Chris Nahon

Chris Nahon

Chris Nahon kam am 5. Dezember 1968 in einer Kleinstadt nahe Paris als Sohn einer Italienerin und eines Franzosen zur Welt. Während seiner Schulzeit malte er, und im Alter von fünfzehn Jahren verließ er seine Familie, um an der Ecole Estienne, einer Kunstschule in Paris, zu studieren. Ursprünglich wollte er Comiczeichner werden, aber er fühlte sich bald von der Vorstellung eingeschränkt, sich an eine vorgegebene Storyline zu halten und wandte sich der gegenständlichen Malerei zu, in der er seine Ideen freier ausdrücken konnte.

Nachdem er sich einige Zeit als freischaffender Fotograf durchgeschlagen hatte beschloss Nahon eine Karriere als Filmregisseur zu verfolgen. Durch die Hilfe einiger Freunde und diverser Kontakte bekam er ein dreimonatiges Praktikum im Laboratoire Eclaire, bei dem er überrascht feststellen musste, dass die Arbeitsatmosphäre dort eher der einer Fabrik als eines großen Hollywood-Filmstudios ähnelte, wie er es sich ursprünglich vorgestellt hatte. Er wurde bald mit dem klickenden Sound der Stechuhr und dem monotonen Rhythmus der Arbeiterinnen in ihren weißen Laborkitteln vertraut. Aufmerksam beobachtete er den Prozess der Filmentwicklung und arbeitete an den Schnittmaschinen. Zwei Wochen später hatte er alles gelernt, was es dort zu lernen gab und verließ die Firma. Nachdem er eine Anzeige in der Zeitung gelesen hatte, kontaktierte er den Produzenten eines Kurzfilms und bewarb sich bei ihm als Art Director. Seine Erfahrungen als Künstler beeindruckten den Produzenten nicht sonderlich – die Tatsache aber, dass Nahon einen Kleinlaster besaß, verhalf ihm dann doch zu diesem Job. Er verbrachte seine Zeit damit, Ausrüstung ein und aus zu laden, eine Erfahrung, die – natürlich – unbefriedigend war. Aber er ließ sich nicht entmutigen.

Mit neunzehn Jahren schrieb er Têtes de lard Productions und entschloss sich, dies als seinen ersten Kurzfilm zu inszenieren. Er begann mit einer Videoversion als Richtlinie, danach engagierte er eine kleine Crew, mietete sich die Ausrüstung und drehte den Film in zwei Tagen ab. Die Credits waren per Hand auf eine Tafel geschrieben, sein Onkel hatte die Musik komponiert und Eclair hatte ihm einen Schnittplatz zur Verfügung gestellt. Der sechsminütige 35-mm-Film wurde auf verschiedenen Festivals gezeigt und erweckte auch ein gewisses Interesse der Medien.

Statt seinen Film an Produzenten zu verschicken und auf deren Anruf zu warten, verfolgte Chris Nahon eine andere Strategie. Er nahm an einem Casting teil, bei dem er die Produzentin eines Kurzfilms von Jan Kounen kennen lernte. Er gestand ihr, dass er gar nicht gekommen sei, um vorzusprechen, sondern um ihr seinen Film zu zeigen. Die Fantasie und Hartnäckigkeit des Burschen beeindruckten die Verantwortlichen, und sie sahen sich den Film an. Die Reaktionen waren durchweg positiv – er bekam einen Job, und so arbeitete Nahon ein Jahr lang als Produktionsassistent und lernte alles über den Prozess der Filmproduktion.

