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Wie viel Klischees, Rassismus und Misogynie passen unter den Deckmantel des Humors in 113 Minuten? „Isi & Ossi“, der erste deutsche Netflix-Film, scheint einen neuen Rekord aufstellen zu wollen.

Isi & Ossi (2020)

Eine Filmkritik von Christian Neffe

Die Milliardärin und der Macho

Isabell und Oskar leben zwar nur 20 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. Trotzdem trennen beide Welten. Allem voran die Anzahl der Vorkommastellen auf ihren Konten. Isi (Lisa Vicari), die wohlbehütete Milliardärstochter aus Heidelberg, hat es in der Schule (trotz oder aufgrund der an sie gestellten Erwartungen) nie leicht gehabt. Stattdessen pflegt sie eine Passion fürs Kochen und träumt heimlich von einem Kurs bei einem Star-Maître in New York. Als sie herausfindet, dass sie ihr Abitur nur auf Druck des Anwalts ihrer versnobten Eltern absolviert hat, platzt ihr der Kragen: Wutentbrannt flieht sie nach Mannheim und will Mama und Papa so richtig eins auswischen.

Auftritt Ossi (Dennis Mojen). Der lebt seit jeher in prekären Verhältnissen, war in der Schule ebenfalls kein Schwergewicht, ist es dafür aber im Boxring, wo er eine Profikarriere anstrebt. Davon hält ihn jedoch seine Mutter (Lisa Hagmeister) ab, die eine kleine Tankstelle betreibt und dabei von einem Schuldenloch ins nächste stolpert. Als sich Isi und Ossi in einem Schnellrestaurant begegnen, schmieden beide jeweils insgeheim einen Plan: Isi will mit dem vorgeblichen Assi anbandeln, um ihre Eltern zu erpressen und statt des avisierten BWL-Studiums den Koch-Kurs belegen zu können, von dem sie schwärmt. Ossi wiederum will Isi ein paar Tausend Euro aus dem Kreuz leiern, um die Schulden seiner Mutter zu tilgen sowie das Startgeld für seinen ersten Profikampf zu bezahlen.

Da ist sie also: Die erste deutsche Netflix-Produktion im Filmbereich. Und es ist – ausgerechnet – eine Romantic Comedy geworden. Nun hätten man durchaus erwarten können, dass unter der Ägide des VoD-Giganten etwas entstünde, das sich in irgendeiner Weise von seinen Genre-Verwandten abhebt, die in den vergangenen Jahren aus dem Dunstkreis von Til Schweiger, Matthias Schweighöfer und Elyas M’Barek hervorgegangen sind. Stattdessen – das muss man so hart konstatieren – scheint Isi & Ossi ausschließlich darauf abzuzielen, innerhalb von 113 Minuten möglichst viele Klischees und unsympathische Figuren zu etablieren.

Nicht nur krankt das von Oliver Kienle (Auf kurze Distanz, Bad Banks) verfasste und inszenierte Drehbuch an akuter Berechenbarkeit (denn natürlich entwickelt sich aus dem anfangs antagonistischen Verhältnis der beiden Hauptfiguren zunächst eine zarte Liebschaft, die dann kurzzeitig zerbricht, nur um schließlich in einer Kuss-Kaskade zu enden), sondern auch an einem Humor, der sich ungeniert an fragwürdigen Stereotypen vergeht. Etwa an einer mittelamerikanischen Küchenhilfe (Susanna Capurso), die nicht einmal Pommes frittieren kann, ohne sich selbst anzuzünden. Oder an Ossis bestem Freund (Walid Al-Atiyat), einem jungen Mann mit Migrationshintergrund, der Ossis Mutter in jedem nur erdenklichen Moment unsittlich berührt (was sie allerdings nicht zu tangieren scheint). Zugleich aber auch an Isis bester Freundin (Zoë Straub), eine Karikatur des Instagram-süchtigen Teils der Generation Z, die derart molestierend ist, dass sie sogar Chantal aus Fack Ju Göhte (2013) das Wasser reichen kann. Und natürlich darf in einem solchen Film auch der verrückte Großvater (Ernst Stötzner) nicht fehlen, der nach 14 Jahren im Knast nun Gangsterrapper werden will, alle paar Sekunden einen rassistischen Spruch fallen lässt, am Ende aber – weil er ja so schrullig-liebenswert ist – zum entscheidenden Faktor bei der Wiedervereinigung des jungen Pärchens wird. Von einer ironischen Brechung dieser Klischees ist der Film dabei so weit entfernt wie Ossis Opa davon, in seinen Rapsongs den Takt zu treffen.

