Log Line

Um die Sehnsucht nach einem Gleichgewicht zwischen Leben und Arbeit zu erfüllen, stiehlt ein Bankangestellter soviel Geld, wie er bis zur Rente dort verdienen würde. 

Die Missetäter (2023)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Ruhe bis Stillstand

Es fängt vielversprechend an: Die Kamera begleitet Moran (Daniel Elias), wie er sich für die Arbeit zurechtmacht, wie er durch die Straßen von Buenos Aires läuft und dann in der Bank ankommt, wo er als Schatzmeister arbeitet. Gespannt wartet man darauf, dass die Handlung dem Titel des Films (auf Deutsch „Die Verbrecher“) gerecht wird. Lange muss man sich allerdings nicht gedulden. Moran hat einen Plan, er nutzt die Gelegenheit großen Andrangs am Schalter, um alleine in den Tresorraum gehen zu können. Dabei steckt er sich 650‘000 Euro in den Rucksack und beendet unbemerkt den Dienst. Noch am selben Abend trifft er sich mit seinem Kollegen Ramon (Esteban Bigliardi) und weit ihn ein.

Diese erste längere Begegnung zwischen den beiden gehört zu den besten Szenen des Films. Die Charaktere der Männer werden hier vollständig definiert. Ramon möchte mit dem Verbrechen nichts zu tun haben, doch seinen Kollegen zu verraten, kommt auch nicht infrage. Moran ist nicht ganz so zimperlich. Sollte Ramon ihm nicht helfen, das Geld zu verstecken, während er sich stellt und seine Strafe absitzt, will er ihn als Komplizen belasten. Diese Dynamik zwischen den Männern zeugt nicht unbedingt von höchst subtiler Psychologie, aber ist dennoch der interessanteste Aspekt des dreistündigen Epos aus Argentinien Los Delincuentes.

Diese drei Stunden brauche die Geschichte unbedingt, um sich zu entfalten, sagt Regisseur Rodrigo Moreno in einem persönlichen Gespräch im Rahmen der Weltpremiere in Cannes. Seine Protagonisten sehnen sich nach einem entschleunigten, einfachen Leben. Darauf müsse man sich vorbereiten, sich also Zeit nehmen. Nach starken ersten 80 Minuten kommt der Film dann aber fast zum Stillstand. Die Intention des Autors ist nachvollziehbar, überzeugen kann deren visuelle Umsetzung allerdings nicht.

Langeweile kann man auch weniger langweilig aufnehmen. Das haben gerade Landesgenossen des Argentiniers mehrmals bewiesen, sei es beispielsweise Martin Reijtman oder Lucrecia Martel. Mit letzterer hat Los Delincuentes zumindest soviel gemeinsam, da der ganz zweite Teil des Films weit weg von der „capital“, wie man Buenos Aires unter Einheimischen bezeichnet, spielt. Das kommt selten vor. In Buenos Aires konzentriert sich die kulturelle Identität des Landes, nach außen wie nach innen. Regisseur Moreno geht es allerdings weniger, um die Diversität in Lebensform, Traditionen oder Mentalität: Er reproduziert die idyllische Vorstellung eines Städters vom Leben auf dem Land. Dort sind alle glücklich abseits der Hektik, sie finden in den „einfachen“ Arbeiten Natürlichkeit und Sinnhaftigkeit. In seiner Aussage ist der Film schlichtweg zu flach.

Das können die Darsteller auch nicht wettmachen. Betrachtet man die beiden Männer im Vordergrund, gelingt nur Esteban Bigliardi ein differenziertes und charismatisches Spiel. Daniel Elias wirkt viel ungeschickter. Souverän wie immer ist dafür Laura Paredes, die im ersten Teil des Films die Aufsichtsperson der Bank spielt, die den Vorfall untersuchen soll. In ihr steckt der Witz und die Energie, die man an im Film schmerzlich vermisst.

 

Die Missetäter (2023)

Morán und Román versuchen, den Verpflichtungen der Gesellschaft und der Arbeitswelt zu entfliehen. Einer von ihnen begeht einen Diebstahl und verschwindet für einige Tage, wodurch er eine Alternative zu dem monotonen und stumpfen Leben entdeckt, an das er gewöhnt war. Währenddessen versteckt der andere Angestellte eine große Summe Geld in seinem Haus, die ihm nicht gehört. Ihr gemeinsames Schicksal als neue Straftäter bringt die beiden Männer einander näher.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen