Die Kleinen und die Bösen

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Kriminell und Spaß dabei

Peter Kurth spielt Hotte Mazocha, notorischer Krimineller mit aufbrausendem Temperament, und Christoph Maria Herbst spielt Benno Meurer, erfahrener Bewährungshelfer, der sich auf routinierte Art reinhängt. Und die beiden machen ihre Sache gut. Kurth im knallbunten Hemd kann man förmlich riechen mit seiner Alkohol- und Schweißfahne, und man muss um seine Kinder fürchten, um die er sich – nicht zuletzt wegen des Kindergelds – von jetzt auf nachher kümmern möchte. Herbst ist weit entfernt von jedem strombergschen Zynismus, vielmehr gelingt ihm die schöne Studie eines Sozialhelfers zwischen Routine und Engagement, der von sich selbst erkennen muss, dass ihm nach langen Jahren das Schicksal seiner Klienten doch nahe geht.
Zwei starke Charaktere, und es ist wahrscheinlich nicht einfach, daraus einen, nun ja, weniger gelungenen Film zu machen. Markus Sehr schafft es. Er baut zu viele lahme Witze ein: In der ersten Szene klaut Hotte Benno in dessen Büro den iPod, haha, aber das hat keinerlei Konsequenzen. Er baut unnötige, nein: störende Nebenhandlungen ein: Bennos Frau ist besessen vom Babywunsch, und es ist ganz schlimm für Benno, dass er immer und immer mit ihr Sex haben muss. Schon das ist albern; die Entfremdung, die mit diesem Beziehungsunfug einhergeht, endet mit einem vorhersehbaren Knall, den jeder sich selbst ausrechnen kann, wenn er weiß, dass Benno unfruchtbar ist. Vorhersehbarkeit ist sowieso eingebaut im Film. Es gibt eine Menge an Figuren f, die sich in einer genau gleich großen Menge Motivationen m verhalten, woraus ein klares Ergebnis e resultiert, das aus der Summe der Mengen f und m besteht: f+m=e=m+f. Eine Rechnung, die immer aufgeht. Und keinen überrascht.

Und dann macht Sehr natürlich den Fehler, urplötzlich eine wichtige Figur sterben zu lassen, und das Unglück, weil es sich hier ja um eine Komödie handelt, ganz leicht zu nehmen. Er zeigt den Papa und die Schwester ein bisschen beim Trauern, und Benno fühlt sich verantwortlich – aber das ist halt nur gezeigt. Es tangiert keinen wirklich, und auch den Zuschauer nicht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat er jede emotionale Bindung an die meisten der vorkommenden Figuren verloren; der Rest geht hops, wenn Benno sich zufällig in eine portugiesische Bardame verknallt, die eine autistische (!) Tochter hat und nachts im Sportkanal strippt (!). Weil das noch nicht genug ist, kommt mit einem jugendlichen Kosovoalbaner noch ein weiterer Möchtegernkrimineller dazu, und eine Weste mit hunderttausend eingenähten Euros, die dem „Wiener“ gehört (eine der wenigen wirklich gelungenen Szenen, weil man von dem Dialekt des Wieners wirklich nix versteht). Dass der junge Kosovo-Kriminelle sich in Hottes Tochter verliebt, ist selbstverständlich und muss wohl nicht extra erwähnt werden. Im Übrigen steht als großer Traum im Hintergrund der Neuanfang auf Malle oder wahlweise auf den Azoren. Gegen Ende kommt es zu unvermuteten Gewaltausbrüchen.

Die Kleinen und die Bösen ist pickepackevollgestopft mit allen möglichen und umöglichen Motiven, Nebenhandlungen, Figuren — und schafft es, all diese Elemente in möglichst eindeutiger und unkomplexer Weise zusammenzufügen. Sehr springt auf fast hyperaktive Art mit schnellem, aber gleichförmigen Rhythmus durch seinen Film. Die Priorität liegt bei den Handlungsschritten und den Situationen; Charakter, Emotion und Motivation bleiben weitgehend ausgespart. Und all das Potenzial, das in den Figuren, im Milieu stecken würde, bleibt zu weiten Teilen ungenutzt.

Kurz: Die Kleinen und die Bösen ist das, was durchschnittliche Fernsehware ausmacht. Nichts wirklich Schlimmes also, aber auch nichts, was große Aufmerksamkeit verdient. Ein Film, den man sich ansehen kann – der aber fürs Kino doch einiges zu wenig bietet.

Die Kleinen und die Bösen

Peter Kurth spielt Hotte Mazocha, notorischer Krimineller mit aufbrausendem Temperament, und Christoph Maria Herbst spielt Benno Meurer, erfahrener Bewährungshelfer, der sich auf routinierte Art reinhängt. Und die beiden machen ihre Sache gut. Kurth im knallbunten Hemd kann man förmlich riechen mit seiner Alkohol- und Schweißfahne, und man muss um seine Kinder fürchten, um die er sich – nicht zuletzt wegen des Kindergelds – von jetzt auf nachher kümmern möchte.
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