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Als es zwei Jugendliche schaffen, endlich einmal einen Abend im legendären Club El Azteca zu verbringen, ändert sich ihre Welt: Sie erleben Rausch, Sex, Kunst und das Gefühl des Dabeiseins, müssen dafür aber auch hohe Preise zahlen.

This is Not Berlin (2019)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Mexiko im Jahr 1986

Mit „This is not Berlin“ hat der mexikanische Filmemacher Hari Sama, wie er selbst sagt, einen semi-autobiografischen Film gemacht. So war das damals in Mexikostadt. Er erzählt die Geschichte von zwei Jugendlichen, die 1986 kurz vor der Fußballweltmeisterschaft im Land, die Welt von Sex, Drugs und Rock’n’Roll kennenlernen, dabei ihr Ich und ihre Weltsicht formen und zu dem werden, was sie sein werden. Eine Coming-of-Age-Geschichte, die ihre Längen hat, am Ende aber Fahrt aufnimmt und dann auch überzeugt.

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Das Leben des 17-jährigen Carlos (Xabiani Ponce de León) spielt sich – neben dem Schulalltag – vor allem zwischen seinem Zuhause und dem seines besten Freundes Gera (José Antonio Toledano) ab. Sie hören zusammen Musik, stöbern in den Männermagazinen von Geras Vater und bewundern Geras Schwester (Ximena Romo), die Frontfrau einer Gothic-Band, die nachts wilde Partys feiert und aufrüttelnde Gedichte liebt. Und wenn man seine Blicke liest, ist offensichtlich: Carlos himmelt Rita nicht nur an, sondern ist stark ihn sie verliebt.

Außerdem ist Carlos fasziniert von Maschinen. Zusammen mit seinem Onkel Estéban (gespielt von Hari Sama selbst) tüftelt er an kleinen Maschinen, lernt durch diesen aber ein Stückchen mehr von der Erwachsenenwelt kennen, als den Eltern lieb ist. Als der Synthesizer von Ritas Band kaputt geht, kann Carlos ihn reparieren, und als Dankeschön dürfen er und Gera am Abend mit in den Nachtclub El Azteca, wovon sie schon so lange träumen. Und diese Nacht wird ihr Leben verändern.

Carlos und Gera tauchen ein in eine – sehr authentisch dargestellte – Welt des Protestes, der Selbsterfahrung und Entgrenzung. Die jungen Erwachsenen drücken sich aus in lauter Musik, herausgeschrienen Versen, im Rausch von Alkohol und Drogen, in Kunstprojekten aller Art und im sexuellen Ausprobieren. Alles ist erlaubt, je mehr anders und neu, desto besser. Die beiden Freunde, die von allen nur „ihr Babies“ genannt werden, lecken aber Blut und wagen sich fortan auf eigene Faust in die angesagten Clubs der Stadt, wo, so meinen sie, „das richtige Leben“ stattfindet.

Und es ist Carlos, der die Grenzen noch weiter auslotet. Er freundet sich mit Nico (Mauro Sanchez Navarro) an, einem homosexuellen Performance-Künstler, der sein faszinierendes Leben vor Carlos ausbreitet, ihn nicht nur beobachten, sondern miterleben lässt. Und Carlos macht mit und stößt bis ins Zentrum der wütenden und protestierenden Performance Art um Nico vor. Darunter leidet allerdings nicht nur die Freundschaft zu Gera.

This is not Berlin verliert sich immer wieder im wilden Treiben des Dargestellten und damit immer wieder seine Geschichte aus dem Blick: Der Plot hat seine Längen, wenn er zu lange mit dem Auffächern dieser für die Figur Carlos „neuen“ Welt beschäftigt ist. So wie Carlos regelrecht haften bleibt in der bewundernden Beobachtung, so steckt auch der Film fest – was gewollt sein mag, der Geschichte aber nicht unbedingt gut tut. Dann aber schafft sie doch noch die Kurve: Mit der Wandlung Carlos‘ zum aktiven Mitglied der Gruppe nimmt der Plot wieder Fahrt auf und wird dadurch gefälliger. Trotzdem: Eine Konzentration der Geschichte und Entwicklung wichtiger Nebenfiguren wie zum Beispiel von Estéban hätte der Geschichte des Films gut getan – wenn er eine Geschichte erzählen will. Aber hier trifft der Film keine rechte Entscheidung, changiert zwischen verschiedenen Zielen – und das ist der eigentliche Schwachpunkt von This is not Berlin. Wenn es ihm um die Geschichte geht, gelingt ihm das am Ende gerade noch. Wenn es ihm um die Kunst, das Experimentelle, das Erlebnis geht, dann ist das Ende zu gefällig, zu gewöhnlich, zu wenig originell.

Aber vielleicht passiert das, wenn man seine eigene Geschichte filmisch verarbeitet. Der Film wirkt bisweilen, als erlebe der Filmemacher mit This is not Berlin das Revival vergangener Zeiten. Als Reproduktion dieser Zeit des Mexikos während der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land aber ist der Film sehr verdienstvoll, bringt er doch authentisch dessen Zeitgeist auf die Leinwand.

This is Not Berlin (2019)

Im Jahre 1986 kurz vor der Fußball-WM in Mexiko fühlt sich der 17-jährige Carlos wie ein Außenseiter. An Fußball kaum interessiert, scheint er nirgendwo richtig reinzupassen, bis er einen legendären Nachtclub für sich entdeckt und damit mit Sex, Drogen und der Punkszene in Berührung kommt.

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