Log Line

Ein Komet, ein uralter Kampfkunst-Orden, ein todbringender Außerirdischer und Nicolas Cage mit einem Schwert bewaffnet… Trashherz, was willst Du mehr?!

Jiu Jitsu (2020)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Samurai jagt Predator

An Nicolas Cage scheiden sich die Geister. Die Frage, ob der Schauspieler genial oder miserabel ist, füllte eine ganze Folge der Sitcom Community (2009-2015) und ließ die von Danny Pudi gespielte Figur Abed daran geradezu cage-esk verzweifeln. In der seit 1975 laufenden Sketch-Comedy Saturday Night Live nahm Andy Samberg den Oscarpreisträger regelmäßig im Segment „Weekend Update“ auf die Schippe. Seinen zu Übertreibungen neigenden und eher an Performances als an Schauspiel erinnernden Stil hat Cage selbst wahlweise als „Nouveau Shamanic“ oder als „Western kabuki“ beschrieben. Damit ist er für diesen Film genau der Richtige.

In dieser abstrusen Melange aus Martial-Arts- und Science-Fiction-Film kommt das Beste aus zwei Welten auf denkbar schlechte Weise zusammen. Fernöstliche Kampfkünste treffen auf ein Alien, das nur unschwer als Abklatsch des Predators zu erkennen ist. Wie bei John McTiernan, unter dessen Regie der titelgebende Außerirdische 1987 das Licht der Welt erblickte, kommt auch bei Regisseur, Co-Autor und Co-Produzent Dimitri Logothetis ein Krieger auf die Erde – allerdings nicht, um Menschen wie Freiwild zu jagen, sondern um sie ehrenvoll im Zweikampf zu besiegen. Das Ergebnis ist dasselbe, denn auch bei Logothetis sind die Menschen dem Extraterrestrier nicht ansatzweise ebenbürtig.

Logothetis‘ Film hat – neben vielen weiteren – aber noch eine ganz andere Schwachstelle: Sein Hauptdarsteller Alain Moussi mag die Kampfkünste perfekt beherrschen, Charisma besitzt er keins. Während McTiernan voll und ganz auf Arnold Schwarzeneggers spröden Charme und verschrobenen Witz vertrauen konnte, verteilt der Tausendsassa Logothetis, der sich zunächst als Schauspieler versuchte und unter anderem in Martin Scorseses New York, New York (1977) zu sehen war, die Handlung seines Films klugerweise auf mehrere Schultern.

Das Alien, das für einen Film dieser Größenordnung mehr als ordentlich aussieht, bekommt es mit einem ganzen Orden von Jiu-Jitsu-Kämpfern zu tun. Dem bis zuletzt blassen Moussi stehen mit Tony Jaa, Frank Grillo, JuJu Chan und Marrese Crump nicht nur kampffilmerprobte Nebendarsteller, sondern auch weitaus einprägsamere Nebenfiguren zur Seite. Und dann wäre da noch Nicolas Cage, der dieses Trash-Spektakel mit seinen Auftritten zumindest ein bisschen rettet.

Cage hatte in seiner langen Karriere, die inzwischen mehr als 100 Schauspiel-Credits umfasst, schon allerlei Waffen in den Händen. Er schwang gleich zweimal als Ritter Schwerter (Der letzte Tempelritter, Outcast) und schmiedete in Mandy (2018) seine eigene Streitaxt, bevor er sie gegen eine Kettensäge eintauschte. Ja selbst ein Samurai-Schwert, wie jetzt in Jiu Jitsu, hatte er schon in der Hand, um in Army of One (2016) mit niemand geringerem als Osama bin Laden die Klingen zu kreuzen. Ein Duell gegen einen außerirdischen Superkrieger ist also bei weitem nicht die durchgeknallteste Schlacht, in die Cage zieht.

Witzigerweise erdet ausgerechnet Cages irdischen Sphären längst enthobenes Schauspiel diesen Film. Seine Figur, ein zauseliger Veteran, der am Lagerfeuer oder im Zweikampf in seiner Erdhölenbehausung mit Weisheiten um sich wirft, lässt die turbulente Handlung zur Ruhe kommen und gibt den wirren Versatzstücken, mit denen Logothetis hier hantiert, ein wenig Struktur.

Die Handlung, die lose auf Logothetis‘ gleichnamiger Comicvorlage basiert, gerät dabei zur Nebensache, sei an dieser Stelle der Vollständigkeit halber aber kurz umrissen: Alle sechs Jahre zieht ein Komet an der Erde vorbei, in dessen Schlepptau sich außerirdische Invasoren befinden, die der Menschheit vor Jahrtausenden nicht nur die Kampfkunst Jiu Jitsu beigebracht haben, sondern seither gegen einen geheimen Orden von Jiu-Jitsu-Kämpfern um die Herrschaft auf der Erde ringen. So weit, so schräg. Leider aber viel zu ernst.

Nicolas Cage und seine Rolle bringen nämlich vor allem eines mit, was dem Film größtenteils abgeht: Humor und Selbstironie. Zwischen all den schlechten Effekten (selbst die Pistolenschüsse kommen aus dem Rechner), den Drehorten auf Zypern, die für Myanmar herhalten müssen, und dem mittelmäßigen bis unterirdischen Schauspiel versteckt sich ein ordentlich choreografierter und durch eine agile Kamera mitunter dynamischer Martial-Arts-Film. Mit etwas mehr Augenzwinkern, das neben der Casting-Entscheidung für Cage stellenweise in Eddie Steeples‘ Rolle aufblitz, hätte aus Jiu Jitsu etwas werden können. Für die Feinkostabteilung des schlechten Geschmacks ist aber selbst dieser krude Mix einfach nicht lecker genug.

Jiu Jitsu (2020)

Ein uralter Orden von Jiu Jitsu-Kämpfern sieht sich einer bösartigen Rasse außerirdischer Invasoren in einem epischen Kampf um das Überleben der Erde gegenüber

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Meinungen

peter · 06.11.2021

Den Satz mit den Pistolenschüssen, „nur“ aus dem Rechner würde ich ändern.