Voll verzuckert - That Sugar Film

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Wir essen unwissentlich oft zu süß

Normalerweise gelten Müsli, Fruchtjoghurt und Apfelsaft als gesunde Lebensmittel. Daraus stellt sich der Australier Damon Gameau eine Mahlzeit zum Start in den Tag zusammen und rechnet aus, dass er gerade dabei ist, 20 Teelöffel Zucker zu konsumieren. In seinem Dokumentarfilm Voll verzuckert — That Sugar Film unterzieht sich der Regisseur und Schauspieler unter ärztlicher Aufsicht einem Experiment, das die Folgen falscher Ernährung veranschaulichen soll. Ähnlich wie in Super Size Me von Morgan Spurlock, wo es um den Konsum von Fastfood ging, nimmt sich Gameau den Zucker vor, der mittlerweile in rund 80 Prozent der verarbeiteten Nahrungsmittel enthalten ist. Die Versuchsanordnung lautet: 60 Tage lang muss Gameau jeweils 40 Teelöffel Zucker essen, was nur knapp über dem durchschnittlichen Konsum eines Teenagers liegen soll.
Der Dokumentarfilmer nimmt aber weder Softdrinks, noch Eiscreme oder Schokolade zu sich, sondern ausschließlich Lebensmittel, die als unverdächtig gelten: Fettarme Produkte zum Beispiel, Gewürzsaucen, Obstsmoothies, Müsliriegel, Sportgetränke. Und siehe da: Nach 60 Tagen hat Gameau eine Fettleber bekommen und 8,5 Kilogramm zugelegt – und das, obwohl sein Essen insgesamt nicht mehr Kalorien enthielt als vor dem Test. Das sind die wichtigsten und in der Tat alarmierenden Ergebnisse seines Selbsttests, denn sie führen dem Zuschauer die eine oder andere Wissenslücke vor Augen. So räumt Gameau mit dem Irrglauben auf, dass Kalorienzählen vor Übergewicht und unschönen Dingen wie einer Fettleber oder Diabetes schützt. Und wer wusste schon, dass ausgiebiger Zuckerkonsum ebendiese Fettleber verursacht? Wo doch gerade die vielen fettarmen Produkte dem Verbraucher suggerieren, dass er sich mit ihnen gesund ernährt… Gameau sagt, dass das Fett darin häufig durch Zucker ersetzt wird, um den Geschmacksverlust auszugleichen.

Der Regisseur erklärt auch die komplexe Wirkung, die Zucker auf den menschlichen Stoffwechsel hat – etwa die Hochs und Tiefs in der Stimmung, die ihn auch während des Experiments plagen. Er unternimmt außerdem Reisen. Eine zu einer Aborigines-Gemeinde und eine in das Zucker-Eldorado USA, wo ein Zahnarzt ehrenamtlich durch Kentucky fährt, um einkommensschwachen Patienten die von reichlich konsumierten Softdrinks ruinierten Zähne zu behandeln. Die Aborigines, sagt Gameau, hätten traditionell kaum Zucker gekannt, aber dann kauften sie im Supermarkt Softdrinks und in der Gemeinde stieg die Zahl schwerer Krankheiten. Eine Initiative betreibt nun gesundheitliche Aufklärung. Diese inhaltlichen Ausflüge des Films sind allerdings wenig ergiebig, weil die Folgen intensiven Softdrink-Konsums ja schon recht bekannt sind. Gameau strukturiert seinen Film nicht überzeugend, er packt zu viel hinein, verwirrt den Zuschauer mit mehrmals eingestreuten Diagrammen über die Vorgänge im Körper, mit der Unterscheidung von Fructose und Traubenzucker und schließlich auch mit den von digitalen Effekten aufgepeppten Showeinlagen. Er lässt Schauspieler wie Stephen Fry, Isabel Lucas und Brenton Thwaites auftreten und fügt den eher biederen, unvermeidlichen Expertenstatements eine neckische Variante hinzu: Talking Heads wenden sich manchmal auch auf Verpackungen von Lebensmitteln an den Zuschauer.

Man könnte vieles, was Gameau hier für seinen mahnenden Aufklärungsfilm zusammenträgt, auch getrost weglassen. Aber er fügt dem Thema Ernährung, das in unserer Überflussgesellschaft ein Fass ohne Boden ist, etliche spannende Befunde hinzu. Zum Beispiel ist ein hochkonzentrierter Obstsmoothie eben nicht nur ein Lieferant wertvoller Vitamine, sondern auch einer geballten Dosis Zucker. Was wir für gesund halten, entpuppt sich allzu oft als Missverständnis, als Pseudowissen und Modeerscheinung.

Voll verzuckert - That Sugar Film

Normalerweise gelten Müsli, Fruchtjoghurt und Apfelsaft als gesunde Lebensmittel. Daraus stellt sich der Australier Damon Gameau eine Mahlzeit zum Start in den Tag zusammen und rechnet aus, dass er gerade dabei ist, 20 Teelöffel Zucker zu konsumieren. In seinem Dokumentarfilm „Voll verzuckert — That Sugar Film“ unterzieht sich der Regisseur und Schauspieler unter ärztlicher Aufsicht einem Experiment, das die Folgen falscher Ernährung veranschaulichen soll.
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