Claude Chabrol

Claude Chabrol

Claude Chabrol wurde am 24. Juni 1930 als Sohn eines Apothekers in Paris geboren und wuchs bei den Großeltern in Sardent auf. Noch während seiner Studien der Literaturwissenschaft, der Jurisprudenz und Pharmazie (abgebrochen) war er Stammgast des unter dem Vorsitz von André Bazin firmierenden Cineasten-Zirkels im Pariser „Café de la Comédie“, woraus sich bald seine Arbeit als Kritiker bei den legendären Cahiers du Cinéma ergab.

Als er gerade eine gemeinsam mit Eric Rohmer verfasste Monographie über Alfred Hitchcock veröffentlicht hatte, ermöglichte ihm die üppige Erbschaft seiner Frau, zukünftig selbst Filme zu drehen — und dabei die Nouvelle Vague mitzubegründen.

Sein 1957 in Schwarzweiß gedrehtes Debüt Die Enttäuschten etablierte Chabrol bereits als stilsicheren und thematisch kompromisslosen wie eigensinnigen „auteur“. Durch den Erfolg seines zweiten Films, der hintergründigen Satire Schrei, Wenn Du Kannst (1958), konnte er seine eigene Produktionsfirma AJYM gründen, die im Folgenden die Erstlingswerke von Rohmer, Philippe de Broca und Jacques Rivette finanzierte. Chabrol indes musste, zum Beispiel mit der Lesart des Blaubart-Mythos Der Frauenmörder von Paris (1962), zunächst einige kommerzielle Schlappen verschmerzen und als Auftragsregisseur diverse Parodien auf Agentenfilme drehen, bevor in den späten Sechzigern seine goldene Ära anbrach.

In Klassikern wie Eine untreue Frau (1968), Das Biest muss sterben (1969), Der Schlachter (1969) und Der Riss (1970) ergründete er seine bevorzugten Themen — Obsession und Abhängigkeit, Bourgeoisie und Bigotterie, Mord und Rache — mit so viel intellektueller Schärfe und erzählerischem Realismus, dass er unter dem Gewand des Thrillers geradewegs sein eigenes Subgenre des Gesellschaftskrimis schuf. In dieser Phase begann Chabrol auch langjährige Kooperationen mit Freunden und Stabmitgliedern, darunter seine Ex-Frau Stéphane Audran, Komponist Pierre Jansen und vor allem Drehbuchautor Paul Gegauff, mit dem er häufig die schlummernde Gewalt unter dem Deckmantel des Bürgertums sezierte (perfiderweise wurde Gegauff 1983 von seiner zweiten Frau umgebracht). Im folgenden sah sich der Regisseur, der die Ansicht vertritt, es sei besser, „schlechte Filme zu drehen, als gar keine“, wieder mit einigen Enttäuschungen konfrontiert, bevor er mit dem Traumpferd (1980) und den mörderischen Analysen Violett Nozière (1978) sowie Die Fantome des Hutmachers (1982) zur alten Form auflief.

Zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts arbeitete Chabrol auch verstärkt für das Fernsehen. Einen weiteren kreativen Schub brachte die Zusammenarbeit mit Produzent Marin Karmitz wie bei Süsses Gift, Inspektor Lavardin, Masken und Der Schrei der Eule zwischen 1985 und 1987 eine feine Serie schwarzhumoriger Krimis.

Einen seiner größten Erfolge verbuchte der Mann mit den großen Brillen, der Vorliebe für Pfeifen und dem Röntgenblick für heuchlerische Moralvorstellungen 1988 mit Eine Frauensache mit seiner Lieblings-Aktrice Isabelle Huppert. Die Nachfolgewerke Stille Tage in Clichy (1990) und Dr. M (1990) zählen dagegen eher nicht zu seinen Meisterwerken.

In den Neunzigern machte Chabrol vor allem mit der Literaturverfilmung Madame Bovary (1991), dem Eifersuchtsdrama Die Hölle (1994), dem trefflich betitelten Emanzipationsbeitrag Biester (1995) und der Komödie Das Leben ist ein Spiel (1997) von sich reden.

Der Bonvivant gilt als „Frauenregisseur“. Im Laufe seiner Karriere drehte er mit den bekanntesten Schauspielerinnen Frankreichs wie Emmanuelle Béart, Sandrine Bonnaire, Isabelle Huppert oder Nathalie Baye. Dass er sich nicht nur in Spielfilmen als beißender Chronist von Sünden, Sühne und Seelenlast versteht, bewies Chabrols 1993 gedrehte Résistance-Dokumentation Das Auge Von Vichy.

Claude Chabrol verstarb am 11. September 2010 im Alter von 80 Jahren.

