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Was das Leben mit Freundschaften aus der Schulzeit macht, erforscht Sinje Köhler in ihrem stimmungsvollen Spielfilmdebüt „Viva Forever“. Fünf Endzwanzigerinnen verbringen darin ein paar gemeinsame Tage am Gardasee und merken, dass sich alte Gewissheiten langsam auflösen.

Viva Forever (2021)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Anders als Früher

„Leben ist das, was uns passiert, während wir andere Pläne machen.“ Diese von US-Autor Allen Saunders geprägte, durch John Lennons Song Beautiful Boy in leicht abgeänderter Form aber erst popularisierte Weisheit, bietet sich als Leitmotiv für Sinje Köhlers abendfüllendes Regiedebüt „Viva Forever“ an. Der Abschlussfilm ihres Studiums an der Filmakademie Baden-Württemberg beschreibt am Beispiel fünf junger Frauen, wie nach dem Ende der Schulzeit Ziele in Gefahr geraten, sich Erwartungen verschieben und – besonders wichtig – langjährige Freundschaften verändern können. 

Traditionell verbringen die Endzwanzigerinnen Francesca (Natalia Rudziewicz), Luise alias Luz (Janet Rothe), Amalie (Homa Faghiri), Fana (Thandi Sebe) und Sophie (Ina Maria Jaich), die sich seit Kindertagen kennen, im Sommer einige Tage am Gardasee. Einzig die ebenfalls zur Clique gehörende Lotte sagt in diesem Jahr kurzfristig ohne Angabe genauer Gründe ab, was der Stimmung nach der Ankunft einen ersten Dämpfer verpasst. Francesca, deren Hochzeit ihre Schatten vorauswirft, bemüht sich allerdings, ihre Freundinnen wieder aufzumuntern. Die gemeinsame Zeit soll schließlich sinnvoll genutzt werden. Auch, um einige Heiratsangelegenheiten zu klären. Persönliche Krisen und unausgesprochene Konflikte machen die Hoffnungen auf einen entspannten Aufenthalt allerdings zunichte.

Wie schön wäre es, wenn man den Moment festhalten könnte und alles so bliebe, wie es ist. Im Teenageralter dürfte dieser Gedanke vielen schon einmal durch den Kopf geschossen sein. Die Unbeschwertheit der Jugendzeit weicht nämlich schneller dem sogenannten Ernst des Lebens, als es einem lieb ist. Nach dem Ende der Schule stehen wegweisende Entscheidungen an. Verantwortung übernehmen ist das Gebot der Stunde. Gute Freundschaften, heißt es, überdauern auch den Beginn einer neuen, vielleicht mit Ortswechseln verbundenen Phase. Das, was früher alltäglich war, ist aber zwangsläufig einer Entwicklung unterworfen. Vertrautheit kann verloren gehen, wenn man sich auf einmal nicht mehr ständig sieht. Und Interessen können sich durchaus verlagern.

Diese und ähnliche Überlegungen ziehen sich wie ein roter Faden durch Köhlers Debütarbeit, in der das malerische, nie zu aggressiv in den Vordergrund gerückte Gardasee-Setting einen schönen Kontrast zu den aufflammenden Auseinandersetzungen bildet. Unstimmigkeiten kommen zunächst nur in kleinen Randbemerkungen zum Ausdruck. Nach und nach zeigt sich jedoch, dass die Frauen inzwischen teilweise sehr gegensätzliche Haltungen haben. Während sich die freigeistige Fotografin Luz als Künstlerin zu etablieren versucht, ist Francesca die geborene Strategin, die in ihrer Laufbahn nichts dem Zufall überlassen will. „Du bist echt wie deine Mudda“, feuert ihr Luz an einer Stelle entgegen und meint dies nicht als Kompliment. Sophie wiederum trauert ihrer in die Brüche gegangenen Beziehung nach. Tinder-Expertin Fana will sich noch nicht auf eine feste Bindung einlassen. Und Amalie hat Angst vor dem Schritt in ein wirklich eigenverantwortliches Leben.

Sinje Köhler, die auch das Drehbuch zu Viva Forever verfasste, stattet ihre Protagonistinnen mit individuellen Sorgen und Geschichten aus, die nicht immer restlos überzeugen. Etwas forciert wirkt vor allem der Strang um die zweifelnde Sophie. Der Gastauftritt eines Popstars aus den 1990er Jahren wird eher mit der Brechstange in die Handlung hineingepresst. Und manchmal legt die Regisseurin ihren Figuren Ratschläge in den Mund, die aus der Abteilung „Erbauliche Kalendersprüche“ stammen. 

Erzählerische Schwächen federt allerdings das starke, ungekünstelte Zusammenspiel des diversen Ensembles ab, aus dem Thandi Sebe als draufgängerische, aber auch verletzliche Seiten offenbarende Fana herausragt. Die fünf jungen Frauen vermitteln glaubhaft das Gefühl einer jahrelangen Vertrautheit, das für die mitunter nostalgisch gefärbte Stimmung des Films unabdingbar ist. Auch wenn nicht alle dramaturgischen Entscheidungen aufgehen, macht es Spaß, mit dieser Clique abzuhängen und ihre Konflikte mit eigenen Erfahrungen abzugleichen. Möglichkeiten zum Andocken bietet Viva Forever jedenfalls in Hülle und Fülle.

Viva Forever (2021)

Im Mittelpunkt des Films stehen die seit ihrer Schulzeit befreundeten Endzwanzigerinnen Francesca (Natalia Rudziewicz), Luz (Janet Rothe), Amalie(Homa Faghiri), Fana (Thandi Sebe) und Sophie (Ina Maria Jaich). Wie jedes Jahr fahren sie auch diesen Sommer an den Gardasee. Doch von Jahr zu Jahr wird es schwieriger, den Urlaub miteinander zu verbringen — denn jede von ihnen hat mit eigenen Problemen und Erwartungen zu kämpfen. Beim Zusammentreffen im Ferienhaus ist zunächst alles noch so wie früher, schnell wird aber klar, dass sich die Freundinnen im Laufe der Zeit auseinanderentwickelt haben. Als dann Lotte, die sechste im Bunde, plötzlich absagt, ohne einen Grund dafür zu nennen, entsteht viel Raum für Interpretationen. Im vermeintlich harmonischen Urlaubsalltag kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den jungen Frauen, und auf einer Party eskaliert die Situation endgültig. (Quelle: ZDF)

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Meinungen

Jan · 12.08.2022

Großartiger Film! Auch die Musik mega! Sehr empfehlenswert!