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Im Kriegsdrama „Rebel – In den Fängen des Terrors“ setzen sich Adil El Arbi und Bilall Fallah mit dem sogenannten Islamischen Staat auseinander. Sie nehmen uns mit in die umkämpfte syrische Stadt Raqqa und das Brüsseler Stadtviertel Molenbeek im Jahr 2014.

Rebel - In den Fängen des Terrors (2022)

Eine Filmkritik von Stephan Fasold

Der Zerfall einer Familie

Wir alle erinnern uns an den Vormarsch des sogenannten Islamischen Staates, der in den Jahren zwischen 2014 und 2016 das Chaos des syrischen Bürgerkrieges nutzte und damals große Gebiete in Syrien und dem Irak unter seine Kontrolle bringen konnte. Teil des Terrorapparates der Organisation waren Exekutionsvideos, die gezielt über das Internet verbreitet wurden. „Rebel“ beginnt mit einem solchen Video und der Frage, wie sich junge Männer dermaßen radikalisieren und sich rücksichtslos und barbarisch gegenüber anderen Menschen verhalten können.

Vorneweg sei gesagt, dass Rebel keineswegs die Grenze überschreitet, den Zuschauer*innen diese Exekutionen oder Grausamkeiten, wenn auch nur als filmische Fiktion, aus der Nähe zu zeigen. Der Film verzichtet auf die exploitative Darstellung der Grausamkeiten des sogenannten Islamischen Staates, sondern legt viel mehr Wert darauf, sich in tristen Bildern an die Realität der Verbrechen anzunähern.

Inspiriert durch eine (oder viele) wahre Geschichte(n), die sich zwischen 2014 und 2016 ereignete(n), schneidet der Film nach der heftigen Eröffnungsszene in die belgische Hauptstadt. Wir lernen den jungen Mann Kamal (Aboubakr Bensaïhi) kennen, der mit seiner Mutter Leila (Lubna Azabal) und seinem jüngeren Bruder Nassim (Amir El Arbi) im Stadtviertel Molenbeek lebt. Kamal liebt das Singen und produziert mit seinen Freunden Rapvideos, in denen die Perspektivlosigkeit der marokkanischen Einwanderer des Viertels zum Ausdruck kommt. Das Fernsehprogramm ist bestimmt von Bildern aus dem syrischen Bürgerkrieg, die Kamal schließlich nach einem Zwischenfall mit der Polizei dazu bringen, nach Syrien zu reisen und sich als Helfer für Verletzte zu betätigen. Es dauert nicht lange, bis der sogenannte Islamische Staat wie eine Naturgewalt über die Städte fegt und sich alle Menschen einverleibt. Die Männer werden zwangsrekrutiert und in den Kampf geschickt, die gefangenen Frauen werden als Sklavinnen gehandelt. Kamal kann sich zunächst dem Dienst an der Waffe verwehren, da er angibt, gut mit der Kamera umgehen zu können. Von nun an dreht er für die Terroristen Propagandavideos. Währenddessen ist seine Familie in Brüssel als ‚Terrorfamilie‘ stigmatisiert und wird gesellschaftlich ausgegrenzt. Der junge Nassim wird so ein leichtes Ziel für die radikalen Hassprediger, die auch in Molenbeek nach neuen Rekruten suchen.

Die beiden Filmemacher Adil El Arbi und Bilall Fallah schaffen es, eine albtraumhafte, teilweise gar surreale Stimmung aufzubauen, wenn etwa ein komplettes Filmset aufgebaut ist, um ein blutiges Propagandavideo zu drehen, oder wenn sich die Terroristen trotz der strengen Regeln diversen Rauschmittel hingeben. Außerdem brilliert der Film durch präsente und vielschichtige Frauenfiguren, wie Kamals Mutter Leila oder seine ihm in Syrien zugewiesene Ehefrau Noor (Tara Abboud).

Das außergewöhnlichste Element in Rebel sind aber Sequenzen, die wie Musikvideos anmuten und in denen die Charaktere ihren Gedanken und Gefühlen Ausdruck verleihen. So geht beispielsweise am Anfang des Films ein Monolog fließend in Gesang über und währenddessen verwandelt sich der Imbiss, in dem Kamal sitzt, in einen Dancefloor und dann in ein Kriegsgebiet. Die Gesangsparts sind aufwendig in Szene gesetzt und fungieren zum einen als visueller Kontrast zum Kriegsgrauen und zum anderen als Mittel des Empowerments für die Figuren.

Rebel nimmt die Zuschauer*innen mit hinter die Grenzen des sogenannten Islamischen Staates, als dieser in den Jahren 2014-2016 seine größte Ausbreitung erreichte, und zeigt dabei die Funktionsweise der Terrormaschinerie rund um Propaganda und Bürokratie auf. Ein Wermutstropfen ist, dass die Regisseure sich nicht vollkommen den Genrekonventionen eines Actionthrillers entziehen können. Die eingestreute Verfolgungsjagd mit Schusswechsel sowie das dramatische Ende wirken aufgesetzt. Trotz einiger actionreichen Sequenzen wird der Krieg in Rebel aber niemals glorifiziert. Die größte Leistung von Adil El Arbi und Bilall Fallah ist indes, dieses Stück Zeitgeschichte endlich aus Sicht von Muslimen zu erzählen und dabei auf simple Schwarzweißmalerei zu verzichten.

Rebel - In den Fängen des Terrors (2022)

Als Kamal beschließt, sein Leben endlich in die Hand zu nehmen und zum Besseren zu wenden, verlässt er Belgien und geht nach Syrien, um dort Kriegsopfern zu helfen. Doch kaum ist er dort angekommen, wird er dazu gezwungen, sich einer Miliz anzuschließen und strandet schließlich in Raqqa. Währenddessen wird zuhause sein jüngerer Bruder Nassim zu einer leichten Beute für islamistische Rekrutierer, die ihm versprechen, dass sie dafür sorgen können, dass er seinen Bruder wiedersieht. Seine Mutter Leila hat fortan nur noch eine Sorge — den jüngsten Sohn vor Unheil zu bewahren. 

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Meinungen

Mariam · 10.03.2023

Guten Morgen,
Gibts den Film auch auf deutsch, oder mit einem deutschen Untertitel.

Liebe Grüße