Body (2015/ II)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Menschen in Auflösung

Körper in Bewegung, im Übergang, in verschiedenen Stadien des Seins, des Vergehens, Verwesens, Umformens. Körper, die präsent sind, Körper, die verschwinden und sich auflösen, die ihre Form suchen, eine neue Form wollen, die von der einen Welt in die andere drängen. Dicke, dünne, tote, lebendige, Körper, die tatsächlich da sind in dieser Welt und andere, die aus einer anderen Sphäre stammen: In Malgorzata Szumowskas Body entfesselt die polnische Regisseurin einen Reigen, in dessen Zentrum drei Menschen stehen, die im Verlauf des Films eine Reigen eingehen, einen Tanz der Körper, Skelette, Hüllen und Umrisse.
Da ist beispielsweise der Staatsanwalt (Janusz Gajos), der unter dem Tod seiner Frau leidet und unter der Gegenwart seiner magersüchtigen Tochter Olga (Justyna Suwata), die ihrerseits ihren dicken Vater zutiefst verabscheut. Seit dem Verlust der Mutter und Ehefrau ist das Verhältnis von Vater und Tochter zutiefst gestört; während er die Todesfälle der Gegend untersucht, trachtet sie danach, sich mittels Hungerkuren und Kotzattacken immer mehr aus dieser Welt zu verabschieden – eine junge Frau und eine Rumpffamilie in Auflösung. Und dann ist da noch die Therapeutin Anna (Maja Ostaszewska), die Olga in der Klinik behandelt, in die ihr Vater sie gebracht hat, weil er keinen anderen Ausweg mehr sah. Auch sie leidet unter einer Deformation, einem körperlichen Trauma — dem Verlust ihres Kindes -, das sie versucht, mit einem Hund zu kompensieren. Und nicht zuletzt ist da noch ihre Gabe, mit Verstorbenen in Kontakt zu treten, die Toten ebenso zum Leben zu erwecken, wie dies am Anfang in einer der schönsten Szenen dem Staatsanwalt widerfährt, der Zeuge einer veritablen Wiederauferstehung eines vermeintlichen Selbstmörders wird.

Eine Art Familienaufstellung mit Therapeutin ist es, die Malgorzata Szumowska in Body versucht, doch so recht will das nicht gelingen. Trotz einzelner Szenen, in denen man ahnt, was in diesem Film alles möglich gewesen wäre, wechselt der Fokus so häufig, dass man bis kurz vor Ende ernsthaft befürchten muss, dass sich ihre filmische Körpertherapie als reine Luftnummer erweist, bis sie mit einem zugegebenermaßen grandiosen Ende eine verblüffend einfache (und etwas triviale) Lösung für eine zutiefst existenzielle Frage findet: Wie können wir lernen, mit den Toten zu leben, wie gelingt es uns als Beziehungskonstellation, unseren Frieden mit den abwesenden Körpern, den Schatten, der Verschwundenen in eine Beziehung zu treten. Die Antwort freilich, die der Film bietet, und der Weg dorthin, ist unbefriedigend und kann mit dem Vorgängerfilm Im Namen des… leider nicht mithalten.

Body (2015/ II)

Körper in Bewegung, im Übergang, in verschiedenen Stadien des Seins, des Vergehens, Verwesens, Umformens. Körper, die präsent sind, Körper, die verschwinden und sich auflösen, die ihre Form suchen, eine neue Form wollen, die von der einen Welt in die andere drängen. Dicke, dünne, tote, lebendige, Körper, die tatsächlich da sind in dieser Welt und andere, die aus einer anderen Sphäre stammen:
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