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Ein Wahnsinniger hat es auf korrupte Polizisten abgesehen. Er stellt ihnen brutale Fallen, aus denen zu entkommen, es keiner lebendig schafft. Das Vorgehen deutet auf den Serienmörder Jigsaw hin, und tatsächlich scheint ein Nachahmer am Werk zu sein. Auf einer Idee von Chris Rock basierend, der die Hauptrolle im Film übernimmt, ist der neunte Teil der „Saw“-Reihe entstanden.

Saw: Spiral (2021)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Rache mit Lehreffekt

Im einen Moment schlendert ein Polizist (Dan Petronijevic) noch mit einem Eis in der Hand durch den Rummel und genießt das 4. Juli-Feuerwerk, im nächsten hängt er an einer Höllenapparatur mit der Zunge in einem Schraubstock. Über eine knisternde Videobotschaft wird ihm mitgeteilt, dass er sich die Zunge abbeissen muss, sonst wird er im U-Bahnschacht, wo er sich befindet, in Kürze von einem Zug erfasst werden. Jeder Versuch, sich zu befreien, scheitert. Als Ermittler Ezekiel Banks (Chris Rock), kurz Zeke, am Tatort ankommt, glaubt man erst an einen Unfall mit einem Obdachlosen. Doch dann erhält Zeke eine schmucke Kiste mit einem weniger niedlichen Inhalt: die besagte Zunge und der Dienstausweis eines Kollegen.

Zur Tat bekennt sich ein besorgter Bürger, der es sich zum Ziel gemacht hat, die Gesellschaft von schlechten Polizisten zu befreien. Der Ausblick auf eine Mordserie und die angekündigten „Spielchen“ lassen die Ermittler an Jigsaw alias John Kramer denken. Da dieser aber in der Zwischenzeit verstorben ist, muss es sich um einen Nachahmer handeln. Der zweite vermisste Kollege und kurz darauf der Fund seiner brutal verstümmelten Leiche bringen diesbezüglich dann Klarheit. Auf der Suche nach dem Täter muss Zeke, der in der Einheit unbeliebt ist, sich mit den Kollegen zusammentun und sich vor allem mit einem neuen Partner William Schenk (Max Minghella) arrangieren.

Die treibende Kraft hinter dem nun neunten Teil der Saw-Reihe ist Schauspieler Chris Rock selbst. Nach dem eher uninspirierten vorangegangen Jigsaw oder auch Saw VIII, der 2017 (Regie: Peter und Michael Spierig) erschien, sah es so aus, als sei die Geschichte um des sadistischen, rachsüchtigen und überheblichen Mörder und seine Zöglinge auserzählt. Rock, sonst vor allem im komischen Fach tätig, bekennt sich als Fan der Reihe, hat eine eigene Idee verfilmen wollen und sich, gemeinsam mit James Wan, dem Schöpfer von Saw (2004), als Produzent von Saw: Spiral eingesetzt. Als Regisseur verpflichtete er mit Darren Lynn Bousman, der bereits Saw II, Saw III und Saw IV inszenierte, ebenfalls keinen Unbekannten.

Mit dem neuen Gespann lässt sich in erster Linie eine Verschiebung vom harten Horror zum Thriller erkennen. Einige brutale Szenen und typischen Saw-Teufelsmaschinen und -Fallen bekommt man dennoch präsentiert, orientiert sich aber vielmehr an Filmen wie Seven von David Fincher, die die Ermittler persönlich in die Fälle verstricken und sie moralisch in Bedrängnis bringen. Mit Seven hat der Film noch mehr gemeinsam. Unter großer Hitze, die den Verstand benebelt, sieht sich die Polizei mit einem selbstgefälligen Wahnsinnigen konfrontiert, der sich mit theatralischer Ader und Tendenz zum religiösen Fanatismus als Hüter über Ordnung und Moral aufspielt.

Nach einer spannenden ersten Hälfte verliert der Film im Anschluss an Zug. Die Handlung wird immer vorhersehbarer, steuert auf eine eher banale Auflösung hin und macht die doch recht deutliche Schwäche der Dialoge schließlich unübersehbar. Von Anfang an wirken die Unterhaltungen zwischen den Protagonisten ziemlich gespreizt, es wird viel geflucht, und gerade der Figur von Zeke nimmt man ihr „supercooles“ Gehabe nicht ab. Die Zeichnung des ständig gereizten und einzelgängerischen Polizisten fällt ein wenig eindimensional aus. Seinen Kollegen traut er nicht, weil sie ihn als Verräter ansehen, nachdem er vor Jahren seinen damaligen Partner vor Gericht brachte – ganz egal, dass es dabei um einen brutalen Mord ging. Diesen, grundsätzlich interessanten Konflikt, der die gleichen Themen Korruption, Loyalität und Machtmissbrauch wie die Hauptgeschichte anschneidet, behandelt der Film leider zu karikaturhaft und verpasst damit die Gelegenheit, seine Argumentation zu untermauern.

Ebenfalls zu schlicht — wäre auch Freud begeistert gewesen -, baut Saw: Spiral die beiden Vater-Sohn-Beziehungen auf. Sowohl Zeke als auch sein Partner William sind in ihren Aktionen von der übermächtigen Präsenz ihrer jeweiligen Väter bestimmt — beide auf verschiedene Weise, doch haben sie den Wunsch gemeinsam, sich in ihrer Erwartungen zu genügen. Doch abgesehen von allen Versuchen, im Film eine tiefere psychologische oder sozialkritische Ebene finden zu wollen, bleibt sein primäres Ziel das der Unterhaltung, das er mit Abstrichen durchaus erreicht. Dafür sorgt vor allem ein überzeugendes Schauspielerensemble, dem auch Samuel Lee Jackson als pensionierter, schlagfertiger Polizist angehört.

Dass sich der Horrorthriller in Form und Inhalt im wesentlichen bei bestehenden Werken des Genres bedient, wird offensichtlich, doch bietet er in diesem Zusammenhang auch eine amüsante Hommage an Tarantinos Pulp Fiction in der offen komischen Szene zu Beginn, als Zeke als verdeckter Ermittler, bis zu den Zähnen bewaffnet, eine Drogenbande hochnehmen will, aber vorher locker-dämlich von der politisch-inkorrekten und sexistischen Seite von Forest Gump spricht, bevor er die Anwesenden in einem Feuergefecht zur Strecke bringt.

Saw: Spiral (2021)

Der schnoddrige Detective Ezekiel “Zeke” Banks und sein Partner, der noch ganz neu bei der Polizei ist, übernehmen die Ermittlungen in einem Fall, der an die grausamen Vorkommnisse erinnert, die die Stadt vor einigen Jahren erschüttert haben. Je weiter die beiden bei ihren Untersuchungen vordringen, desto mehr verstrickt sich Zeke in die perfiden Spielchen des Mörders. Fortsetzung der berühmt-berüchtigten „Saw“-Reihe.

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