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Thrash Metal: laut, aggressiv, böse – und absolut geil. Seit Anfang der 1980er hat sich eine deutsche Thrash-Szene gebildet, und Daniel Hofmann zeigt in Total Thrash – The Teutonic Story die Protagonisten, die Historie, die Fans, das Drumrum: für Insider, Einsteiger, Außenstehende höchst sehens- und hörenswert.

Total Thrash - The Teutonic Story (2022)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Thrash Metal wird gerne falsch geschrieben. Es ist nicht „Trash Metal“, sondern: schnell, laut, aggressiv – ein Verdreschen der Instrumente und ein Verdreschen des Publikums, in die Fresse und dann ’n Arschtritt hinterher. Sodom, Kreator, Destruction, Tankard, Holy Moses – in den frühen 1980ern etablierte sich eine deutsche Szene, ausgehend von Slayer, ausgehend von Motörhead, die wegweisende Alben veröffentlichten. Die Musiker waren Fans, die nun auch diese Musik machten – im Ruhrgebiet, in Frankfurt, in Weil am Rhein begann die Ära des teutonischen Thrash. Und Daniel Hofmann geht nun diesem Phänomen in seinem Dokumentarfilm nach.

Hofmann, geboren 1985, fand sich in seiner Jugend ein in diese Musik. Wurde Fan, arbeitete sich zurück an die Anfänge, in die Musik vor seiner Geburt. Etablierte ein Metal-Festival im Sauerland, etablierte ein Metal-Magazin, etablierte eine Menge Kontakte in die Szene – und nahm irgendwann eine Kamera und ein Mikrofon und begann zu filmen. Mehr oder weniger als Privatprojekt, von Förderern abgelehnt, von der Leidenschaft getrieben: Und er brachte so ziemlich alle vor die Kamera, ließ sie erzählen von den Anfängen, von der Krise in den 1990ern, von einem langsamen, stetigen Wiederaufstieg des Thrash-Genres aus und in deutschen Landen. Thrash war ja nie tot, zwischendurch vielleicht nur etwas muffelig.

Die Gründerjahre porträtiert Total Thrash ausführlich – die Grundlage für alles danach Kommende, die Maloche im Ruhrgebiet, die schlechte Luft, das Leben zwischen Arbeit, Essen, Schlafen; so wie die New Wave of British Metal in Birmingham geschmiedet wurde, so wurde deutsches Metal im Ruhrpott gestählt – doch nicht nur da, überall poppten die Metalheads auf, aus Fans wurde Musik, oder Party, oder beides. Fans der ersten Stunde erinnern sich an legendäre Feiern unter Autobahnbrücken, an das Teilen von Musikkassetten, an die Vernetzung der Szene lange vor Handy und Internet. Ein besonders interessanter Abschnitt des Films behandelt die Thrash Metal-Szene der DDR, die dortigen Bands, die dortigen Fans, die dortigen Hochburgen – und die merkwürdigen Verwaltungsrituale, bei denen die Musiker vor einer Jury parteieigener Kulturbeauftragter ihre Kunst vorführen musste, immer mit dem Risiko, dass sie in den Augen des Staates gar keine Kunst machen. Um dann vielleicht doch überraschend in die oberste Kategorie der Auftrittserlaubnisscheine zu geraten, weil mehr oder weniger zufällig ein Lied Bomben, Krieg und Verwüstung thematisierte …

„Evil“ und „Death“ musste immer in den Songs vorkommen, erklärt einer der Veteranen; Vertreter der neuesten Thrasher-Generation zählen auf: Nuklearkatastrophe und Gerechtigkeit, Selbstfindung, H.P. Lovecraft, griechische Mythologie, Science Fiction – und natürlich Party und Saufen: Die Themen der Thrash-Songs sind so vielfältig wie die Bands und wie deren Locations – Hofmann ist durch die ganze Republik gereist, um ein volles filmisches Panorama von Musikern und Fans zu schaffen, inklusive dem Besuch einer Merch-T-Shirt-Druckerei und einem Gang durch einen Tourbus – und natürlich mit Konzertmitschnitten. Davon gibt es aus den Gründerjahren verständlicherweise nicht allzu viele …

Was ein wenig fehlt, ist ein Abgrenzen: Ein Abgrenzen des Thrash Metals von anderen Metal-Kategorien wie Speed oder Black, ein Spezifizieren auch, was vielleicht den deutschen vom angloamerikanischen Trash Metal unterscheidet – oder auch die jüngere Generation von den Älteren. Aber vielleicht wäre dies auch zu viel geworden, immerhin ist dies tatsächlich die erste Doku, die sich mit diesem Phänomen in Deutschland befasst: Was ja längst überfällig war, denn seit es Metal gibt, gibt es Metalheads in Deutschland, und seit es Jugend gibt, gibt es Schülerbands, die sich darin versuchen. Manche von ihnen werden groß, manche auch international erfolgreich – und nun müssen die Neuen die Alten so langsam ablösen. Die Geschichte des Teutonen-Thrashs geht weiter. Mit Total Thrash beginnt die Geschichtsschreibung.

Total Thrash - The Teutonic Story (2022)

Der Dokumentarfilm „Total Thrash — The Teutonic Story“ zeigt in drei Kapiteln die Entwicklung des musikalischen und kulturell extrem einflussreichen Genres „Thrash Metal“ in Deutschland. Der Fokus des Films spielt dabei in der Keimzelle des Genres — dem Ruhrpott. Hier wollten viele Jugendliche Anfang der 80er Jahre aus der vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen „ausbrechen“ und ihren eigenen Lebensweg finden. Die Welt war zu dieser Zeit oftmals trist und von vielen sozialen Problemen geprägt. Die Flucht der Jugendlichen endete in der Musik. 

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