Atash - Durst

Leben im Niemandsland

Seit elf Jahren lebt eine palästinensische Familie mitten im Nirgendwo, auf einem ehemaligen israelischen Truppenübungsplatz in zerschossenen Betonbaracken, die von Einschusslöchern übersät sind. Jede Art von Annehmlichkeit ist hier draußen in der Einöde ein Fremdwort, die Familie verdient sich ihren spärlichen Lebensunterhalt durch die Herstellung von Holzkohle. Unweigerlich fragt man sich, wie Menschen unter diesen Umständen hausen können. Die Antwort liegt in der Vergangenheit und in den rigiden Regeln der patriarchalischen Gesellschaft, denn vor elf Jahren hat die älteste Tochter Gamila „Schande über die Familie“ gebracht – sie wurde vergewaltigt. Nach den Regeln der Gesellschaft hätte ihr Vater sie danach eigentlich töten müssen, doch der Patriarch entschied sich für das Exil, das er mit rigoroser Strenge aufrecht erhält. Den Frauen ist jeglicher Kontakt zur Außenwelt verboten, und auch der Sohn darf nur sehr selten ins Dorf, um dort die Schule zu besuchen.

Während der Vater schließlich versucht, eine kilometerlange Wasserleitung zu ihrer Behausung zu bauen, die den Zustand des Exils zementieren wird, dämmern die beiden Töchter Gamila und Halima vor sich hin, beschäftigen sich mit unsinnigen Tätigkeiten und haben längst die Hoffnung aufgegeben, dass sich etwas an ihrem Schicksal ändern möge. Einzig die Mutter und der Sohn Shukri rebellieren gegen die Diktatur des Vaters, immer wieder versucht der Junge, zur Schule zu flüchten, um etwas zu lernen. Doch alle Bitten sind vergebens, Abu lässt sich nicht erweichen. Doch während er die Wasserleitung baut, erwacht in seiner Familie der Durst nach Leben, eine explosive Lage bahnt sich an…

In betont ruhigen, expressiven und teilweise betörend schönen wie traurigen Bildern erzählt der palästinensische Regisseur Tawfik Abu Wael von einer Familie am Rande der Gesellschaft, von den Beschränkungen und der Kargheit des selbst gewählten und doch aufgezwungenen Lebens im Abseits. Zwar spürt man überall die Anwesenheit der Nahost-Konfliktes, thematisiert wird er selbst allerdings nicht, was übrigens westliche Stiftungen und Förderinstitutionen davon abhielt, den Film zu unterstützen, da in ihm die typischen Symbole des Konfliktes fehlen würden. Doch genau die Innenperspektive einer palästinensischen Familie ist es, die diesen Film zu einem großartigen kleinen Meisterwerk werden lässt. Die Schauspieler, bis auf eine Ausnahme allesamt Laiendarsteller, verkörpern dermaßen ungeschminkt und direkt die Unerträglichkeit der Situation, dass sich trotz der Langsamkeit und dem vorherrschenden Schweigen die brodelnde Spannung bei jeder Einstellung aufs Neue entfaltet. Einer der besten Beweise dafür, welche Kraft sich mit den Mitteln der Beschränkungen entfalten lässt.

Atash - Durst

Seit elf Jahren lebt eine palästinensische Familie mitten im Nirgendwo, auf einem ehemaligen israelischen Truppenübungsplatz in zerschossenen Betonbaracken, die von Einschusslöchern übersät sind.

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