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Ein ewiger Außenseiter auf der Suche nach Glück und Liebe: eine liebenswert-schrullige Independent-Tragikomödie aus Norwegen.

Alle hassen Johan (2022)

Eine Filmkritik von Christian Klosz

Lasst den Hass nicht siegen!

„Alle hassen Johan“ von Regisseur Hallvar Witzø kam bereits Anfang 2022 in die norwegischen Kinos. Dank des kleinen Kairos Filmverleih landet die sehenswerte Tragikomödie nun mit etwas Verspätung (und in Originalfassung mit Untertiteln) auch bei uns. Und entpuppt sich als absolut überzeugender Geheimtipp, der einem — wie sein ungewöhnlicher Protagonist — ans Herz wächst.

Dieser titelgebende Johan Grande (Pål Sverre Hagen) wird zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf der norwegischen Insel Frøya geboren, die durch ihre karge Landschaft gekennzeichnet ist. Sene Eltern sind kommunistische Widerstandskämpfer, die Brücken sprengen, um die deutschen Nazi-Besatzer vom weiteren Vordringen abzuhalten. Trotz ihres ehrenvolles Einsatzes ist die Familie bei den anderen Bewohnern unbeliebt. Als Johan etwas älter und der Krieg vorbei ist, kommen seine Eltern auf tragische Weise ums Leben — durch eine missglückte Explosion.

Die Leidenschaft für das Sprengen aller möglichen Dinge hat er von ihnen geerbt — die einzige Verbindung, die ihm zu ihnen geblieben ist. Der schrullige, verschlossene Johan wird selbst als Jugendlicher zum Außenseiter. Als schließlich seine Freundin Salvor bei einem weiteren Spreng-Unfall schwer verletzt wird, muss er Norwegen gen USA verlassen. Nach seiner Rückkehr als Mann mittleren Alters bleibt er weiter persona non grata. Sein verzweifelter Versuch, die inzwischen im Rollstuhl sitzende Salvor zur Frau zu nehmen, scheitert. Und auch die arrangierte Ehe mit einer Vietnamesin endet im Unglück. Doch Johan gibt trotz allem seine Hoffnung nie auf.

Alle hassen Johan ist das Porträt eines Außenseiters, der für die „Sünden“ seiner Eltern büßen muss (die keine wirklichen Sünden waren) und der ohne böse Absicht immer wieder in missliche Lagen gerät. Das Leben und seine Mitmenschen spielen Johan übel mit — doch er gibt trotz allem den Glauben an das Gute nie auf. Das mag kitschig und sentimental klingen, ist es aber ganz und gar nicht. Denn der Film enthält genau die richtige Mischung aus (schwarzem) Humor, skandinavischer Melancholie und Hoffnung. Und Johan wird schnell zum liebenswerten Antihelden.

Das Herzstück von Alle hassen Johan ist das Drehbuch von Erlend Loe. Mit großer Einfühlsamkeit schildert er das tragisch-komische Leben des Protagonisten. Problemlos gelingt es dem Autor, die 80 Jahre umspannende Lebensgeschichte seiner ungewöhnlichen Hauptfigur einzufangen und wiederzugeben. Und darin wichtige Botschaften zu verstecken: Der Film kritisiert die Kleingeistigkeit geschlossener Gemeinschaften, erzählt davon, dass jeder eine zweite, dritte oder gar vierte Chance verdient. Und dass es nie zu spät ist, anzukommen.

Als erstklassiger Antiheld erscheint der von allen Gehasste nicht nur aufgrund der Figurenzeichnung, sondern auch wegen des überzeugenden Schauspiels von Darsteller Pål Sverre Hagen. In einer Mischung aus unterdrückter Wut, Schrulligkeit und schicksalsergebenem Stoizismus begegnet er den sich immer neu auftürmenden Hindernissen, erträgt sie, muss lernen, dass nichts von Dauer ist. Und gibt trotzdem nicht auf. Hagen findet dafür in seinem zurückgenommenen Spiel einen akkuraten Ausdruck.

Alles in allem ergibt das ein in sich stimmiges Werk mit Charme, das die richtige Balance zwischen Drama, subtiler Komik und emotionaler Tiefe findet. Diesen Johan muss man einfach lieben.

Alle hassen Johan (2022)

Johan Grande erblickt das Licht der Welt auf der rauen norwegischen Insel Frøya. Die Grandes sind Außenseiter in dem kleinen Dorf, denn die Familie hat eine ungewöhnliche Leidenschaft: Dynamit. Auch wenn die Eltern bei einer der Sprengaktionen versehentlich umgekommen sind, lebt die Begeisterung für Explosionen in dem kleinen Johan weiter. Sie geben ihm Halt, ebenso wie die Liebe zu seinem Wildpferd Ella und dem Nachbarsmädchen Solvor. Gemeinsam erproben er und Solvor Zündkörper und zaghaft auch die erste Liebe – bis es wieder zu einem explosiven Zwischenfall kommt …“Alle hassen Johan“ erzählt mit Herz und mit schwarzem Humor die Geschichte eines liebenswerten Einzelgängers, der aufgrund seines seltsamen Hobbys überall aneckt. Zeit seines Lebens kämpft er: um die Verdienste seiner Eltern, um seinen Platz in der Gesellschaft und um die Liebe seines Lebens.

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