Gefundenes Fressen

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Samstag, 13. Juli 2013, SWR Fernsehen, 23:35 Uhr

Der deutsche Schauspieler und Regisseur Michael Verhoeven, der sich besonders mit Filmen wie o.k. (1970), Die weiße Rose (1982), Das schreckliche Mädchen (1990), Mutters Courage (1995) und der Dokumentation Menschliches Versagen (2008) als kritischer politischer Filmemacher mit einem intensiven Blick auch auf die Abgründe und Abscheulichkeiten der deutschen Geschichte ausgezeichnet hat, wird in diesen Tagen 75 Jahre alt. Anlässlich dieses markanten Geburtstags des nach wie vor umtriebigen Regisseurs, dessen letzter Teil der erfolgreichen Fernsehserie Bloch – Die Lavendelkönigin im vergangenen April nahezu viereinhalb Millionen Zuschauer vor die Bildschirme lockte, zeigt das SWR Fernsehen mit Gefundenes Fressen einen Spielfilm aus dem Jahre 1976, der mit seinem illustren Ensemble populärer deutscher Schauspieler und seiner sentimentalen bis sozialkritischen Thematik ganz im Zeichen heiter-rührender Nostalgie steht.
Im München der 1970er Jahre schlägt sich der obdachlose Alfred Eisenhardt (Heinz Rühmann) als sogenannter Landstreicher mit kleinen Diebstählen und Gaunereien durch sein unstetes betagtes Leben, während er insgeheim von einem komfortablen Winter auf der sonnigen Insel Mallorca träumt. In einer Kneipe begegnet Alfred eines Abends dem Polizisten Erwin Kolozecik (Mario Adorf), der offensichtlich in einer Sinnkrise steckt und den ungezähmten Streuner künftig zunehmend unter seine Fittiche zu nehmen bemüht ist. Da bahnt sich eine unkonventionelle Männerfreundschaft zweier Typen an, die das Empfinden ihrer Deplatziertheit eint, und während Erwin in seinem unerquicklichen Alltag festsitzt, stellt sich heraus, dass Alfred sehr wohl die Möglichkeit und Mittel hat, seiner gestrandeten Existenz den Rücken zu kehren und es sich tatsächlich für eine ausführliche Zeit auf Mallorca gutgehen zu lassen …

Es ist weniger die Spannung der Geschichte, an deren Drehbuch neben Michael Verhoeven auch die Schriftsteller Elke Heidenreich und Bernd Schroeder als Autoren mitwirkten, die diesen seinerzeit in den Kinos erfolgreichen Film prägt, als vielmehr das Zusammenspiel der so intensiv wie ambivalent gezeichneten Charaktere in ihren Beschaffenheiten und Interaktionen. Mal amüsant, dann wiederum trist bis tragisch erscheinen die symbolhaft verankerten Aspekte des inneren wie äußeren Scheiterns, das durch die beiden Männer repräsentiert wird, wobei wir sowohl Heinz Rühmann als auch Mario Adorf hier in einer vielschichtigen Rollengestaltung erleben, die weitaus differenzierter als gewöhnlich das Spektrum ihrer Ausdrucksfähigkeit zum Klingen bringt. Flankiert werden diese deutschen Filmikonen von engagiert aufspielender weiblicher Prominenz wie Elisabeth Volkmann, Barbara Valentin und Karin Baal, deren Gesichter einerseits witzige Wehmut in Erinnerung an die Fernseherfahrungen jener Zeiten hervorrufen und andererseits auf den Neuen Deutschen Film der 1960er und 1970er Jahre verweisen, als dessen Protagonist Michael Verhoeven bereits mit seinem Spielfilmdebüt Paare / Paarungen von 1967 vertreten war. Gefundenes Fressen bewegt sich geschickt im Spannungsfeld zwischen rührend-lustiger Unterhaltung und sozialkritischem Autorenkino, und seine Thematik ist seltsamerweise heute so aktuell wie damals.

Gefundenes Fressen

Der deutsche Schauspieler und Regisseur Michael Verhoeven, der sich besonders mit Filmen wie „o.k.“ (1970), „Die weiße Rose“ (1982), „Das schreckliche Mädchen“ (1990), „Mutters Courage“ (1995) und der Dokumentation „Menschliches Versagen“ (2008) als kritischer politischer Filmemacher mit einem intensiven Blick auch auf die Abgründe und Abscheulichkeiten der deutschen Geschichte ausgezeichnet hat, wird in diesen Tagen 75 Jahre alt.
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