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Mit „Something in the Dirt“ fügen Justin Benson und Aaron Moorhead ihrem gemeinsamen Œuvre einen weiteren feinsinnigen und wendungsreichen Film hinzu.

Something in the Dirt (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Something in the… Light?

Das Genrekino in den Bereichen Horror, Science Fiction und Fantasy bewegt sich oft zwischen den Kategorien Blockbuster und Direct-to-DVD: entweder ganz groß und teuer oder lächerlich klein und billig. Doch gerade im Low-Budget-Sektor gibt es nicht nur lieblos hergestellte Ramschware für den schnellen Mini-Nervenkitzel, sondern auch echte Perlen voller Kreativität. Etwa von dem US-Regieduo Justin Benson und Aaron Moorhead.

In ihrem gemeinsamen Langfilmdebüt Resolution (2012) und in ihrer übersinnlichen Lovestory Spring (2014) spielten die beiden mit dem Monströsen; in The Endless (2017) und Synchronic (2019) befassten sie sich mit dem komplexen Thema Zeitreise. Ihre neue Arbeit Something in the Dirt ist abermals eine Melange aus diversen Genre-Elementen und somit eine konsequente Weiterführung ihrer (Doppel-)Handschrift – und doch gelingt es Benson und Moorhead, sich nicht einfach zu wiederholen, sondern ein weiteres Mal mit erzählerischem Mut und Einfallsreichtum zu verblüffen.

Das Filmemacher-Gespann, das seine Werke stets auch zusammen (mit-)schneidet und (mit-)produziert, während Benson zudem noch das Drehbuch beisteuert und Moorhead zumeist noch die Kamera führt, begibt sich hier in Meta-Gefilde, indem es zwei Männer in L.A. zeigt, die ein dokumentarisches Projekt starten. Teile dieses Projekts werden wiederum in Something in the Dirt einmontiert, was immer absurdere Züge annimmt und uns bald an allem, was wir sehen und hören, zweifeln lässt.

Wie schon in The Endless agieren die beiden hier als Hauptdarsteller. Der Fotograf und einstige Mathematiklehrer John Daniels (Moorhead) hat sich nach vielen Jahren von seinem Lebenspartner getrennt; der recht orientierungslos wirkende Barmann Levi Danube (Benson) zieht neu in den Apartmentkomplex in den Hollywood Hills und hat eigentlich nicht vor, lange zu bleiben. Beide Männer sind spürbar einsam. Eine überraschende Beobachtung schweißt sie zusammen: In Levis Wohnung beginnt ein Kristall-Aschenbecher zu schweben, außerdem deuten seltsame Lichterscheinungen auf übernatürliche Phänomene hin. Ist es ein Poltergeist? Sind es extraterrestrische Wesen, die mit ihnen zu kommunizieren versuchen? Befinden sie sich womöglich gar in Lebensgefahr?

Ähnlich wie die Figuren aus Jordan Peeles Nope (2022) glauben die beiden Nachbarn, aus ihrer rätselhaften Entdeckung Profit schlagen und berühmt werden zu können. Was Something in the Dirt ebenfalls mit Peeles’ Werk verbindet, ist die facettenreiche Charakterzeichnung. Levi mutet auf den ersten Blick wie der Protagonist aus einer beliebigen Slacker- oder Kiffer-Komödie an; wir rechnen ganz selbstverständlich mit entsprechenden Sprüchen unter der Gürtellinie. Aber es kommt tatsächlich ganz anders. Und auch über John erfahren wir im Laufe des Geschehens einige unerwartete Dinge. Die anfangs so eindeutig erscheinende charakterliche Einordnung der beiden wird mit der Zeit mehr und mehr infrage gestellt.

So wie wir hier eigentlich alles infrage stellen müssen. Sind Levi und John zuverlässige Erzähler? Wie tief geraten sie – und wir unweigerlich mit ihnen – in den Sumpf von Verschwörungstheorien? Was sollen wir von den angeblichen Zeichen und Interpretationen halten? Und wo genau beginnt eigentlich der Film-im-Film? Something in the Dirt ist glücklicherweise keine pseudo-dokumentarische Found-Footage-Produktion im Stil von Blair Witch Project (1999) oder Paranormal Activity (2017); einige Versatzstücke dieser Werke werden jedoch auf clevere Art aufgegriffen und weiterentwickelt. Dadurch, dass sich Benson und Moorhead wirklich für ihre Figuren interessieren (und überdies als Schauspieler absolut überzeugen), hat das Ganze in jedem Moment auch eine emotionale Spannung. Levi und John werden nicht einfach in eine Genre-Situation geworfen, um uns zu unterhalten; sie drohen sich zu verlieren, zwischen Großstadtlärm, brennender Natur, mysteriösen Ereignissen und wilden Thesen. Das ist erschreckend aktuell – und sehr einnehmend auf die Leinwand gebracht.

Something in the Dirt (2022)

Als die Nachbarn John und Levi Zeuge übernatürlicher Ereignisse in ihrem Wohnhaus in Los Angeles werden, erkennen sie, dass die Dokumentation des Paranormalen ihrem vergeudeten Leben zu Ruhm und Reichtum verhelfen könnte.

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