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Mit „Kinder des Zorns“ bearbeitet Kurt Wimmer eine Short Story von Stephen King. Das Ergebnis ist völlig konfus, bietet aber zwei bemerkenswerten Jungstars eine Bühne.

Kinder des Zorns (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

The Kids Are All Evil

Stephen King zählt zu den großen Meistern der Horrorliteratur. Seine Werke wurden oft verfilmt – mit höchst unterschiedlichen Resultaten. Neben einigen modernen Genreklassikern (etwa „Carrie – Des Satans jüngste Tochter“, „Shining“ oder „Misery“) und ein paar klaren Fehlschlägen (zum Beispiel „Rhea M. – Es begann ohne Warnung“) entstanden aus den literarischen Vorlagen zahlreiche solide Adaptionen. Zu diesen gehört auch „Kinder des Zorns“ (1984) von Fritz Kiersch, basierend auf der Kurzgeschichte Kinder des Mais, die erstmals 1977 im Magazin Penthouse veröffentlicht wurde.

Der Film war der Auftakt einer langlebigen Reihe mit acht Sequels und einem TV-Remake. Auf dramaturgischer oder inszenatorischer Ebene haben diese Produktionen kaum Spuren in der Genrehistorie hinterlassen; sie waren zuweilen aber Sprungbretter für junge Talente. Linda Hamilton aus dem ersten Teil gelang noch im selben Jahr der Durchbruch mit Terminator; im 1996 gedrehten vierten Teil spielt die damals noch weitgehend unbekannte Naomi Watts die Hauptrolle – und in Kinder des Zorns 5 – Feld des Terrors (1998) ist Eva Mendes mit an Bord.

Hoffentlich lässt sich in ein paar Jahren Ähnliches über das aktuelle Remake Kinder des Zorns schreiben. Denn als positiver Aspekt dieses Werks müssen die Leistungen zweier Nachwuchsschauspielerinnen genannt werden. Elena Kampouris (Jahrgang 1997), die unter anderem bereits in den beiden Fortsetzungen der My Big Fat Greek Wedding-Trilogie zu sehen war, erinnert als Protagonistin an die junge Drew Barrymore (die durch ihre Kinderrollen in Der Feuerteufel und Katzenauge ebenfalls King-Erfahrung hat). Und die 2008 geborene Kanadierin Kate Moyer verkörpert die psychopathische Anführerin der adoleszenten Sekte derart eindringlich, dass wir ihr von Herzen eine lange und aufregende Karriere als Schurkinnen-Darstellerin gönnen würden.

Der Film erzählt die Vorgeschichte zum Plot von Kings Vorlage – wobei das Wort „erzählen“ nur bedingt wiedergibt, was wir hier erleben. Das Skript stammt von Kurt Wimmer (Equilibrium), der auch Regie geführt hat. Es wirkt allerdings eher so, als sei eine Künstliche Intelligenz für das Drehbuch zuständig gewesen, die zwar mit diversen Genrestoffen gefüttert wurde, jedoch über keinerlei Wissen darüber verfügt, wie menschliches Verhalten in seinen Grundzügen funktioniert. Dass sich das Personal in Horrorfilmen häufig töricht verhält, ist nichts Neues. Dass sich, wie in diesem Film, alle ausnahmslos in einer Art und Weise gebärden, die jeder Logik und den einfachsten Erkenntnissen der Psychologie zuwiderläuft, ist dann aber doch eine ganz besondere Erfahrung, die uns Kinder des Zorns beschert. Das ist durchaus unterhaltsam. Fast schon Avantgarde.

Die Handlung beginnt damit, dass ein Junge im US-Provinznest Rylstone in Nebraska sämtliche Erwachsenen tötet, die in einem Kinderheim tätig sind. Bei der polizeilichen Intervention kommen wiederum durch Gaseinsatz „versehentlich“ alle anwesenden Kinder zu Schaden. Das jedenfalls müssen wir uns irgendwie zusammenreimen; vieles davon geschieht im Off. Kurz darauf lernen wir die Heldin Boleyn (wirklich toll: Elena Kampouris) kennen. Sie wird in einer Woche aufs College nach Boston gehen und den Ort verlassen. Das führt zum Konflikt mit ihrem jüngeren Bruder Cecil (Jayden McGinlay), von dem wir zunächst annehmen, dass er ebenfalls eine wichtige Figur sei, bis er dann plötzlich völlig aus dem Fokus gerät und in der zweiten Hälfte nur noch als Statist ohne Dialogzeilen fungiert.

So ergeht es über die gesamte Laufzeit hinweg auch der Mutter der Geschwister (Erika Heynatz), die wohl ihren Gatten (Callan Mulvey) betrügt, was uns vermutlich vermitteln soll, dass sie kein guter Mensch ist. Sie verschläft große Teile des Films (unter anderem ihre zwei Entführungen), steht gelegentlich wortlos im Hintergrund herum und ist irgendwann tot. Auch andere Figuren werden abrupt aus dem Verkehr gezogen und sind prompt vergessen.

Absolut erinnerungswürdig ist indes Eden, ganz hervorragend verkörpert von Kate Moyer (erwähnten wir das schon?). Sie ist stinkwütend, dass die Stadt einfach mal beschließt, den kaputten Mais zu verbrennen, statt sich darum zu bemühen, den Boden wiederherzustellen. Ein äußerst politisches Sujet, das jedoch alsbald überhaupt keine Rolle mehr spielt. Also beginnt das Killen. Ob Eden, die ein Faible für die Königin aus Alice im Wunderland hat, schon immer mordlüstern war oder erst durch einen Dämon namens „He Who Walks Behind the Rows“ dazu inspiriert wurde (beziehungsweise wann und wie das alles passiert sein könnte), lässt sich nicht so genau sagen. Der Dämon taucht aber letztlich auf und sieht als CGI-Pflanzengestalt ziemlich lustig aus.

Es gibt blutige Effekte und zuweilen schöne, atmosphärische Bilder von Kornfeldern im Wind. Gegen Ende wird Kinder des Zorns zu einem Film, der auf knackige One-Liner setzt („Fuck that shit!“), was eigentlich gar nicht im Sinne der ersten zwei Drittel zu sein scheint – aber das passt dann schon. Zwischen sehr viel Formelhaftigkeit, die gerade im Genrekino herrscht, macht es irgendwie Spaß, dieses seltsame Werk zu schauen. Und wir wünschen Elena Kampouris und Kate Moyer alles Gute.

Kinder des Zorns (2020)

„Nichts stirbt jemals wirklich im Maisfeld.“ Die junge Boleyn (Elena Kampouris) ist eigentlich auf dem Absprung in die Großstadt, wo sie Mikrobiologie studieren will. Doch ihr Heimatort mitten in den Weiten von Nebraska lässt sie so schnell nicht los. Sie hängt an ihrem Bruder und ihrem alten Schulfreund Calvin, vor allem aber: In den riesigen Maisfeldern, die Rylstone umgeben und die von einer seltsamen Krankheit befallen sind, haust eine übernatürliche, rachsüchtige Kraft. Diese bemächtigt sich der 12-jährigen Eden (Kate Moyer). Das wilde, verwaiste Mädchen Eden stiftet jetzt die anderen Kinder des Ortes an, sich an den Erwachsenen für ihre Verbrechen grausam zu rächen. Und nur Boleyn ist tough genug, um es mit Eden und ihrer Armee kindlicher Killer aufzunehmen…

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