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Mit „Der Brief für den König“ hat sich Netflix eine Fantasy-Serie für das jüngere Publikum ins Haus geholt. Man bekommt, was man erwartet.

Der Brief für den König (TV-Serie, 2020)

Eine Filmkritik von Matthias Pfeiffer

Ein unscheinbarer Ritter

Dunkle Wälder, prachtvolle Burgen, ein Held, der an sich und seiner Mission zweifelt, böse Männer auf Pferden – dieses Fantasy-Rezept ist bekannt und bewährt. Auch in der niederländischen Mini-Serie „Der Brief für den König“ kommen diese Zutaten zu Genüge zum Einsatz. Man sollte dazu allerdings noch ergänzen, dass sich die Netflix-Produktion unter der Regie von Alex Holmes und Felix Thompson am gleichnamigen Jugendroman (1962) von Tonke Dragt orientiert. Und da sich die Serien-Adaption eher an ein jüngeres Publikum richtet, steht auch die Erneuerung von Genre-Konventionen nicht unbedingt im Vordergrund.

Dem jungen Helden Triuri (Amir Wilson) bereiten ganz andere Regeln Kopfzerbrechen. Er steht kurz vor seiner Ritterprüfung, ist aber alles andere als ein Schwerter schwingender Recke. Im Zweikampf zieht der zurückhaltende Junge den Kürzeren, ganz zum Leidwesen seines Stiefvaters, der sich Sorgen um den Erhalt seines guten Namens macht. So schafft es Triuri auch nur durch dessen Einfluss durch die Prozedur. Doch als er und die anderen Prüflinge gerade den letzten Test ablegen sollen, trifft er mit dem legendären Schwarzen Ritter zusammen, der vor seinen Augen im Sterben liegt. Er übergibt ihm einen wichtigen Brief an König Unauwen, der ihn vor einem Komplott seines machtgierigen Sohnes warnen soll. Der Weg wird für Triuri nicht nur zum gefährlichen Abenteuer, sondern auch zur Entdeckung bisher ungeahnter Kräfte.

Der Brief für den König ist im Grunde ein klassisches Beispiel einer Heldenreise. So ist der Kampf Triuris gegen seine Gegner und inneren Dämonen zur meisten Zeit recht vorhersehbar. Bei erwachsenen Zuschauern tritt so schon schnell Ernüchterung ein. Auch die eingestreuten Fecht- und Kampfszenen sind von einer gewissen Schwerfälligkeit und die bedrohliche Atmosphäre, die hier und da aufkommt, flacht schnell wieder ab. Letzteres ist wohl der Tatsache geschuldet, dass die Serie für Jugendliche noch verdaubar bleiben soll. Für die sind jedoch noch ein paar ganz kluge Botschaften mit im Gepäck. So setzt die Geschichte nicht auf die Glorifizierung von Ritterstolz und blindem Gehorsam, sondern stellt die veralteten Tugenden in ein kritisches Licht. Was Triuri tut, macht er nicht, um sich zu beweisen, sondern weil es in diesem Moment das einzig Richtige ist. Besonders in Erinnerung bleibt auch das Zusammentreffen zwischen ihm und einem Mönch, der ihm ins Gedächtnis ruft, welche Kraft man aus innerem Schmerz ziehen kann, wenn man sich nur traut, ihm ins Gesicht zu sehen. Ein Appell, den man im Grunde jeder Altersgruppe mit auf den steinigen Weg des Lebens geben kann.

Was man der Verfilmung ebenso zu Gute halten muss, ist die Charakterzeichnung der Nebenfiguren. Wo Triuri doch stark einem bekannten Heldentypus folgt, ist die Entwicklung bei seinen Mitstreitern und Gegnern mitunter spannender. Vor allem das Bild seiner Gefährtin Lavinia (Ruby Ashbourne Sekis), die sich anfangs aus purem Eigennutz an seine Seite begibt, nimmt mit der Zeit immer interessantere Farben an. Gleichzeit muss man aber auch sagen, dass sich nicht jeder Charakter und der damit verbundene Handlungsfaden in voller Breite entfalten kann. Dazu richtet sich der Fokus doch zu sehr auf eine konventionelle Heldenstory. So ist Der Brief an den König letztendlich kein weltbewegender Beitrag zum Fantasy-Genre, aber doch solide gemachte Unterhaltung für ein jugendliches Zielpublikum.

Der Brief für den König (TV-Serie, 2020)

In dieser mitreißenden Fantasy-Serie hält ein Junge mit seiner Mission zur Übermittlung einer geheimen Botschaft das Schicksal eines ganzen Königreiches in den Händen.

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