Stimmen vom Feuer (2022)

„Und wenn ich morgen sterbe, dann ist es auch egal.“ Wie schrecklich müssen die Umstände sein, damit man zu einer solchen Einschätzung kommt? Moderner Menschenhandel und Zwangsprostitution sind globale Phänomene der Entmenschlichung in unserer scheinbar aufgeklärten Zeit. Über eine Million Menschen, vor allem Frauen und Mädchen, werden jährlich in diese zeitgenössische Form der Sklaverei getrieben. Auch in Deutschland! Für „Stimmen vom Feuer“ ist Helen Simon jahrelang durch die Welt gereist, hat recherchiert und mit unzähligen Opfern gesprochen. Drei Frauen, die durch die Hölle gegangen sind, erzählen ihre Geschichte, zwei von Ihnen begleitet Simon bei ihrem mutigen Kampf um Würde, Gerechtigkeit und eine längst überfällige Veränderung. (Quelle: DOK.fest München 2022).

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Meinungen

TomTantra · 27.08.2022

Menschenhandel ist scheußlich, aber das Nordische Modell ist nicht die Antwort. Ich kenne zig Damen, die freiwillig und gerne arbeiten (nicht als Kunde, sondern Kollege). Ich bin seit 15Jahren Sexarbeiter, und immer noch happy mit dem Job. Ich habe viele verschiedene Jobs gehabt in meinem Leben, Forschung, Gastro, Pflege,, Buchhaltung, Einzelhandel, und Sexarbeit/Massage ist der Job der mich am meisten erfüllt, und mir die größte Flexibilität ermöglicht.
Also Fazit, Menschenhandel bekämpfen (in egal welcher Branche), aber bitte nicht eine ganze Branche verteufeln! Danke!

Thomas · 26.08.2022

Leider scheint auch dieser Film nicht zwischen Zwangsprostitution und selbstbestimmter Sexarbeit zu differenzieren. Was würde es für einen Aufschrei geben, wenn zwischen Zwangsarbeit und Lohnarbeit nicht unterschieden werden würde. Oder wenn die Kriterien für Zwangsarbeit so definiert würden, wie bei Zwangsprostitution - wer es macht, weil er für seinen Lebensunterhalt bestreiten muss und auf das Geld angewiesen ist, wäre dann Zwangsarbeiter.

Mara Huschke · 26.08.2022

Simplifizierte, plakative Bilder haben eine beklemmende Erfolgsgeschichte, deshalb werden sie immer wieder benutzt. So auch hier.
Drehen wir die Uhr um 100 Jahre zurück, dann wäre dies ein Film über Alkohol, und drei Alkoholiker*innen würden berichten, wie sie süchtig wurden und durch den Alkohol in der Gosse landeten. Klarer Fall, dass dagegen unbedingt etwas unternommen werden muss: die Prohibition! Heute wissen wir es besser und genießen den Rotwein zum Mittagessen und den Sekt zum Geburtstag TROTZ der Alkoholiker.
Mit der Prostitution ist es genau das gleiche. Dieser Film täuscht darüber hinweg, dass Prostitution (= der Verkauf von sexuellen Handlungen aller Art zwischen Menschen aller Geschlechter) zuallererst mal eine Möglichkeit ist, mit geringstem Aufwand maximal viel Geld zu verdienen. 150 Euro pro Stunde sind normal, 250 Euro keine Seltenheit.
In Großbritannien finanzieren 70.000 Studierende ihr Studium durch gelegentliche Prostitution, in Deutschland vermutlich 100.000. Die meisten Frauen machen heimliche Haus- und Hotelbesuche, die Männer (auch Heterosexuelle!) suchen Kunden in Schwulenkneipen. Weit entfernt vom Rotlichtmilieu und Zuhälterei, meist ohne das Wissen ihrer Eltern und Freunde. Und auch ohne das Wissen von Behörden und Finanzamt, stecken sie das erhaltene Geld zu 100% in die eigene Tasche. Und weil alles so geheim ist (jede Kenntnis in der Öffentlichkeit könnte ihre Karriere in dem angestrebten Beruf gefährden), kommen diese Prostituierten niemals der Polizei oder gar Filmemachern unter die Augen. Deshalb kann man so leicht und bequem tun, als ob es diese großen Zahlen von freiwilligen und selbstbestimmten Prostituierten gar nicht gäbe.
Das Sexkaufverbot nach dem Nordischen Modell wird mit Realitätsverzerrungen und Zahlenspielereien durchgeboxt. Und wie damals wird ein einseitiges Bild in die Köpfe der Menschen gehämmert. Doch ohne Scheuklappen betrachtet, ist Prostitution viel viel mehr als nur "bezahlte Vergewaltigung", wie es Sexkaufgegner*innen so primitiv und billig formulieren. Was haben erotische Massagen mit Gewalt zu tun? Wenn eine Rollstuhlfahrerin einen Mann dafür bezahlt, dass er sie im Pflegeheim besucht und Sex mit ihr hat - wer vergewaltigt da wen? Warum will das Nordische Modell diese Frau kriminalisieren?

Jörg, ZEROMACHO · 24.10.2022

Ja natürlich, es muss die Rollstuhlfahrerin herhalten, um das derzeitige System als plausibel und menschlich hinzustellen. Als ob das Heer der Freier alle Rollstuhlfahrer sind, die Glück, viel Geld und lauter Menschlichkeit bringen. Zum Glück mehren sich die Studien, die besagen, dass der rechtliche Schutz der Menschen, die in der Prostitution arbeiten, nicht sehr groß ist und es zu umfangreichen Menschenrechtsverletzungen kommt. Der Traum vom schnell verdienten Geld ist schnell ausgeträumt, wenn Zuhälter und Bordellbesitzer ihren Löwenanteil abziehen und die Abhängigkeiten vergrößern und stabilisieren. Ausreichende Zwangs- und Gewaltmaßnahmen machen viele zu Freiwilligen. Das Nordische Modell fokussiert sich auf die, die in der Regel die Gewaltbereiten sind und dafür sorgen, dass ihnen nichts nachgewiesen werden kann: Freier, Zuhälter und Bordellbesitzer. Das Nordische Modell sorgt auch für Ausstiegshilfen und Unterstützung, um aus diesem System rauszukommen. Kein Mensch soll einen gegen seinen Willen anderen kaufen dürfen.