Stung

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Fliegende Monster – Made in Germany

In jedem Sommer ist es eine Qual! Kaum haben wir uns irgendwo niedergelassen, um uns ein Eis zu gönnen, werden wir auch schon von Wespen drangsaliert. Was dabei aber glücklicherweise eher nicht passiert: dass sich die schwarz-gelb gestreiften Insekten durch einen fiesen Stich in unseren Körpern einnisten, um alsbald in monströsen Dimensionen wieder herauszuplatzen. Als Zuschauer_innen können wir ein solches Szenario indessen in Stung erleben.
Gewiss sind Scheußlichkeiten dieser Art nichts Neues im Kosmos der filmischen Fantastik. So widerfuhr etwa John Hurt bereits im Jahre 1979 in Ridley Scotts Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt etwas ähnlich Explosiv-Ekliges, und Werke wie Formicula (1954), Tarantula (1955) oder In der Gewalt der Riesenameisen (1977, mit Denver-Clan-Biest Joan Collins und der schönen tagline „It’s no picnic!“) fanden den Horror seit Langem in der Übergröße des für gewöhnlich ziemlich Kleinen. Dennoch ist Stung – das Langfilm-Regiedebüt von Benni Diez – kein reizloser Film: Aberwitz, Romantik und Splatter-Drastik werden hier zu einem unterhaltsamen Mix verwoben, der überdies mit einem spielfreudigen Ensemble aufzutrumpfen versteht. Oder kann man einen Film, in dem Lance Henriksen im Angesicht einer Wespen-Katastrophe den Weinkeller leer trinkt und mit Hochgenuss sarkastische one-liner von sich gibt, ernsthaft nicht mögen?!

Stung beginnt mit einer Gartenparty, die auf dem alten, abgelegenen Anwesen der schrulligen Mrs. Perch (Eve Slatner) und ihrem bucklig-sonderbaren Sohn Sydney (Clifton Collins Jr.) zum Gedenken an den verstorbenen Ehegatten beziehungsweise Vater veranstaltet wird. Die junge Julia (Jessica Cook) und ihr linkischer Angestellter Paul (Matt O’Leary) sind für das Catering zuständig. Kurz nach dem Eintreffen der Gäste kommt es jedoch zum Großangriff der mutierten Wespen. Eine kleine Gruppe – darunter auch der Bürgermeister Caruthers (Lance Henriksen) und die Haushaltshilfe Flora (Cecilia Pillado) – kann sich ins Innere des Hauses retten. Der Kampf gegen die aggressiven Ungetüme ist damit aber noch nicht vorüber.

Das Drehbuch von Adam Aresty greift auf bekannte dramaturgische Versatzstücke aus dem creature feature-Baukasten zurück. Der Handlungsverlauf – von den ersten bösen Vorzeichen über die Auseinandersetzung mit den stechfreudigen Invasoren bis hin zum obligatorischen cliffhanger – ist daher wenig überraschend. Langweilig ist Stung allerdings zu keiner Sekunde. Dies liegt zum einen an der sympathisch interpretierten Hauptfigur: Der Ex-Kinderstar Matt O’Leary (Spy Kids 2: Die Rückkehr der Superspione) hat als Slacker, der in höchster Gefahr über sich selbst hinauswächst, zwar eine Klischeerolle zu verkörpern; er meistert diese jedoch mit einer bemerkenswerten physischen Komik. Auch der RomCom-Subplot zwischen O’Leary und seiner ebenfalls charismatischen Spielpartnerin Jessica Cook funktioniert ausgesprochen gut. Zum anderen wirken hier mit Henriksen (Terminator) und Clifton Collins Jr. (Pacific Rim) zwei veritable Charakterdarsteller mit, die ihre Parts mit spürbarer Lust zu weit mehr als bloßem Killerinsektenfutter machen.

Erfreulich ist außerdem das hohe Niveau der Spezialeffekte (und die Tatsache, dass nicht nur mit Computeranimationen gearbeitet wurde). Bedingt durch sein Thema ist der Film zweifelsohne trashy – er ist aber kein reiner Trash: Im Gegensatz zu einer Billig-Gaudi wie Sharknado, die ausschließlich dem Amüsement dient und die ihr schlechtes Handwerk zur Schau stellt, ist Stung ein souverän gemachter Subgenre-Beitrag, dem es nicht an Kunstblut, Schreckmomenten und grotesken Gestaltungsideen mangelt. Es stimmt froh, dass etwas Derartiges in Deutschland (im brandenburgischen Bernau) entstehen kann. Dies sollte als (weiteres) Indiz für das hiesige Potenzial in diesem zu Unrecht verschmähten Sektor der filmischen Unterhaltung betrachtet werden.

Stung

In jedem Sommer ist es eine Qual! Kaum haben wir uns irgendwo niedergelassen, um uns ein Eis zu gönnen, werden wir auch schon von Wespen drangsaliert. Was dabei aber glücklicherweise eher nicht passiert: dass sich die schwarz-gelb gestreiften Insekten durch einen fiesen Stich in unseren Körpern einnisten, um alsbald in monströsen Dimensionen wieder herauszuplatzen.
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