Weshalb man im Verlauf von Isi & Ossi mehrere fragwürdige Momente über sich ergehen lassen muss. „Was macht deine Mutter eigentlich den ganzen Tag?“, fragt Isi etwa entrüstet, als sie sich über die nicht vorhandene Sauberkeit in Ossis Zimmer beschwert. Als dessen Großvater in einem seltenen Moment mal nicht über all die „Kanaken“ auf der Straße lästert, und sich stattdessen über die ganzen „Schwuchteln“ beschwert, weist ihn sein Enkel freundlich darauf hin, dass die ja heutzutage „Hipster“ heißen würden. Und als Ossi im Streit ein Video auf YouTube hochlädt, in dem Isi sturzbetrunken über mittellose Menschen lästert und sich erbricht, wird ihm das in Windeseile verziehen. Warum sich die junge Frau trotz dieses krassen Fehlverhaltens zu Ossi hingezogen fühlt, dafür haben ihre Instagram-süchtige Freundin und der Film übrigens eine scharfsinnige Erklärung: „Das sind die Hormone.“ Na dann.

Isi & Ossi (2020)

Was passiert, wenn eine Milliardärstochter & ein Boxer mit Geldproblemen gemeinsame Pläne schmieden? Genau. Nichts läuft wie geplant.

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Meinungen

Blue · 19.08.2021

"Isi & Ossi" ist eine seichte Romeo-und-Julia-Romanze für 13-jährige Mittelstandskinder, die keinen Bezug zu anderen Welten haben. Die klischeehafte Darstellung der Charaktere ist nicht lustig, sondern flach, unmoralische Verhaltensweisen werden nicht annähernd kritisch beleuchtet, sondern mit pseudo-lustigen Reaktionen schulterzuckend abgetan und die schauspielerische Darstellung vor allem der Protagonisten ist... unterirdisch. Da ich keinen Kontakt zur Oberschicht habe, kann ich zu Isi, ihrer Familie und ihren Freundinnen nicht viel sagen, außer dass sie unglaubwürdig wirken. Zu "Gossenkindern" habe ich mehr als genug Kontakt, sodass ich sagen kann, dass Ossi kein Stück überzeugend gespielt ist. Man merkt dem Schauspieler an, dass er sich entweder nicht ausreichend auf die Rolle vorbereitet hat oder ihm einfach das Einfühlungsvermögen in Personen aus schwierigen sozialen Verhältnissen fehlt. Am meisten hat noch der Boxtrainer überzeugt, der dem monnemer Dialekt recht gut getroffen hat und den Typ des engagierten Arbeiters wunderbar interpretiert hat.
Durch die fehlende kritische Auseinandersetzung mit dem Fehlverhalten der Charaktere ist der Film aktiv rassistisch, sexistisch und klassizistisch. Klischees werden nicht ironisch, sondern einfach nur überspitzt dargestellt, wodurch der Eindruck entsteht, dass sich die Autoren entweder noch ein bisschen in Satire üben sollten oder einfach unreflektiert rassistisches, sexistisches und klassizistisches Gedankengut reproduzieren.
Für mich wirkt der Film auch weniger wie der Versuch eines Kunstwerks sondern eher als sei er rein durch Marktananalyse entstanden.
Schade, denn die deutsche Filmlandschaft lässt auch so schon zu wünschen übrig.

Michèle · 02.02.2021

Der Film war einfach mitreißend und ich hab mich in die beiden verliebt. Um nichts anderes geht es in einem Liebesfilm. Isi und Ossi haben die Emotionen toll transportiert. Wenn man traurig ist, dass ein Film zu Ende ist, dann war es ein verdammt guter Film.

