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Inspiriert von eigenen Erlebnissen schildert Schauspieler Channing Tatum in seinem Regiedebüt, wie ein traumatisierter Veteran und ein angeschlagener Vierbeiner auf einer Reise zueinanderfinden. Versuche, die übliche Feel-Good-Mechanik zu durchbrechen, sind leider nicht entschlossen genug.

Dog (2022)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Ex-Soldat als Hundechauffeur

Ein letzter großer Roadtrip mit seinem eigenen sterbenskranken Hund inspirierte Channing Tatum, so gab der US-Schauspieler in diversen Interviews zu Protokoll, zu seiner ersten Arbeit als Regisseur, die er zusammen mit seinem langjährigen Weggefährten Reid Carolin inszenierte. Anders als bei der Reise des „Magic Mike“-Darstellers steht im Zentrum von „Dog – Das Glück hat vier Pfoten“ allerdings nicht ein Abschied, auch wenn ein solcher ebenfalls eine Rolle spielt. Das Herz des Films bildet vielmehr die Annäherung zwischen einem traumatisierten Soldaten und einer ebenfalls in Kampfregionen eingesetzten Belgischen Schäferhündin. Eine Konstellation, die klassische Buddy-Mechanismen zu sprengen verspricht. Am Ende vermisst man aber eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Schäden, die beide Hauptfiguren durch ihre Kriegserfahrungen davongetragen haben.

Dass seine Seele gelitten hat, verdrängt der frühere Army Ranger Jackson Briggs (Tatum) bestmöglich. Frustriert über seine Arbeit in einem Fast-Food-Restaurant, bemüht er sich händeringend um eine Rückkehr in den militärischen Dienst. Seine Bitten stoßen allerdings auf taube Ohren. Als ein ehemaliger Kamerad verstirbt, wird Jackson plötzlich zu seinem alten Stützpunkt beordert. Statt der erhofften neuen Aufgabe im Ausland wartet auf ihn jedoch nur ein Job als Chauffeur und Aufpasser. Lulu, die Hündin, mit der der Tote zahlreiche gefährliche Missionen überstanden hat, soll zur Trauerfeier nach Arizona transportiert und anschließend auf einer Armeebasis eingeschläfert werden. Seit dem Ableben des Herrchens ist es nämlich niemandem gelungen, das mittlerweile aggressive Tier zu bändigen. Obwohl er eigentlich keine Lust auf diesen Spezialauftrag hat, packt Briggs Lulu in seinen Ford Bronco und startet zu einer – natürlich keineswegs geradlinigen – Fahrt entlang der Pazifikküste.

Channing Tatum mag in vielen Filmen, nicht anders hier, seinen athletischen Körper zur Schau stellen. Wer seinen bisherigen Werdegang verfolgt hat, weiß aber, dass er mehr zu bieten hat als Muskeln und gutes Aussehen. Vor allem das auf wahren Begebenheiten beruhende Sportler- und Psychodrama Foxcatcher aus dem Jahr 2014 beweist, dass er tiefere Charakterschichten erforschen kann. Seine darstellerische Leistung gehört zweifellos auch zu den Stärken von Dog. Die Herausforderung, wachsende Vertrautheit zu einem Hund aufzubauen, meistert Tatum, so scheint es, mit Leichtigkeit.

Das Buddy-Gespann im Mittelpunkt ist sympathisch. Von Anfang an drückt man den beiden die Daumen, dass sie zueinanderfinden. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn sich das Roadmovie etwas beherzter von Genreregeln freigemacht hätte. Die Tatsache, dass Jackson und Lulu Versehrte sind, die aufs Abstellgleis geraten, eröffnet eigentlich die Chance, die Geschichte in unerwartete, auch schmerzhafte Richtungen zu lenken. Hier und da wagen Tatum und Koregisseur Reid Carolin, aus dessen Feder das Drehbuch stammt, durchaus den Versuch, das gerade im US-Kino oft heroisierte Leben von Soldat*innen kritisch zu hinterfragen und das Dilemma der nicht selten seelisch schwer angeschlagenen Kriegsheimkehrer*innen ins Blickfeld zu rücken. Dabei neigt der Film aber zu eher plakativen Beschreibungen. Beispielsweise wenn Briggs auf einen anderen Veteranen trifft, der sich in ein Familienidyll gerettet hat, das fast zu schön ist, um wahr zu sein. Die durch Jacksons posttraumatische Belastungsstörung ausgelösten Anfälle wirken wie hastig in die Handlung hineingezwängt und vermitteln nur bedingt das Ausmaß seines Leidens.

Dass potenzielle Ecken und Kanten größtenteils abgeschliffen werden, verrät im Grunde schon der deutsche Untertitel, der den erbaulichen Aspekt, die Feelgood-Stimmung unmissverständlich in den Vordergrund stellt. Routiniert spult Dog das bekannte Roadmovie-Programm ab, bestehend aus turbulent-skurrilen Verwicklungen, gerne auch mal gewürzt mit regionalen Klischees, malerischen Landschaftsbildern und eingängigen Musikstücken. Gelegentlich findet der Film zu ehrlich berührenden Tönen. Nicht wenige Momente fühlen sich allerdings etwas formelhaft und mechanisch an. Am meisten trifft dieses Urteil auf Jacksons Familienhintergrund zu, der derart halbherzig angerissen wird, dass man ohne jeglichen Verlust auf ihn verzichten könnte. Unter dem Strich ist Tatums Regiedebüt kein Reinfall, aber doch zu gefällig und generisch, um sich von anderen Reise- und Mensch-Tier-Freundschaftsgeschichten nachhaltig abzuheben.

Dog (2022)

Der ehemalige Army Ranger Jackson Briggs (Channing Tatum) ist auf der Suche nach einem Neuanfang, als er auf Lulu trifft – eine belgische Malinois-Hündin, die jahrelang im Militärdienst eingesetzt wurde. Gegen Briggs Willen werden sie gemeinsam auf Reisen geschickt. In Briggs Ford Bronco begeben sich die beiden auf einen Roadtrip entlang der US-Pazifikküste, um rechtzeitig zur Beerdigung eines gemeinsamen Freundes zu gelangen. Auf dem Weg dorthin treiben sie sich anfangs gegenseitig in den Wahnsinn, brechen immer wieder Regeln, geraten in jede Menge aberwitzige Situationen – und werden schließlich unzertrennlich.

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Meinungen

M.w · 09.10.2022

Der Film ist okay, aber die Geschichte ist miserabel, vielmehr das Doghandling und die realitätsfremden Trainings..

Aa · 21.05.2022

Absolut schöner Film, absolut empfehlenswert :))