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Die neue Stop-Motion-Komödie aus dem Hause Aardman taucht ganz tief ein in die Urgeschichte der Menschheit. Ein Fußballmatch eröffnet vermeintlich tumben Steinzeitmenschen die Chance, es ihren arroganten, sich bereits in der Bronzezeit befindenden Gegnern zu zeigen.

Early Man - Steinzeit bereit (2018)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Die lustigen Kicker der Prähistorie

Ein guter Spielfilm trägt auch immer zur Horizonterweiterung seiner ZuschauerInnen bei. Die neue Knetanimationskomödie aus dem Hause Aardman beantwortet zum Beispiel in einer kurzen Vorgeschichte die Frage, ob der Fußballsport den Höhlenmenschen des Pleistozän bekannt war.

Aber da die Handlung ja in der Nähe der späteren Stadt Manchester spielt, steht die Antwort eigentlich von vornherein fest. Die fidele Haupthandlung, in der sich dann tumbe Steinzeitmenschen mit den fortschrittlichen Chauvinisten der Bronzezeit ein Fußballmatch liefern, führt den Beweis, dass der Geist der Neandertaler in uns allen weiterlebt.

Die Helden der Stop-Motion-Komödie, bei der Nick Park (Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen) Regie führte, sind Underdogs. Die Evolution hat Dug und den anderen tumben Steinzeitmenschen die Verliererrolle zugewiesen. Während sie noch überlegen, ob sie weiter Jagd auf Kaninchen machen oder sich doch, wie Dug es wünscht, an etwas Großes, ein Mammut, heranwagen sollen, kommen die Krieger der Bronzezeit und vertreiben sie in die Badlands. Im Grünen Tal der Steinzeitmenschen gibt es nämlich viel Erz, das der geldgierige Lord Nooth ausgraben lassen will. Dug fährt heimlich mit zur Burg der Eroberer. Dort leben die Bronzezeitmenschen wie die alten Römer und zugleich im Mittelalter, aber eine Queen haben sie auch. Lord Nooth lässt in der Arena Fußballspiele veranstalten und als Dug enttarnt wird, fordert er die Bronzeleute zu einem Fußballspiel heraus: Siegt das Steinzeit-Team, darf sein Stamm zurück ins Grüne Tal.

Der Film nimmt fortan einen recht konventionellen Verlauf. Aber mit viel Slapstick, einer liebevollen Figurenzeichnung und seinem gelegentlich inspirierend frischen britischen Humor bleibt er auch dabei unterhaltsam. Im Zentrum des Geschehens stehen also Menschen, tumbe, eingebildete und solche, die sich mit den Gegebenheiten nicht abfinden wollen. Zu letzteren gehört Dug mit den schief gewachsenen Zähnen und dem zotteligen Haar. Dass er und die anderen seines Stammes schon rein optisch minderbemittelt wirken, macht sie nur sympathischer. Denn viele der dünkelhaften Bronzezeit-Genossen nebenan sind in Wahrheit geistig viel starrer.

Die Geschichte gehört ganz den Außenseitern – also auch den Tieren. Auch in diesem Film des Studios, dessen Name für immer mit Shaun das Schaf verbunden sein wird, spielen Tiere eine wichtige Rolle. Sie sind wie immer verständig, nicht selten den Menschen sogar voraus, auch wenn sie ihre Sprache selbst nicht sprechen. So ist Hognob der heimliche Held dieser Geschichte – der treue, bellende, knurrende, jaulende Begleiter Dugs. Aber nein, Hognob ist kein Hund, sondern ein Wildschwein, und zwar eines, das weiß, wie eine Schiebetür aus Glas geöffnet werden muss.

Solche die Epochen durcheinanderwirbelnden Ideen machen ebenfalls den Charme dieser Geschichte aus. Seit der Zeichentrickserie Familie Feuerstein der 1960er Jahre erzeugt es Lacher, wenn die barfüßigen Vorfahren einerseits die Keule schwingen, andererseits doch mit modernen Gadgets und Auffassungen verblüffen. Early Man erweist der Serie zum Beispiel seine Reverenz, wenn sich Dugs Stammeschef Bobnar mit einem lebenden Käfer rasiert. Auf die heutige Zeit, in der das Internet die Privatsphäre und die Vertraulichkeit der Kommunikation unterminiert, spielt ein sehr gelungener Einfall mit einem Handy, pardon, mit einem Botenvogel an. Lord Nooth bekommt Besuch von diesem lästigen Vogel, der einfach den Wortlaut dessen nachplappert, was die Königin über ihn gesagt hat. Bevor er es bemerkt, hat er dann selbst Dinge gesagt, von denen er eigentlich nicht wollte, dass sie der Regentin so zu Ohren kommen – zu spät!

Ansonsten lernen wir, dass der Fortschritt der Zivilisation nicht immer geglückt ist. Die Kicker der Bronzezeit haben die alte Weisheit vergessen, dass Fußball ein Mannschaftsspiel ist. Außerdem lassen sie eine talentierte Frau wie Goona nicht mitspielen, aus purem Genderdünkel heraus. Die Steinzeitleute wissen es besser. Aber auch sie sind nicht frei von diskriminierendem Denken, wovon der treue Hognob ein Lied singen könnte. Insgesamt ist dieser Trip in Bronze- und Steinzeit vergnüglich, aber oft nicht so frech und geistig innovativ, wie es das bereits erwähnte Vorbild der Flintstones zu seiner Zeit war.

Early Man - Steinzeit bereit (2018)

Das Animationsstudio Aardman meldet sich nach „Wallace & Gromit“ und „Shaun das Schaf — Der Film“ wieder auf die Leinwand zurück. „Early Man“ spielt in der Vorzeit und erzählt wie Steinzeitmann Dug zusammen mit seinem besten Freund, dem Wildschwein Hognob, sich zwischen urzeitlichen Kreaturen und Mammuts gegen die Bronzezeitmenschen durchschlägt.

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