Julia · 01.03.2020

Mir hat der Film super gefallen und ich würde ihn jederzeit noch einmal ansehen. Da ich selbst aus der Nähe von Mannheim komme und diese "Mannheim - Heidelberg"-Unterschiede kenne, musste ich mir den Film natürlich ansehen. Die Schauspieler waren super gewählt, besonders der Boxtrainer mit seinem "monnemer" Dialekt hat bei mir für den ein oder anderen Lacher gesorgt. Die Geschichte war kurzweilig, aber dennoch sehr unterhaltsam. Für Fans von romantischen Komödien ein absolutes Muss! :)

Rich · 20.02.2020

Der Film hat richtig Spaß gemacht! Natürlich werden Klischees bedient, aber das so übertrieben und komisch, dass man das absolut nicht ernst nehmen kann. Dabei bekommen beide Seiten ihr Fett weg, kommen aber auch sympathisch, mit guten Seiten rüber. Die Story ist schräg, die Aufnahmen der Städte klasse, die Nebenrollen ebenfalls witzig bis skurril- wir hatten einen lustigen, problemfreien Abend

Chantal · 18.02.2020

Es hätte ein guter Film werden können. Die Schauspieler haben Potenzial und durften teilweise zeigen was sie drauf haben.
Aber das Drehbuch war absolute Katastrophe. Man hätte hier eine witzige und romantische Komödie draus machen können. Leider verschenkt.
Ich habe mich auf den Film gefreut und bin sehr enttäuscht.

Katy · 14.02.2020

An erster Stelle möchte ich sagen, dass ich dieses Genre lieben und mich der Film begeistert hat.
Mich macht es sehr glücklich, dass es Menschen gibt, die meinen Geschmack teilen und ich somit die Möglichkeit habe einen wunderbaren Film anzusehen.

Die Schauspieler konnten die Emotionen transportieren, Ossis prekäre Lage war ein gelungener Kontrast zu Isis wohlhabendem Leben und besonders gefallen hat es mir, wie zwar mit Klischees gespielt, sie aber nicht bestätigt wurden und das fand ich sehr faszinierend. Ossis hat keinen geringen IQ und Isi ist dagegen "nur" für die Realschule qualifiziert, die Regisseure schaffen hier einen angenehmen Kontrast in die andere Richtung.

Insgesamt kann ich negative Kritiken nicht nachvollziehen. Warum sehen sich Menschen ein Genre an für das sie offensichtlich nichts positives übrig haben?
Ich hoffe, dass sich andere von den negativen Kritiken nicht davon abhalten lassen den Film anzusehen, denn für Menschen, die die Genre "Liebe, Romanze, Erotik" vergöttern ist der Film absolut sehenswert.
Genre, die mir nicht liegen sind beispielsweise Krimis oder Horrorfilme, aus diesem Grund sehe ich mir solche Filme auch nicht an und verfasse nicht bei jedem Krimi oder Horrorfilm eine schlechte Kritik.
Bitte bewertet nur Filme, wenn ihr euch auch tatsächlich für das Genre interessiert und Ahnung davon habt, denn Menschen wie ich wertschätzen solche Drehbücher und freuen sich wenn es Filme wie "Isi & Ossis" gibt und wünschen sich noch viele weitere Filme in diesem Stil.

Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Seh-Empfehlung!
Für Menschen die dieses Genre präferieren, wird es ein grandioses und humorvolles, sowie abwechslungsreiches Seherlebnis werden.
Ich bedanke mich hiermit bei allen, die diesen Film ermöglicht haben!

Anna · 15.02.2020

Ich stimme da Katy zu... Wenn man romantische Komödien doof findet, sollte man sie halt einfach generell nicht gucken... ? Ich finde das jeder Film immer mit Klischees spielt, aber dieser hier hat den Nagel aus meiner Sicht auf den Kopf getroffen, was es dann eben amüsanter macht... Außerdem mag ich die Musik auch gerne und wenigsens spielt es mal nicht in Berlin.

Pia · 02.03.2020

Super auf den Punkt gebracht! Der Film ist einfach klasse, wenn man eben auf diese Art Genre steht. Ich empfinde genauso und deinem Kommentar ist nichts mehr hinzuzufügen.

Michèle · 02.02.2021

Das sehe ich genauso. Dieser Film ist ein absolutes Muss für Leute die Romanzen und Liebesfilme mögen. Es geht nicht um bis ins Kleinste durchdachte Handlungsstränge sondern um das Herüberbringen von Emotionen. Man kann das Knistern zwischen den beiden spüren und ich war sowas von positiv überrascht vom Film. Es ist schon ne Weile her, dass ein Film mich so mitgerissen hat. Die Kritik ist dem Film in keiner Weise gerecht geworden. Der Film war einfach nur WOW!