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In der Komödie „Tango Shalom“ lässt Gabriel Bologna mit angenehmen Indie-Vibes eine orthodoxe jüdische Familie und den lateinamerikanischen Tanz aufeinandertreffen.

Tango Shalom (2021)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Clean Dancing

Bereits der Titel „Tango Shalom“ macht deutlich, wovon dieser Film handelt: von einem Culture Clash, einem Zusammenprall unterschiedlicher Kulturen, der im Kino meist komödiantisch betrachtet wird. Sitten und Gebräuche werden dabei oft bewusst überspitzt dargestellt; es wird lustvoll mit Klischees gespielt – zugleich werden diese aber auch beherzt aufgebrochen. In einigen Fällen – etwa der überaus erfolgreichen „Monsieur Claude“-Trilogie aus Frankreich – überwiegen die allzu naheliegenden, grobschlächtigen Gags, durch die bestehende Vorurteile womöglich eher zementiert statt abgebaut werden. Im besten Falle, wie zum Beispiel in „Kick It Like Beckham“ (2002), „My Big Fat Greek Wedding“ (2003) oder „Pride“ (2014), entsteht daraus jedoch charmante Unterhaltung, in der die interkulturelle Kommunikation gefördert und gefeiert wird.

Das Skript zu Tango Shalom stammt von den Brüdern Jos und Claudio Laniado, die auch vor der Kamera als Brüder agieren, und dem insbesondere als Schauspieler, aber ebenso als Drehbuchautor und Regisseur bekannten Joseph Bologna, der 2017 im Alter von 82 Jahren verstarb, hier indes noch in einer Nebenrolle zu sehen ist. Dass dieser Film nicht nur im schönsten Sinne eine Indie-Produktion ist, sondern zudem eine Familienangelegenheit, ist auch der weiteren Cast- und Crew-Liste anzumerken. Bolognas langjährige Gattin Renée Taylor, die vor allem als Mutter der Titelfigur in der Nineties-Sitcom Die Nanny internationale Berühmtheit erlangte, tritt in Tango Shalom als Mutter des Protagonisten auf. Und der gemeinsame Sohn von Bologna und Taylor, Gabriel Bologna, setzte das Ganze in Szene.

Vater, Mutter und Sohn hatten wiederum zusammen schon die wunderbare Familienkomödie Love Is All There Is (1996) geschaffen – eine Bronx-Version des Shakespeare-Klassikers Romeo und Julia, in der die Charakterdarstellerin Lainie Kazan der Star war. Selbstverständlich darf auch sie in Tango Shalom nicht fehlen. Als aufgebrachte zukünftige Schwiegermutter des verschuldeten Rahamim Yehuda (Claudio Laniado) liefert sie sich mit Taylor als familiärem Oberhaupt mit Hang zum Wehleidigen ein herrliches Duell der Drama-Queens.

Im Mittelpunkt des Plots steht aber der chassidische Rabbi Moshe Yehuda (Jos Laniado), der mit seiner Ehefrau Raquel (Judi Beecher) und den gemeinsamen Kids in Crown Heights lebt – einem jüdisch-orthodox geprägten Stadtteil in Brooklyn, New York City. Er unterrichtet an der Jeschiwa das Tora-Studium; doch eine Kürzung seiner Stunden und die erwähnten Geldprobleme seines Bruders führen zu finanziellen Nöten, die er zunächst mit der Suche nach einem Zweitjob zu lösen versucht.

Durch Zufall landet Moshe in einem Tanzstudio für lateinamerikanische Tänze, wo er die Tanzlehrerin Viviana Nieves (Karina Smirnoff) kennenlernt. Diese hat gerade ihren untreuen Partner verloren, mit dem sie an einem Tango-Wettbewerb teilnehmen wollte. Das Preisgeld wäre beiden eine große Hilfe. Und tatsächlich ist Moshe ein ziemlich guter Tänzer. Als verheirateter Rabbi darf er allerdings keine andere Frau berühren – was bei einem körperbetonten Tanz wie dem Tango wohl unerlässlich scheint. Daher befragt Moshe die Vertreter sämtlicher Weltreligionen – und findet schließlich einen unkonventionellen Weg, um mit Viviana sündenfrei tanzen zu können.

Nathan der Weise meets Dirty Dancing – das Konzept von Tango Shalom ist zweifellos originell. Gewiss mutet der Plot zuweilen etwas konstruiert an; zudem lädt die Inszenierung das Ensemble an einigen Stellen zur Übertreibung ein. Dennoch ist es durchaus verständlich, dass sich der Film zu einem kleinen Festivalhit mit diversen Auszeichnungen entwickelte. Die Figuren kommen sympathisch daher, das moderne Leben in New York City wird mit Schwung eingefangen – und auch die Tanzsequenzen sind sehr einnehmend. Religiöse Überzeugungen werden stimmig mit einer aufgeschlossenen Haltung verbunden. Das Werk erinnert insgesamt an eine Phase in der Geschichte des Filmemachens, als Independent-Movies noch regelmäßiger ihren Platz im Kino fanden und sich dort als Überraschungserfolge erweisen konnten.

Tango Shalom (2021)

Der orthodoxe Rabbi Moshe Yehuda benötigt dringend einen Job, weil der Schule, an der er die Thora lehrt, von der Schließung bedroht wird. Auf Initiative einer Tanzlehrerin beschließt er, mit dieser gemeinsam an einem Tango-Wettbewerb teilzunehmen, bei dem ein hohes Preisgeld winkt. Allerdings verbietet ihm sein Glaube, seine Partnerin beim Tanzen zu berühren — und genau das erweist sich gerade beim Tango als nicht unerhebliches Problem. Also muss eine Lösung her. 

 
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