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Albert Dupontel setzt in „Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten!“ auf absurden Witz und das empathische Spiel seiner Hauptdarstellerin Virginie Efira.

Was dein Herz dir sagt - Adieu ihr Idioten! (2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Keine Zeit mehr!

Der französische Autorenfilmer Albert Dupontel, der insbesondere in seiner Heimat auch als Komiker und Schauspieler bekannt ist, bezeichnet sein neues Werk „Was dein Herz dir sagt – Adieu ihr Idioten!“ selbst als „eine burleske Tragödie“. Als Vorbilder nennt er Terry Gilliam und die übrige Monty-Python-Truppe; gewidmet ist sein Film dem Anfang 2020 verstorbenen Mitglied Terry Jones.

Und tatsächlich lässt sich hier einiges von dem Irrwitz finden, der in den Sketchen und Leinwandausflügen der Gruppe stets zum Vorschein kommt und sich in Gilliams ambitionierter Groteske Brazil (1985) in surrealistische Höhen schwingt. Darüber hinaus lässt der kühn konstruierte Plot an das wilde US-Komödienkino der 1980er Jahre denken, etwa an Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone (1986) des Trios Zucker, Abrahams & Zucker mit Bette Midler und Danny DeVito oder an Garry Marshalls Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser (1987) mit Goldie Hawn und Kurt Russell, in denen die absurdesten Geschehnisse durch das Comedy-Talent der Besetzung und durch deren charmantes Spiel überraschend gut zusammengehalten werden.

Zu Beginn von Was dein Herz dir sagt erfahren wir gemeinsam mit der Protagonistin Suze Trappet (Virginie Efira), dass diese nicht mehr lange zu leben hat. Der Arzt (Bouli Lanners) erklärt der 43-jährigen Friseurin, dass das viele Haarspray, dem sie in ihrem Job ausgesetzt war, zu einer Autoimmunerkrankung geführt hat. Während der Mediziner noch mit seinen Ausführungen beschäftigt ist, hat Suze schon in Windeseile den Raum verlassen. Eine solche Situation wiederholt sich kurz darauf in einem anderen Szenario. Darin wird der circa 50 Jahre alte Computer-Nerd und Sicherheitsexperte Jean-Baptiste Cuchas alias JB (verkörpert von Albert Dupontel selbst) mit der Tatsache konfrontiert, dass er nicht die erhoffte Beförderung erhält, sondern sein Wissen stattdessen an die jüngere Generation weitergeben soll. Auch JB meint, nach dieser Demütigung nun wirklich keine Zeit mehr verschwenden zu müssen, und entfernt sich prompt aus dem Chefzimmer.

Als Suze gerade die Behörde aufsucht, in der JB bisher tätig war, richtet dieser dort ungewollt ein riesiges Chaos an und wird fortan polizeilich verfolgt. Suze hat JB jedoch gekidnappt und versucht, ihn zu erpressen: Wenn er ihr hilft, die Akte über ihren Sohn zu besorgen, den sie vor 28 Jahren zur Adoption freigeben musste, will sie zu seinen Gunsten aussagen. Bald schließt sich dem Duo noch der erblindete Archiv-Mitarbeiter Monsieur Blin (Nicolas Marié) an. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Seine wirkmächtigsten Momente hat Was dein Herz dir sagt, sowohl auf dramaturgischer als auch auf visueller Ebene,  wenn die Geschichte um Suze im Fokus steht. Das liegt einerseits am Einfühlungsvermögen der zuverlässig souveränen Virginie Efira (Sibyl – Therapie zwecklos). Und andererseits an den zahlreichen Ideen, mit denen Dupontel die Vergangenheit und die Entwicklung der Figur in Szene setzt. In einer (alb-)traumhaft gestalteten Rückblende sehen wir im Schnelldurchlauf, wie die jugendliche Suze (gespielt von Joséphine Hélin) im Punk-Outfit unbekümmert mit einem Jungen tanzt, plötzlich schwanger ist, sich die Vorwürfe ihrer Eltern anhören muss, im Krankenhaus liegt, Adoptionspapiere vor die Nase gehalten bekommt und sich schließlich direkt nach der Geburt schweren Herzens von ihrem Kind zu trennen hat. Eine Filmminute, in die ein knappes Jahr an Drama gepackt wurde. Mit ihrem jüngeren Ich bleibt Suze im weiteren Verlauf des Films in Verbindung. Und auch die erste Begegnung zwischen Suze und dem ahnungslosen, inzwischen erwachsenen Adrien (Bastien Ughetto) ist gelungen eingefangen.

Nicht jeder Gag in dieser schwarzen Tragikomödie vermag zu funktionieren. Die von Dupontel und seinem Chefkameramann Alexis Kavyrchine erfasste Stadt bei Nacht, die im Studio vor einem Green Screen zum Leben erweckt wurde und dadurch etwas Märchenhaftes ausstrahlt, bietet indes eine dankbare Kulisse – vor allem im Finale, in dem eine wüst eingefädelte Verkupplungsaktion in einem Wolkenkratzer Adrien und seinen heimlichen Schwarm Clara (Marilou Aussilloux) zusammenbringen soll. Dazwischen feuert das Werk ein paar Spitzen gegen die Bürokratie ab und schafft es, dass wir über weite Strecken mit diesen verzweifelten Figuren mitfiebern.

 

 

 

Was dein Herz dir sagt - Adieu ihr Idioten! (2020)

Was dein Herz dir sagt — Adieu ihr Idioten! erzählt die Geschichte eines völlig ungleichen Trios, bestehend aus der Friseurin Suze, dem Computernerd JB und dem blinden Archivar Mr. Blin. Die drei begeben sich auf eine ebenso unwahrscheinliche wie aufregende Suche nach Suzes Sohn, während sie selbst von der Polizei gejagt werden…

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