Chasing Niagara

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Ein Mann und sein Traum

15 Menschen haben sich bislang die Niagara-Fälle hinuntergestürzt, zehn von ihnen haben überlebt. Rafa Ortiz möchte der erste Mensch sein, der die Niagara-Fälle mit einem Kajak bezwingt. Es wäre ein neuer Rekord, – nicht an Höhe, gibt es doch noch einen Wasserfall, der die Niagara-Fälle deutlich überragt, – wohl aber an Wagemut, bedenkt man, dass pro Sekunde mehr als 3.000 Liter Wasser gen Boden stürzen.
Schon als Junge besuchte Ortiz die Niagara-Fälle und war von ihnen verzaubert. Sie haben, wie er es ausdrückt, seine Seele gerufen. Als erwachsener Mann beschließt er daher, es zu wagen, die Niagara-Fälle zu bezwingen. Was folgt, ist eine dreijährige Reise, die von Rush Sturges dokumentiert wurde. Er setzt auf den großen Effekt, den sensationellen, aber auch emotionalen Moment, mit dem er seinen Film beginnt: Einer der Kajak-Fahrer wird bei einem kleineren Wasserfall, der ideal für Übungszwecke ist, tot geborgen – und kann wiederbelebt werden.

Wenn ein solch kleiner Wasserfall, so die Implikation, schon töten kann, welche Chance hat Ortiz dann erst bei den Niagara-Fällen? Kaum eine, würden die Behörden sagen. Darum ist es auch verboten, sich die Niagara-Fälle hinunterzustürzen. Die Strafen hierfür reichen von Geldbußen bis zu Gefängnis, wenn derjenige, der sich ins Wasser begibt, sich schwer verletzt oder stirbt. Auch das ist ein Risiko, das Ortiz einkalkulieren muss. Weniger für sich als vielmehr für sein stetig anwachsendes Team, das nötig ist, damit diese Herausforderung überhaupt gemeistert werden kann.

Das Faszinierende an Chasing Niagara ist nicht die Frage, ob Ortiz sich am Ende in die Fluten stürzt, sondern vielmehr der Weg, der dorthin führt. Die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, die Zweifel, die unweigerlich aufkommen, die Mühen, die über Jahre hinweg auf sich genommen werden, und auch die Gefahren, die damit einhergehen.

Das Ende mag ein wenig antiklimatisch erscheinen, als Reise eines jungen Mannes, der im Verlauf dieser drei Jahre reift, funktioniert diese Dokumentation allerdings hervorragend. Zudem werden Bilder eingefangen, die atemberaubend sind, und das nicht nur, weil die Kajak-Fahrer vor bildgewaltiger Kulisse paddeln, sondern auch, weil man durch die GoPros, die auf den Helmen angebracht sind, praktisch mittendrin ist.

Die Moral von der Geschichte: Manche Träume sollten Träume bleiben. Weil andere Dinge, weil Menschen wichtiger sind, als für den eigenen Sport eine Messlatte zu setzen. Und weil wir alle nur ein Leben haben.

Chasing Niagara

15 Menschen haben sich bislang die Niagara-Fälle hinuntergestürzt, zehn von ihnen haben überlebt. Rafa Ortiz möchte der erste Mensch sein, der die Niagara-Fälle mit einem Kajak bezwingt. Es wäre ein neuer Rekord, – nicht an Höhe, gibt es doch noch einen Wasserfall, der die Niagara-Fälle deutlich überragt, – wohl aber an Wagemut, bedenkt man, dass pro Sekunde mehr als 3.000 Liter Wasser gen Boden stürzen.
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