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In „Cat Person“ zeigt Susanna Fogel auf Basis einer viel diskutierten Kurzgeschichte, wie Dating zu einer reichlich unromantischen Angelegenheit werden kann.

Cat Person (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Und wenn er ein Serienkiller ist?

Boy meets Girl. Das Kino ist seit jeher darauf ausgelegt, die Hauptfiguren einer Geschichte zu verkuppeln. Egal, ob diese sich gänzlich ihren emotionalen Irrungen und Wirrungen widmen dürfen (etwa in einer romantischen Komödie) oder nebenher im Sternenkrieg kämpfen, einen verlorenen Schatz jagen oder andere Abenteuer und Gefahren durchstehen müssen. Mit der Zeit wurden die Filme (zum Glück) diverser. Die Liebe und die Idee, dass zwei Menschen einfach zueinander gehören, halten sich indes als dominante narrative Elemente der Mainstream-Unterhaltung.

Mit Cat Person hat Susanna Fogel nun so eine Art Anti-Liebesfilm gedreht – das Gegenteil eines Date-Movies, eine audiovisuelle Argumentationshilfe für überzeugte Singles, einen amourösen Horrorthriller. Als Grundlage diente die gleichnamige Kurzgeschichte von Kristen Roupenian, die 2017 im Magazin The New Yorker erschien und viral ging. Erzählt wird darin von einer Studentin, die in ihrem Nebenjob im örtlichen Kino einen Mann kennenlernt, der ein paar Jahre älter ist als sie, und mit diesem zunächst interessante virtuelle Gespräche führt, im Laufe ihrer ersten Verabredungen aber feststellen muss, dass er absolut nicht ihr Typ ist.

Einige Dialoge und dokumentierte Kurznachrichten aus der literarischen Vorlage haben ihren direkten Weg in die Leinwand-Adaption gefunden. Darüber hinaus baut der Film die prägnante Schilderung einer flüchtigen Dating-Phase mit bitter-abruptem Ende zu einer dramatischen Erzählung aus, die nicht immer stimmig ist. Die widersprüchlichen Gefühle und Gedanken der Protagonistin, die sie sich häufig selbst nicht so richtig zu erklären vermag, werden von Fogel beispielsweise als düstere Albträume und übersteigerte Gewaltfantasien umgesetzt, die dem Ganzen oft einen ziemlich schrägen Tonfall zwischen Maniac (1980/2012) und Final Destination (2000) verleihen.

Anfangs bewegt sich das Skript von Michelle Ashford noch nah am Ausgangsmaterial: Bei ihrer Arbeit am Kino-Snackstand wird die 20-jährige Archäologiestudentin Margot (Emilia Jones) auf den recht unscheinbaren 34-jährigen Robert (Nicholas Braun) aufmerksam. Bei einer erneuten Begegnung tauschen die beiden ihre Handynummern aus. Wie sich via Chat-Flirt eine vermeintliche Nähe entwickelt, die vermutlich in erster Linie aus Projektion besteht, wird gekonnt eingefangen. Auch die Irritationen bei den ersten echten Dates, wenn alles ein bisschen anders läuft, als es uns in der gängigen Liebesfiktion als Ideal präsentiert wird, sind spannend.

Roberts Vorstellung von Romantik fußt offenbar komplett auf Interaktionen zwischen Harrison Ford und dessen Leinwandpartnerinnen, vor allem in den Star-Wars- und Indiana-Jones-Filmen. Daraus leitet sich dann auch seine (miese) Kusstechnik ab. Margot imaginiert derweil, wie Robert einem Therapeuten von seinen Komplexen erzählt, weil er so viel unerfahrener als Margot sei. In diesen Momenten treffen das Drehbuch und die Inszenierung den schwarzhumorigen und trockenen Stil der Kurzgeschichte sehr gut – nicht zuletzt dank des Spiels von Emilia Jones.

Wenn zu Beginn die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood zitiert wird und Isabella Rossellini später in der Rolle einer strengen Professorin über das rabiate Sexualverhalten von Ameisen spricht, wird hingegen zum Holzhammer gegriffen. Die Zuspitzungen im Finale rücken Cat Person eher in die Richtung eines trashigen Genrewerks wie Swimfan (2002), das ernste Themen wie Stalking und Gewalt gegen Frauen bei aller Meta-Attitüde für reißerische Action ausbeutet.

Der Film ist unausgegoren und seltsam; er hat geniale Augenblicke, etwa wenn Margots beste Freundin und Mitbewohnerin Taylor (Geraldine Viswanathan) auftritt, und frappierend schwache Passagen. In jedem Fall wagt er es jedoch, sich in den Diskurs zu werfen. Nicht jeder Punkt sitzt, nicht alles wirkt durchdacht – aber das Engagement und der Wille, etwas über die aktuelle Lage junger Menschen auf der Suche nach Liebe zu sagen, ist eindeutig vorhanden. Um eine Diskussion zu starten, leistet Cat Person somit gewiss einen Beitrag.

Cat Person (2023)

Die 20-jährige Studentin Margot lernt an der Kinokasse den 34-jährigen Robert kennen. Sie tauschen Telefonnummern aus und flirten ein paar Wochen lang über Textnachrichten. Als sie sich schließlich zum ersten realen Date treffen, muss Margot feststellen, dass Robert in Wirklichkeit nicht ganz dem Robert entspricht, mit dem sie zuvor gechattet hat… (Quelle: StudioCanal)

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