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Eine Galeristin und ein Gangster-Duo verhökern selbst gemalte Bilder unter Pseudonym und versetzen so die New Yorker Kunstszene in Aufregung. Doch der Hype löst einen Strudel tödlicher Gefahren aus, angesichts derer die Kunst des Überlebens bald wertvoller ist als jedes Gemälde.

The Kill Room (2023)

Eine Filmkritik von Christian Klosz

Art imitating Gangster Life

Fast 30 Jahre ist es her, als Uma Thurman und Samuel L. Jackson das letzte Mal gemeinsam vor der Kamera standen: Ein gewisser Quentin Tarantino ließ beide in seinem endgültigen Durchbruch „Pulp Fiction“ auftreten, der nicht zuletzt Thurman zum Star machte. US-Regisseurin Nicol Paone macht die beiden in ihrem smarten Krimi „The Kill Room“ zu partners in crime, aus denen durch Joe Manganiello ein Trio wird. Wie erwähnter Tarantino-Streifen changiert auch dieser Film zwischen Genre-Beitrag und Arthouse, zwischen Gangster-Mär und Satire.

Das Drama nimmt seinen Anfang, als Kunstgalerie-Besitzerin Partice (Thurman) ihren ehemaligen Star wegen dessen ausufernden Sexismus vor die Tür setzt. Doch ohne attraktives artistisches Zugpferd lässt sich kein Geld machen, also auch langfristig keine Galerie mitten in New York City führen. (Oder die eigene Adderall-Sucht finanzieren.) Und die Bilder der dort ausgestellten Grace (Thurman-Tochter Maya Hawke) will niemand kaufen.

Am anderen Ende der Stadt sucht Gorden (Jackson), dessen Bäckerei nur Tarnung für sein eigentliches Business ist (Auftragsmorde an die Mafia vermitteln), fieberhaft nach kreativen Möglichkeiten, sein Geld zu waschen. Über Vermittlung eines Bekannten, der zufällig Patrices Drogendealer ist, landet er in deren Galerie, um ihr ein Angebot zu machen, das sie zuerst nur ablehnen kann: Geldwäscherei im großen Stil (inklusive netter Provision für sie) via fiktive Kunstwerke, die Auftragskiller Reggie (Manganiello) „malen“ soll.

Patrice ist die Sache erst zu heiß, doch als ihre Galerie immer weiter in die Krise schlittert, steht sie bei Gordon auf der Matte und fixiert den Deal. Womit beide nicht gerechnet haben: Die Bilder von Reggie, der ab nun nur noch als The Bagman firmiert (eine Anspielung auf sein primäres Mordinstrument), erfreuen sich in der Kunstwelt schnell großer Beliebtheit: Er wird zum next big deal. Eine Aufmerksamkeit, die der Mafia wiederum gar nicht gefällt.

The Kill Room kann sich auf ein von Autor Jonathan Jacobson solide konstruiertes Drehbuch verlassen, das dieser Gangster-Krimi-Komödie den Boden bereitet. Zum einen schlägt es stets unterhaltsame Haken, zum anderen kommt der ironische Unterton dem Sujet zugute. Und drittens greifen meist auch die satirischen Elemente, die sich über die Eigenarten der Kunstwelt ergießen: Dass ein artistisch ungeübter Auftragskiller zum neuen Star am Kunsthimmel werden kann, illustriert und kritisiert die narzisstische Eingenommenheit von KunstsammlerInnen, deren Antrieb das zur Schau gestellte Gespür für das Besondere ist.

Was dieses Besondere ist, definieren sie selbst, dann der Markt. Und Profanes wird durch blumige Beschreibungen mit Bedeutung aufgeladen und so zu Mondänem, das sich teuer (ver)kaufen lässt. Exakt das passiert mit Reggies kruder, archaischer „Konzept“kunst, die in seiner späteren Schaffensphase aus kunstvoll drapierten Plastiksäckchen besteht. Im Kern bleibt The Kill Room aber trotz der satirischen Elemente das, was Filmplakate und Artwork versprechen: Ein Genrefilm, der sich grob an die Regeln des Gangster-Krimis hält.

Der Cast trägt die Handlung locker auf seinen Schultern und insbesondere Uma Thurman überzeugt als von Verzweiflung zu kreativen Lösungen getriebene Art-Dealerin. Wenn man etwas an The Kill Room bemängeln möchte, dann die doch recht zweckmäßige und durchschnittliche Inszenierung. Und der Mangel an ästhetischem Gespür bezüglich Bildgebung und Stilistik, der gerade angesichts der im Film behandelten Themen negativ auffällt. The Kill Room ist zwar definitiv mehr als ein gewöhnliches 0815-B-Movie. Aber zur meisterhaften Meta-Satire fehlt doch ein Stückchen.

Das Finale treibt dann sowohl den Gangster-Krimi-Plot, als auch die Kunst-Satire auf die Spitze: Der lange Zeit anonym operierende Bagman soll auf einer Art-Exhibition seinen letzten großen Auftritt haben, dieses Mal vor massenhaft anwesenden und zahlungswilligen Kunstsammler:innen. Für Reggie und Patrice soll dies der dramatische Exit aus der Mafia-Welt werden, auf die sie sich eingelassen haben. Für das Publikum ein orgiastisches Kunst-Erlebnis, das seinen Kunstsinn bis zur Ekstase stimulieren soll.

Dass Kunst hier so tun darf, als würde sie Leben (oder genauer: das Ende eines Lebens) imitieren, während sie eigentlich nur das Leben zeigt (es handelt sich um einen letzten Mord, soviel kann man verraten, den das Publikum der Exhibition als Art Performance auf einer Leinwand verfolgen darf) und dass das niemanden unter den anwesenden Fachleuten stört, vielmehr begeistert aufgenommen wird, ist der ultimativ beißend-satirische Schlag ins Gesicht der Kunstwelt. Und ein angemessen augenzwinkerndes Ende eines recht sehenswerten und unterhaltsamen Films. Denn echte Kunst fordert eben Opfer. Auch selbst dann, wenn es echte Leichen sind.

 

The Kill Room (2023)

„The Kill Room“ erzählt die Geschichte eines Auftragskillers (Joe Manganiello), seines Bosses (Samuel L. Jackson) und eines Kunsthändlers (Uma Thurman), deren Geldwäscheplan den Auftragskiller unbeabsichtigt in eine avantgardistische Sensation verwandelt.

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