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Eine vorlaute Zahnfee, ein unglückliches Mädchen, Umweltschutz und jede Menge Chaos – das sind die Zutaten für einen Animationsfilm, der Spaß und eine gute Botschaft verspricht. Doch löst er dieses Versprechen auch ein?

Meine Chaosfee & Ich (2022)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Umweltschutz und Feenzauber

Gesellschaftlich relevante Themen kommen und gehen in Wellenbewegungen. Zurzeit schwimmen ökologische Stoffe obenauf. Selbst in Zeichentrickfilme schwappen sie. In ihrem ersten abendfüllenden Animationsfilm verschränkt die Regisseurin Caroline Origer Umweltschutz mit Feenzauber. Das Ergebnis ist allerdings nicht magisch, sondern mager.

Die Ausgangsidee von einer vorlauten Fee, die auf ein Mädchen trifft, das sich in seiner neuen Umgebung nicht wohlfühlt, hatte die Produzentin Maite Woköck schon vor 13 Jahren. Erst als Serie angedacht, wurde aus der Idee sukzessive ein Film, der im März 2020 schließlich in Produktion ging. Zwei Jahre Corona-erschwerter Bedingungen später kommt er mit prominenten Stimmen in die Kinos.

Jella Haase spricht die Zahnfee Violetta, Lisa-Marie Koroll das Mädchen Maxie. Die zieht mit ihrer Mutter vom Haus am See in die große Stadt, deren Stahl- und Glastürme sich dicht gedrängt in aberwitzige Höhen schrauben. Der Stilmix aus skandinavisch angehauchter Altstadt und US-Innenstadt kann sich wie der Rest des Films sehen lassen. Im Haus von Mutters neuem Freund Amir und dessen zwei Söhnen fühlt sich Maxie fehl am Platz. Sie vermisst die Natur und kann sich anfangs selbst für Amirs Umweltschutz nicht erwärmen. Der kämpft für den Erhalt eines uralten Baumes. Sein größter Widersacher ist ein schmieriger Immobilienhai, der das Grundstück, auf dem der Baum steht, dem Erdboden gleichmachen will, um Neubauten hochzuziehen.

Hier kommt nun Violetta ins Spiel, die sich aus ihrer Feenwelt in die Welt der Menschen gemogelt hat, dort ordentlich Chaos stiftet und nur über ein Portal in dem uralten Baum zurückgelangen kann. Die Zeit drängt, denn je länger Violetta in der Menschenwelt verweilt, desto mehr verwandelt sie sich in eine Pflanze. Und dann ist da ja noch der Immobilienmann, der den Baum lieber heute als morgen fällen möchte.

Über die Jahre hinweg erfuhr das Drehbuch dieser deutsch-luxemburgischen Koproduktion mehrere Fassungen, und das ist ein Problem. Darin finden sich viele überflüssige Elemente wie folgendes, auf das die Produzentin ausdrücklich pochte: „Als Mädchen stellte ich mir vor, ein fremdes Wesen würde in meinem Puppenhaus leben. Immer wieder war das Puppenhaus im Lauf der Jahre ein Element, das anderen verzichtbar erschien. Ich habe aber darauf bestanden, dass es im Film bleiben und Violetta sich darin aufhalten muss!“ Dumm ist nur, dass die kleine Fee im fertigen Film in so wenigen Szenen in besagtem Puppenhaus zu sehen ist, dass sich nach dem Kinobesuch kaum jemand daran erinnern wird. Wenn schon, dann hätte diese auf dem Papier durchaus nette Idee eines Häuschens in einem Haus, in dem ein kleines Zauberwesen haust, ordentlich ausgebaut gehört. So bleibt sie eines von vielen kleinen Details, die keine Rolle spielen und die Handlung nicht voranbringen.

Geht es nach Woköck, dann kommt es aber ohnehin weniger auf die Handlung und mehr auf die handelnden Charaktere an. „Bei uns kamen die Figuren zuerst. Es geht immer um die beiden Heldinnen. Sie waren zuerst da, die Geschichte ist ihnen gefolgt“, sagt die Produzentin. Doch ausgerechnet hier hat der Film sein größtes Problem. Beim Versuch, ganz klassisch von zwei Außenseiterinnen zu erzählen, die sich aufgrund ihres Status zusammenraufen und ihn dadurch überwinden, vergisst das Drehbuch ein klassisches Grundprinzip: Die Underdogs müssen sympathisch sein, damit sich das Publikum mit ihnen identifizieren kann. Doch ausgerechnet die titelgebende Chaosfee ist eine so unsympathische Figur, wie man es eigentlich nur von Antagonisten, aber nicht von Protagonisten kennt. 

Faul, verfressen und vorlaut wehrt sich Violetta beständig gegen den Vorwurf, nicht dumm zu sein, nur um im nächsten Moment eine unbedachte Tat an die nächste zu reihen. Nicht aus Zerstreutheit, Blauäugigkeit oder ähnlich mildernden Umständen, sondern aus purem Egoismus. Hätte die Fee dabei wenigsten Witz, ein Herz oder wäre sie umwerfend komisch (ob ironisch, verschmitzt oder gar sarkastisch spielte im Grunde überhaupt keine Rolle), dann würde ihre Figur womöglich funktionieren. Als sie endlich ihr Herz entdeckt, ist es jedoch reichlich spät. Bis dahin bleibt sie leider unglaublich takt- und kein bisschen selbstlos. Für einen gelungenen Animationsspaß ist das zu wenig.

Meine Chaosfee & Ich (2022)

Violetta, eine neugierige und vorlaute Fee, die leider nur das Falsche zaubern kann, verirrt sich in der Menschenwelt. Um ihren Weg zurück zur Feenwelt zu finden verbündet sie sich mit dem Menschenmädchen Maxie und entdeckt ihre wahre Natur.

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