God of Happiness

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Zwischen den Zeilen

Ein Figuren-Arsenal, beinahe wie aus einem Quentin-Tarantino- oder Guy-Ritchie-Film: Der georgische Auswanderer Giorgi (Lasha Bakradze), völlig erfolgloser Schauspieler und deswegen ebenso Zuhälter des Afrikaners Ngudu (Elie James Blezes), der unbefriedigte Ehefrauen schon mal mit Natursekt beglückt, eigentlich aber nur seine kranke Mutter retten will und gerne den Gott des Glückes anbetet, seinen Lieblingsgott, dessen Statue Giorgi allerdings aus Geldmangel verkauft hat. Die einbeinige, kokainschnupfende, arbeitslose Schauspielerin Mia (Nadeshda Brennicke) und ihr tumber Ballermann-Ex-Freund Rocco (Ufuk Bozkurt). Und zwischen allem: Die stille, beobachtende Tochter Giorgis, Tina (Tina Meliava), für die der Papa bei ihrem ersten Besuch nach Jahren eine heile Welt im Wohlstand inszeniert, was aber immer mehr in die Brüche geht. Allerdings hat auch der Nachwuchs so seine Geheimnisse…
Was hätte man mit diesen Figuren für einen Unsinn machen können, aber Regisseur Dito Tsintsadze entschied sich für einen waghalsigen Spagat zwischen eleganter Komödie und feinfühligem Sozialdrama, der in seinen besten Momenten ein klein wenig an die Arbeiten von Aki Kaurismäki erinnert, sich allerdings auch etwas im Ungleichgewicht befindet, denn nicht alle durch die Bank weg exzellent gespielten Figuren kriegen die gleiche verdiente Aufmerksamkeit. So hätte man von der abgekämpften Nina und ihrem schreihalsigen Verflossenen Rocco (der in diesem Figuren-Ensemble dank exaltiertem Auftreten ohnehin etwas wie ein Fremdkörper wirkt) gerne mehr erfahren.

God Of Happiness tappt trotz manch absurder Situation nie in die Klamaukfalle, sondern besticht durch einen hinterhältigen, oft recht trockenen Witz, der sich phasenweise vor allem zwischen den Zeilen offenbart. Wenn etwa Ngudu von Giorgi als wandelndes Klischee vom ewig potenten, schön exotisch-wilden Schwarzen lüsternen Ehefrauen in besten Jahren angepriesen wird, dieser sich wiederum über die abenteuerlich-obszönen Wünsche seiner aus konservativsten Kreisen stammenden, weißen Klientel nur wundern kann, ist das im Kern eine Stigma-Umkehrung. Besonders ist diese in einer Szene in einem Restaurant illustriert, in der der Callboy überraschend einen großen Teil seiner Kundschaft mit familiärem Anhang wieder trifft. Allerdings sind seine Ausbeuter hier peinlichst darum bemüht, die Fassade der Zivilisation aufrechtzuerhalten, was von Ngudu mit einem breiten Grinsen quittiert wird.

Weniger offensichtlich lustig, aber dennoch humoristisch-gallig ist eine Szene, in der Giorgi seine Tochter mit ans Filmset nimmt und ihr zeigen will, mit was er so seine paar Mäuse verdient. Das wird ein Besuch voller Probleme: Am Einlass nerven arrogante Kontrolleure, sein ehemaliger Mitspieler, der mittlerweile weitaus erfolgreicher als er ist, entpuppt sich als egoistisches Arschloch und selbst ein auf den ersten Blick ziemlich freundlich gesinnter Schauspieler rührt beim Mittagessen wider Erwarten keinen Finger, als der unglückselige Giorgi und seine Tochter barsch des Platzes verwiesen werden, da Komparsen ihr eigenes Eck haben. In solchen Momenten werden natürlich (vermutlich wahre) Film-Business-Klischees bedient, sie stechen aber auch mitten ins Herz, denn Giorgi möchte doch nur vor seinem Kind zumindest ein kleines bisschen gut dastehen, allerdings wird ihm nicht mal das gegönnt.

Was ihm aber gegönnt wird, ist eine Annäherung an seine Tochter und die Erkenntnis, dass sich auch im Scheitern ein kleiner Erfolg verbergen kann – wichtiger als alles andere auf dieser Welt ist, dass einem der God Of Happiness wohlgesinnt ist.

God of Happiness

Ein Figuren-Arsenal, beinahe wie aus einem Quentin-Tarantino- oder Guy-Ritchie-Film: Der georgische Auswanderer Giorgi (Lasha Bakradze), völlig erfolgloser Schauspieler und deswegen ebenso Zuhälter des Afrikaners Ngudu (Elie James Blezes), der unbefriedigte Ehefrauen schon mal mit Natursekt beglückt, eigentlich aber nur seine kranke Mutter retten will und gerne den Gott des Glückes anbetet, seinen Lieblingsgott, dessen Statue Giorgi allerdings aus Geldmangel verkauft hat.
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