„Ich lernte zwar alles über Produktion“, erinnert sich Nahon, „aber ich verdiente damit nicht genug Geld, also musste ich am Wochenende Gemüse auf dem Markt verladen, um zu überleben. Die Idee, irgendwann einen Spielfilm zu inszenieren, lag zu dieser Zeit in weiter Ferne. Nach meiner Ausbildung als Künstler spielte ich eher mit dem Gedanken, Werbespots zu inszenieren. Aber erst wollte ich einen zweiten Kurzfilm drehen und mich in der Welt der Musikvideos umschauen. Um mich von äußeren Einflüssen freizuhalten, lehnte ich die finanzielle Hilfe ab, die mir ein Produzent anbot. Die Vorstellung einer Abhängigkeit zwischen Produzent und Regisseur, die aus einer Arbeitsbeziehung hervorgehen kann, war zwar verlockend, aber ich wollte mein eigener Produzent sein, mit meinem eigenen Geld. Ich wollte einen musikalischen Kurzfilm inszenieren, also stellte ich eine Band zusammen, und nach zwei Monaten Proben hatten sie die Musik komponiert. Die Dreharbeiten mit einer vierzigköpfigen Crew dauerten sieben Tage. Eine Firma für Postproduktion erlaubte mir, kostenlos ihre Schnittplätze zu benutzen, aber nur wenn sie gerade nicht ausgelastet waren. Also brauchte ich sechs Monate, um diesen dreiminütigen Film zu schneiden. Als er endlich fertig war, war die Musik längst aus der Mode, und ich hatte keine Lust mehr, diesen Film irgendjemandem zu zeigen.“

„In dieser Zeit schaffte ich es, mit einigen Produktionsfirmen exklusive Verträge abzuschließen, aber sie stellten sich allesamt als Fallen heraus. Wie mit mir nahmen sie auch noch andere junge Regisseure unter Vertrag, aber statt uns Arbeit zu geben, bezahlten sie uns dafür, dass wir nichts taten – und gaben etablierteren Regisseuren die Aufträge. So habe ich acht Monate verschwendet. Aber ich kannte mich im Bereich Postproduktion aus und arbeitete in dieser Zeit freischaffend als Cutter und Grafiker für Special Effects.“

„Im Alter von fünfundzwanzig Jahren beschloss ich, meine eigene Firma Vamos zu gründen. Ich produzierte Werbespots, die ich auch inszenierte, ebenso wie Musikvideos und Kurzfilme von Regisseuren wie Julien Seri und Santiago Palma. Unsere Postproduktionsabteilung wuchs, als wir Filme für andere Produktionsfirmen – hauptsächlich Werbespots – drehten. Vamos wurde zu einem experimentellen Workshop, in dem junge Regisseure ihre Karriere starten konnten. Wir hatten keine Kriterien, nach denen wir die Regisseure auswählten, mit denen wir zusammenarbeiten wollten, es war eher eine Frage der Persönlichkeit, das Verlangen, das jemand hatte, der mit uns ein Projekt ausarbeiten wollte.“

„Nach meinem dreißigsten Geburtstag fühlte ich mich bereit, einen Spielfilm zu inszenieren. Vamos lief prächtig, wir machten Werbung (u.a. für Volvo, Playstation und die Supermarkt-Kette Leclerc) aber ich hatte einfach nicht genug Zeit, dieses Ziel konsequent zu verfolgen. Ein Jahr lang versuchte ich, die tägliche Arbeit und das Schreiben eines Drehbuchs unter einen Hut zu bringen. Danach wagte ich einen riskanten Schritt: Ich legte meine Produktionsfirma auf Eis und steckte mein ganzes Geld in einen dritten Kurzfilm, den ich verschiedenen Spielfilmproduzenten vorlegen wollte.“

Zehn Tage nachdem Chris Nahon mit den Dreharbeiten für diesen dritten Kurzfilm begonnen hatte, bekam er einen Anruf: „Luc Besson möchte dein Demo-Band sehen…“ Aus dieser Begegnung folgte für Nahon der Auftrag Kiss Of The Dragon (2001) zu inszenieren. Der Cocktail aus explosiven Actionszenen, einem extrem modernen Look und sensationell choreografierten Kämpfen avancierte in den USA zum Überraschungs-Hit: Kiss Of The Dragon schoss auf Anhieb in die Top 5 der Box-Office-Charts und erreichte nach vier Wochen bereits ein Einspiel von mehr als 35 Millionen Dollar. Nach diesem Film befand sich Chris Nahon in der privilegierten Position, sein nächstes Projekt sehr sorgfältig auswählen zu können. Er entschied sich für Das Imperium der Wölfe (2005) und stellte erst dann fest, dass es eine regelrechte Rallye um die Rechte an diesem brisanten und komplexen Thriller von Jean-Christophe Grangé gab. Der Film, mit Jean Reno in der Hauptrolle, kamm schließlich 2005 in die deutschen Kinos.

Foto (C) Tobis Filmverleih
Das Imperium der Wölfe - Filmplakat
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