Im Rausch der Sterne

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Kochen, bis die Töpfe fliegen

Auf die besinnliche Betrachtung des nächtlichen Himmels legt die hochtourige Geschichte in Im Rausch der Sterne keinen Wert. Denn die im Titel erwähnten Sterne stehen nicht am Firmament, sondern werden vom Michelin-Guide an die besten Restaurants vergeben. Adam Jones (Bradley Cooper) hatte zwei davon, als er noch Chefkoch einer Pariser Nobelgaststätte war. Aber er kompensierte den Dauerstress und die jahrelange Überarbeitung solange mit Alkohol, Drogen und Affären, bis er seine Stellung verlor. Zu Anfang der Geschichte jobbt er in New Orleans und öffnet Austern. Erst als er die millionste Muschel geknackt hat, mag er das Büßerhemd wieder ablegen: Adam geht nach London, um wieder Chefkoch zu werden und den 3. Michelin-Stern zu holen.
Das Comeback-Drama, das der amerikanische Regisseur John Wells (Im August in Osage County) inszeniert hat, schwimmt auf der sehr stabilen Kulinarik-Welle und setzt edle Speisen ansprechend ins Bild. Dabei kann die Geschichte dem Thema Haute Cuisine – wen wundert’s? – nichts wirklich Neues mehr abgewinnen. Zwar betont sie intensiv den Leistungsdruck, der in der Spitzengastronomie herrscht, und nutzt ihn als Taktgeber für einen spannungsgeladenen, hitzigen Erzählstil, aber sie verharrt gegenüber dem geradezu absurd vom Streben nach Perfektion beherrschten Milieu in ambivalenter Haltung.

Der egozentrische Adam hat die Lektion zu lernen, dass er nur im Team an die Spitze gelangt. Aber der Film kann gar nicht genug davon bekommen, wie Adam in London seine handverlesene neue Mannschaft durch die Küche hetzt und diese ihm zackig mit „Ja, Chef!“ antwortet, als absolviere sie militärischen oder sportlichen Drill. Dieser ziemlich amerikanisch anmutenden Perspektive folgt vor allem Bradley Coopers Schauspiel. Adam will es der Welt und seinem Erzrivalen, dem Dreisternekoch Reece (Matthew Rhys), endlich zeigen. Er kann aber noch so lange Häppchen verkosten und in die Töpfe schauen – dass ihm der Sinn wirklich nach einem „kulinarischen Orgasmus“ steht, wie er einmal sagt, nimmt man diesem getriebenen Kerl nicht unbedingt ab. Manchmal geraten die Töpfe und Pfannen in seiner Küche bedenklich ins Scheppern. Immerhin wird Adam klar, dass er die Utensilien nicht regelmäßig in Wurfgeschosse verwandeln darf.

Cooper bekommt eine internationale Besetzung an die Seite gestellt, die bis in die Nebenrollen mit großen Namen aufwartet. Daniel Brühl überzeugt mit einer differenzierten, von einer unterschwelligen Spannung durchzogenen Darstellung des Hotelbetreibers Tony, dessen Restaurant Adam übernimmt. Tony kennt Adam aus Paris und ist in den Hetero verliebt, hat sich aber schwer unter Kontrolle. Omar Sy und Riccardo Scamarcio stellen zwei von Adams erstklassigen Köchen dar, unter die sich als einzige Frau die alleinerziehende Mutter Helene (Sienna Miller) mischen darf. Zwar meldet der Film einmal mit Adam leise Zweifel an, ob sich eine Frau in dieser Liga halten kann – aber für das romantische Konzept ist sie dann doch unersetzlich.

Eine treibende Musik versucht den Adrenalinspiegel wiederholt auf das Niveau der Sterneköche zu heben. Das bewirken auch die schnellen, schlagfertigen Dialoge. Dann gibt es wiederum Montagesequenzen, die den Genuss und die Ästhetik beinahe tänzerisch zelebrieren: das Eindecken der Tische, der Blumenschmuck, Adam bei der Auswahl der Zutaten auf dem Markt. Aber die zwiespältige Haltung des Films gegenüber seinem Thema setzt sich fort. Einmal leckt sich der Chefkoch wiederholt die Finger, während er die Häppchen auf dem Teller servierfertig drapiert. An anderer Stelle wiederum wird ausführlich, fast provokant gezeigt, wie viel frisches, gutes Essen die Köche wegwerfen, wenn Adam nicht vollkommen zufrieden ist. Die Charaktere verhalten sich wie ungehobelte Draufgänger in einem Film, der die Haute Cuisine bewundert, weil sie mit der Präzision eines Uhrwerks funktioniert. Dieser womöglich nicht ganz durchdachte Widerspruch definiert die aufgedrehte Geschichte, in der das Sinnliche, das ihre Bilder wiederholt beschwören, keinen sicheren Platz findet.

Im Rausch der Sterne

Auf die besinnliche Betrachtung des nächtlichen Himmels legt die hochtourige Geschichte in „Im Rausch der Sterne“ keinen Wert. Denn die im Titel erwähnten Sterne stehen nicht am Firmament, sondern werden vom Michelin-Guide an die besten Restaurants vergeben. Adam Jones (Bradley Cooper) hatte zwei davon, als er noch Chefkoch einer Pariser Nobelgaststätte war. Aber er kompensierte den Dauerstress und die jahrelange Überarbeitung solange mit Alkohol, Drogen und Affären, bis er seine Stellung verlor.
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