Das Schicksal von Zyl

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Sehr eigene Spielregeln

Spieleverfilmungen. So richtig ist das als obskure Subeinheit der Kinematographie natürlich erst mit den Computerspielen aufgekommen, als Versuch, den visuellen Effekt etwa von Lara Croft auf die Leinwand zu bringen – die Sollbruchstelle des Scheiterns war schon immer eingebaut, weil man natürlich weder bei Tomb Raider noch bei (au weia!) Doom! ins Spiel mit einsteigen konnte: Es fehlt die Interaktion.
Als eher obskur durfte deshalb dann auch der Versuch gelten, „Schiffe versenken“ in Filmform zu gießen; Battleship entfernte sich dann sicherheitshalber auch ganz von kariertem Papier. Überhaupt – auch Pixels hat ja schon die Kinos erobert – versucht man sich eher am Metafilm über Computerspiele. Und im Grunde schlägt Das Schicksal von Zyl in eine ähnliche Kerbe, nur ist das Spiel, auf das sich der Film bezieht, auch schon fiktional.

„Das Leben von Ivan Drago“ heißt dieses Spiel, das alle Welt spiele, und, so spricht es der Erzähler aus dem Off, es basiere natürlich auf dem Leben eines realen Ivan, dessen Abenteuer auf einem Jahrmarkt beginnen, wo er als Trostpreis ein Comicheft gewinnt. Darin findet sich ein Preisausschreiben: „Entwirf ein Spiel!“

So wird der kleine Junge zum Spiele-Erfinder – und das hört auch nicht auf, nachdem Ivans Eltern von einer Wettfahrt mit ihrem Heißluftballon nicht zurückkehren und der Waise in ein Internat geschickt wird. Warum kann er nicht zu seinem Großvater, dem legendären Meister der Spielestadt Zyl? Und welche Rolle spielt die Profound Games Company, die das Preisausschreiben veranstaltet?

Das Schicksal von Zyl ist eigentlich ein bezaubernder Film, in dem sich eine wirre Idee an die andere reiht und seltsame Personen in Ivans Leben treten, das immer wieder von irritierenden Regeln bestimmt wird – jeder Schritt fühlt sich an, als sei er eine weitere Etappe in einem streng reglementierten Spiel. Und daran ist natürlich, das zeigt sich im letzten Drittel, auch wirklich einiges dran.

Aber was im Kinderbuch El inventor de juegos des argentinischen Autors Pablo De Santis noch gut funktioniert haben mag — die Übertragung der Spielemechanik auf eine Geschichte — wirkt im Film doch recht bald sehr episodisch und recht beliebig und zu lang. Spannung und Interesse lassen sich über die vollen 112 Minuten nur mit Mühe halten, und bis Joseph Fiennes als Antagonist Morodian das erste Mal die Bühne betritt, ist zu viel Zeit vergangen. (Und dass der junge Held Ivan den gleichen Namen trägt wie Rocky Balboas sowjetischer Widersacher in Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts, irritiert zwar wahrscheinlich die anvisierte junge Zielgruppe nicht, den Autor dieser Zeilen gleichwohl nachhaltig.)

Dabei hat Das Schicksal von Zyl viel, das für den Film spricht: Eine sehr eigenständige, sehr seltsame Welt, die den Phantasien von Terry Gilliam entsprungen zu sein scheint (mit einem Schuss Wahnsinn à la Guillermo del Toro) – wirre Welten, an faschistische Architektur gemahnende Bauten, versinkende Häuser – und genug Rätsel und Fragezeichen für mehrere Spiele. Zu einem richtig organischen, und sei es noch so wirren Ganzen, will das Ganze sich aber nie fügen. Dafür bleibt Regisseur Juan Pablo Buscarini (bekannt für Herr Figo und das Geheimnis der Perlenfabrik) zu sehr seinen eigenen Spielregeln verhaftet. Hier hätten noch eine Prise Wahnsinn und etwas mehr Mut ganz gut getan.

Das Schicksal von Zyl

Spieleverfilmungen. So richtig ist das als obskure Subeinheit der Kinematographie natürlich erst mit den Computerspielen aufgekommen, als Versuch, den visuellen Effekt etwa von Lara Croft auf die Leinwand zu bringen – die Sollbruchstelle des Scheiterns war schon immer eingebaut, weil man natürlich weder bei „Tomb Raider“ noch bei (au weia!) „Doom!“ ins Spiel mit einsteigen konnte: Es fehlt die Interaktion.
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