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Drei Lehrerinnen leben jeden Tag aufs Neue mit großer Leidenschaft ihren Beruf – zum Wohle von Kindern an den entlegensten Orten.

Schulen dieser Welt (2021)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Mit Leidenschaft lehren

Diese Frauen kämpfen – alleine, in der Abgeschiedenheit und oft gegen viele Widerstände: Lehrerinnen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, gerade Kindern abseits der Bildungs- und Wirtschaftszentren eine Schulbildung zu ermöglichen. Das ist nicht leicht. Manchmal spürt man beim Sehen von „Schulen dieser Welt”, wie ihre Hoffnung schwindet, wie sie sich hinterfragen und sich dann doch erneut aufraffen: um den Kindern ein Gedicht beizubringen, für ihren Verbleib im Unterricht zu streiten oder ihnen noch ein Buch mit an die Hand zu geben.

Für ihren Dokumentarfilm hat die französische Filmemacherin Émilie Thérond drei Lehrerinnen in Burkina Faso, Sibirien und Bangladesh ein Jahr lang begleitet. Sie folgt ihnen mit der Kamera in eine abgeschiedene Gegend Westafrikas, in die Siedlungen von ewenkischen Nomaden und auf ein Schulboot im südlichen Asien. Sie beobachtet sie in ihrem Alltag, während des Unterrichts, in der Auseinandersetzung mit Schüler:innen oder Eltern.

So muss Taslima Akter in Bangladesh oft und lange mit den Eltern gerade ihrer Schülerinnen diskutieren, denn in dem Land werden die Mädchen gerne jung verheiratet und im Haus gehalten. Aber Taslima ist die Ausbildung und die Selbstbestimmung der Mädchen wichtig, sie selbst ist eine der wenigen Frauen, die sich selbst ernähren können – und sie ist stolz darauf. Diese Erfahrung möchte sie an ihre Schülerinnen weitergeben. Dabei wird deutlich: Auch das ist Schule – nicht nur das Lehren von Lesen, Schreiben oder Rechnen, sondern Erfahrungen zu teilen, Wahlmöglichkeiten anzubieten und Selbstbewusstsein zu schaffen.

Auch Sandrine Zongo in Burkina Faso ist es wichtig, ihren Schüler:innen zu zeigen, dass sie mit schulischer Bildung mehr Möglichkeiten haben also. Sandrine hat gerade erst selbst ihr Studium abgeschlossen und muss wie viele junge Lehrer:innen für ihre erste Stelle in die Peripherie – fern von den eigenen Kindern, in der absoluten Abgeschiedenheit, mit schlechtem Handynetz, kaputtem Brunnen und ohne Strom. Dass sie darunter leidet, erzählt sie ebenso, wie dass sie motiviert ist, gerade diesen Kindern fernab der großen Städte das Lesen und Schreiben beizubringen. 

Alle drei Frauen berichten in Originaltönen aus ihrem Alltag. Auch der begleitende Kommentar (eingesprochen von Dennenesch Zoudé) verdeutlicht, dass sie Schwierigkeiten mit all ihrer Kraft überwinden wollen – für eine gerechte Bildung oder auch die Erhaltung einer uralten Nomadenkultur. 

Svetlana Vassileva in Sibirien fährt mit einem Schlitten von einer Nomadenfamilie zur nächsten und unterrichtet die Kinder zehn Tage lang nicht nur im Schreiben und Rechnen, sondern auch in der Sprache der Ewenken und in deren Dichtung, bevor sie mit ihrem fahrenden Klassenzimmer weiterzieht. Ihr ist es wichtig, dass die Kinder in ihrer gewohnten Umgebung lernen können, nicht aufs Internat müssen, so wie sie selbst einst, und gleichzeitig etwas über ihre eigene Kultur erfahren, die an manchen Orten schon längst in Vergessenheit geraten ist. Die Kinder sind nicht immer leicht zu motivieren, fremde Wörter auswendig zu lernen, aber Svetlana hat stets neue Ideen.

Schulen der Welt erzählt aus dem Blickwinkel der Lehrerinnen, wie Schule an den entlegensten Orten funktioniert, und das ist ein großes Verdienst. Es ist der Blick dieser Frauen auf die Welt, ihr Verständnis von Gerechtigkeit, ihre Liebe für ihren Beruf und ihr Wille, zu helfen. Damit macht es der Film den Zuschauer:innen leicht, sich einzufühlen, zu verstehen und auch zu bewundern. 

Schulen dieser Welt (2021)

In einem Nomadenlager, begraben unter Sibiriens Schneemassen, im stickigen Buschland von Burkina Faso und auf Schulbooten in überfluteten Gegenden Bangladeschs — „Schulen dieser Welt“ erzählt von den Lehrerinnen Svetlana Vassileva, Sandrine Zongo und Taslima Akter, die eine gemeinsame Mission haben: Bildung für Kinder. Um dieses Ziel zu erreichen, stellen sie sich unglaublichen Herausforderungen. Sie unterrichten an den entlegensten Orten, ohne Einführung, ohne KollegInnen. Die Schulbildung hängt einzig und allein von ihnen ab – an Orten, die für einen ‚normalen’ Unterricht kaum zugänglich sind. Sie machen aus ihrer Mission ein wahres Abenteuer und gehen dabei weit über das bloße Unterrichten hinaus: Mit bescheidensten Mitteln bringen sie Kindern das Lesen und Schreiben bei, verhindern Minderjährigen-Ehen, stiften Frieden oder bewahren eine uralte Nomadenkultur.

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