Filmographie — Claude Chabrol (Auswahl)

2010
Au siècle de Maupassant: Contes et nouvelles du XIXème siècle — Le fauteuil hanté (TV- Serie)

2009
Bellamy (Kommissar Bellamy)
Au siècle de Maupassant: Contes et nouvelles du XIXème siècle — Le petit vieux des Batignolles/b] (TV- Serie)

2008
Chez Maupassant — Le petit fût (TV- Serie)

2007
La fille coupée en deux (Die zweigeteilte Frau)
Chez Maupassant — La parure (TV- Serie)

2005
Geheime Staatsaffären (L’ivresse du pouvoir)

2004
Die Brautjungfer (La Demoiselle D’Honneur)

2003
Die Blume des Bösen (La Fleur Du Mal)

1999
Süßes Gift (Merci Pour Le Chocolat)

1998
Die Farbe der Lüge (Au Couer de Mesonge)

1997
Das Leben ist ein Spiel (Rien Ne Va Plus)

1995
Biester (La Ceremonie)

1994
Die Hölle (L`Enfer)

1993
Das Auge von Vichy (L´Oeil De Vichy, Dokumentation)

1992
Betty (Betty)

1991
Madame Bovary (Madame Bovary)

1990
Stille Tage in Clichy (Jours Tranquilles À Clichy)
Dr. M (Docteur M)

1988
Eine Frauensache (Une Affaire de Femmes)

1987
Der Schrei der Eule (Le Cri Du Hibou)

1986
Masken (Masques)

1985
Inspektor Lavardin oder die Gerechtigkeit (Inspecteur Lavardin)

1984
Hühnchen in Essig (Poulet Au Vinaigre)

1982
Die Fantome des Hutmachers (Les Fantomes Du Chapelier)
Le Sang Des Autres

1980
Traumpferd (Le Cheval D’Orgueil)

1978
Violette Nozière

1977
Blutsverwandte (Les Liens De Sang)

1976
Die verrückten Reichen (Folies Bourgeoises)
Alice oder die letzte Flucht (Alice Ou La Dernière Fugue)

1975
Les Magiciens

1974
Ein lustiges Leben a.k.a. Eine Lustpartie (Une Partie De Plaisir)
Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen (Les Innocents Aux Mains Sales)

1973
Nada (Nada)

1972
Doktor Popaul (Docteur Popaul)
Blutige Hochzeit (Les Noces Rouges)

1971
Der zehnte Tag (La Decade Prodigieuse)

1970
Der Riss (La Rupture)
Vor Einbruch der Nacht (Juste Avant La Nuit)

1969
Das Biest muss sterben (Que La Bête Meure)
Der Schlachter (Le Boucher)

1968
Die untreue Frau (La Femme Infidèle)

1967
Die Straße nach Korinth (La Route De Corinthe)
Zwei Freundinnen (Les Biches)

1966
La ligne de démarcation (La Ligne De Demarcation)
Champagner-Mörder (Le Scandale)

1965
Paris Vu Par … (Episode: La Muette)
M.C. contra Dr. Kha (Marie-Chantal Contre Docteur Kha)
Der Tiger parfümiert sich mit Dynamit (Le Tigre Se Parfume A La Dynamite)

1964
Der Tiger liebt nur frisches Fleisch (Le Tigre Aime La Chair Fraiche)

1963
Die Frauen sind an allem Schuld (Les Plus Belles Escroqueries Du Monde, Episode: L`Homme Qui Vendit La Tour Eiffel)

1962
Der Frauenmörder von Paris (Landru)

1961
Die sieben Todsünden (Sept Peches Capiteaux Episode: L`Avarice)
Das Auge des Bösen (L`Oeil Du Malin)
Ophelia (Ophelia)

1960
Speisekarte der Liebe (Les Godelureaux)

1959
Schritte ohne Spur (A Double Tour)
Die Unbefriedigten (Les Bonnes Femmes)

1958
Die Enttäuschten (Le Beau Serge)
Schrei, wenn du kannst (Les Cousins)

Foto (c) Concorde Filmverleih
Bild zu Das Biest muss sterben von Claude Chabrol
Das Biest muss sterben von Claude Chabrol - Filmbild 1
Film

Das Biest muss sterben (1969)

Am Eingang eines Dorfes wird ein Kind, das gerade friedlich vom Fischen heimkehrt, brutal von einem Auto umgefahren. Der Fahrer flieht. Das Kind ist sofort tot. Der Vater, Schriftsteller Charles Thénier, schafft es nicht zu trauern, derart groß ist sein Schmerz. Die Polizeirecherchen führen zu […]
Bild zu Blutige Hochzeit von Claude Chabrol
Blutige Hochzeit von Claude Chabrol - Filmbild 1
Film

Blutige Hochzeit (1973)

Pierre Maury ist eine Standesperson in einer kleinen, friedlichen Stadt an den Ufern der Loire. Er ist mit der melancholischen Clothilde verheiratet und betrügt sie mit Lucienne Delamare, der Frau des Bürgermeisters. Die zwei leben eine passionierte und geheime Beziehung. Aber die Unrechtmäßigkeit […]