gespräche mit Freunden und Kollaborateuren von Frank. Hier fällt Don’t Blink von Zeit zu Zeit in die amerikanischen Konventionen des Genres mit dramatischen Sätzen wie: „He just couldn’t stop.“. Auf der anderen Seite gibt es dann herrlich unschuldige Momente wie ein spontanes Polaroid-Shooting zwischen Frank und Ed Lachman (Kameramann von Carol, The Virgin Suicides u.a.). Es fällt auf, dass Frank fast in allen Szenen wie nebenbei arbeitet. Er macht ständig Fotos, wirkt immer wachsam. Gegen Ende des Films erzählt er, dass er gern jeden Tag ein paar Minuten filmt. Am liebsten Menschen. In diesem Sinn sind der Film und sein Tempo auch ein Festhalten an Arbeit, an der Zeit mit der Arbeit, die wie ein Weglaufen ist vor den Dingen, die einen stoppen, die schmerzen. Am besten: Nicht Blinzeln, ein „Keep Busy“-Schild taucht daher auch nicht ohne Grund im Film auf. Was der Film allerdings nicht zeigt, ist was passiert, wenn man blinzelt. Die Kehrseite eines solchen Lebens. Aber vielleicht wäre das auch zu viel verlangt von einer Freundin.
 

Don't Blink - Robert Frank (2015)

Der Titel dieses Porträtfilms über den großen Fotografen und Filmemacher Robert Frank ist ein Aufruf: Nicht Blinzeln. Damit ist zum einen ein Motto gemeint, das der gebürtige Schweizer Frank am Ende des Films gewohnt ironisch von sich gibt und als Ratschlag für Fotografen bereithält, zum anderen aber auch ein Lebensgefühl. Denn weit mehr als ein gewöhnliches Porträt ist der Film von Franks langjähriger Cutterin und Archivarin Laura Israel ein Beat-Mosaik aus gefundenen und neu entstandenen Schnipseln, die in sich gefügt ein Bild des Mannes ergeben sollen.

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