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Wer einen Film im Geiste von Guy Ritchie drehen will, sollte vor allem eins haben: ein gutes Drehbuch. Doch genau da herrscht bei James Claytons Regiedebüt leider Ebbe.

Bullet Proof (2022)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Die Axt im Film erspart kein Drehbuch

Bevor Vinnie Jones Schauspieler wurde, hatte er bereits eine überaus erfolgreiche Karriere (weitgehend) hinter sich. Der Brite spielte lange Jahre als Profi in der ersten englischen Liga (als Verteidiger) und erarbeitete sich mit robustem Spiel und nicht weniger als 13 Platzverweisen den Spitznamen „die Axt“. Es ist also nur folgerichtig, dass auch seine Rollen meist wenig sympathische Charaktere waren. So wurde er Filmfans als Big Chris in „Bube, Dame, König, grAS“ und Bullet Tooth Tony in „Snatch“ bekannt – beides keine angenehmen Zeitgenossen. Seitdem spielte der Brite viele weitere Schurken – wie auch in seinem neuesten Film „Bullet Proof“.

Allerdings nimmt er hier nur eine Nebenrolle ein, die Hauptfigur des Films ist ein namenlose Dieb. Den spielt Regisseur James Clayton, der gemeinsam mit Nebendarsteller Danny Mac auch das Drehbuch schrieb. Die Story, die ihnen dabei eingefallen ist, zeigt sich überschaubar.

Ein Dieb (Clayton) überfällt heimlich das Drogengeld-Versteck des Mafiabosses Temple (Jones) und erleichtert ihn um Millionen. Obwohl er dabei entdeckt wird, kann er knapp im Wagen eines Gangmitglieds entkommen. Als er später anhält, um seine im Kampf davongetragenen Wunden zu versorgen, stößt er im Kofferraum des Autos auf eine hochschwangere Frau, die sich als Gattin von Temple entpuppt. Und die will ebenfalls so weit von Temple weg wie möglich. Doch der hetzt dem unfreiwilligen Duo eine ganze Armada auf den Hals …

Bullet Proof hält mit seinen Vorbildern nicht hinter dem Berg. Die Grundidee klingt verdächtig nach The Transporter, auch wenn Clayton keine derart ausgefeilten Actionsequenzen vorweisen kann wie Louis Leterrier – weder als Regisseur noch als Hauptdarsteller. Trotzdem sind die zumindest ordentlich choreographierten und gut geschnittenen Prügeleien und Verfolgungsjagden noch das Beste am Film.

Schwieriger wird es schon bei der Tonalität. Denn Bullet Proof möchte gern die Coolness eines The Gentlemen oder Snatch verbreiten. Nur fehlen dem Drehbuch dafür so gut wie alle Elemente, die einen Guy-Ritchie-Film eben so cool machen. Das Zusammenspiel aus Schnitt und Musik beispielsweise. Oder die Dialoge, denen eben jene Lässigkeit und jener Wortwitz abgehen, die Ritchies Filme so besonders machen. Und letztlich auch die Schauspieler. Denn James Clayton ist kein Matthew McConaughey oder Charlie Hunnam, und Newcomerin Lina Leconte ganz sicher keine Michelle Dockery.

Dass Claytons Film in vielen Belangen nicht mithalten kann, liegt sicher auch am Budget, das offenbar bereits beim Drehbuchschreiben mit eingeplant wurde. Ein guter Teil des Films spielt auf Schrottplätzen und Straßen, ohne dass die Autoren dafür originelle oder wenigstens interessante Inhalte gefunden hätten. So ist es mal der Zufall, der die Story am Laufen hält, mal sind es wenig nachvollziehbare Sinneswandel. Im Vergleich zu den verschachtelten, gut durchdachten Storys von Ritchie ziehen Clayton und seine Co-Autoren klar den Kürzeren. Charakterzeichnungen, Motive oder auch ein wenig Hintergrund für die eine oder andere Entscheidung – hier gibt es nichts davon.

Es ist außer oft an den Haaren herbeigezogenen Gewaltausbrüchen nichts von einer Struktur oder einer Idee zu sehen, die Bullet Proof über das Niveau eines B-Movie-Actionfilms hebt. Ähnliche Filme mit bekannteren Namen als Vinnie Jones landen gleich auf dem Heimkino-Markt, warum dieser Film es in die Kinos geschafft hat, bleibt ein kleines Rätsel.

Immerhin punktet Bullet Proof mit einem sympathischen Hauptdarsteller, einem angemessen fiesen Bösewicht und ansehnlicher Action. Mehr ist allerdings nicht zu holen. Daher mag der Film für Actionfans noch akzeptabel sein, wer auf eine coole Gangstersaga mit Humor und schrägen Figuren gehofft hat, wird aber enttäuscht.

Bullet Proof (2022)

Ein Gauner will den Drogenbaron Temple ausrauben. Während sein Plan zunächst problemlos zu funktionieren scheint, treten mit der Zeit immer mehr Probleme auf. Plötzlich wird der Gauner von einem Killer verfolgt.

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