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Für solide Spannungsunterhaltung braucht es nicht immer eine originelle Geschichte und verblüffende Twists, wie der schnörkellose Crime-Thriller „The Informer“ beweist, in dem Joel Kinnaman als kantiger, in die Enge getriebener FBI-Spitzel überzeugt.

The Informer (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Zwischen den Fronten

Die Welt der Kriminellen scheint es Andrea Di Stefano, der seine Karriere als Schauspieler begann, besonders angetan zu haben. Sein Regiedebüt legte der in Rom geborene Filmemacher mit dem Fakten und Fiktionen vermischenden Gangsterdrama „Escobar: Paradise Lost„ vor, das im Umfeld des berüchtigten kolumbianischen Drogenbarons Pablo Escobar spielt. Für seinen zweiten Film greift Di Stefano auf den Thriller-Roman 3 Sekunden des schwedischen Autorengespanns Anders Roslund und Börge Hellström zurück und schildert in seiner Adaption den Kampf eines Ex-Häftlings, der dem FBI als Spitzel helfen soll, einen gefürchteten New Yorker Rauschgiftkönig zur Strecke zu bringen.

Einst hat Pete Koslow (Joel Kinnaman) als Elitesoldat gedient. Nach dem Ende seiner Militärkarriere ging es allerdings steil bergab. Eine posttraumatische Belastungsstörung machte ihm zu schaffen. Und als er seine Ehefrau Sofia (Ana de Armas) in einer brenzligen Situation beschützen wollte, wurde er zum Totschläger. Das FBI, in Person der Sepzialagentin Wilcox (Rosamund Pike), bot dem Inhaftierten jedoch irgendwann die vorzeitige Entlassung an, sofern er als Informant tätig werden würde.

Auf freien Fuß gesetzt, muss Koslow das Netzwerk des polnischen Drogenbosses Klimek (Eugene Lipinski) unterwandern, der den Spitznamen „Der General“ trägt. Wilcox plant die geheime Operation, mit der sie den Gangster endlich hochnehmen will, akribisch durch. Der Einsatz läuft aber völlig aus dem Ruder, als der verkabelte Koslow und die Handlanger des Generals auf einen anderen verdeckten Ermittler treffen. Koslow muss plötzlich um das Leben seiner Frau und seiner Tochter fürchten und wird von Klimek gezwungen, noch einmal in den Knast zu gehen, um die Vorherrschaft im Drogengeschäft neu zu regeln.

The Informer ist – das zeichnet sich schon in der Anfangsviertelstunde ab – kein raffiniert gebauter Crime-Thriller, der mit aufsehenerregenden Wendungen punkten kann. Stattdessen dürften, zumindest dem/der genreaffinen Zuschauer*in, die Elemente, aus denen sich die Geschichte zusammensetzt, bestens vertraut sein. Eine missglückte Undercover-Mission, die den Protagonisten in arge Bedrängnis bringt, ein eiskalt taktierender FBI-Abteilungsleiter (etwas unterfordert: Clive Owen), der seinen Informanten fallen lassen will, ein NYPD-Cop (der Rapper Common), dem der Tod eines Kollegen keine Ruhe lässt, und ein von brutalen Hierarchien geprägter Gefängnisalltag – das, was uns der italienische Regisseur in seiner zweiten Arbeit zeigt, hat man in unzähligen Filmen bereits so oder ähnlich serviert bekommen.

Obwohl weite Teile der Handlung vorhersehbar sind und das von Di Stefano, Matt Cook (Angel Has Fallen) und Rowan Joffe (Ich. Darf. Nicht. Schlafen.) verfasste Drehbuch die Zeichnung der Figuren, besonders der Nebencharaktere, vernachlässigt, kommt phasenweise echte Spannung auf. Zu verdanken ist dies zum einen der grimmig-effektiven Inszenierung, die für einige atmosphärische Akzente sorgt. Zum anderen muss man die Leistung des Hauptdarstellers Joel Kinnaman hervorheben. Der in Schweden geborene Schauspieler bringt nicht nur die nötige physische Präsenz mit, sondern schafft es auch, seine wenig ausdifferenzierte Rolle mit der notwendigen emotionalen Intensität zu versehen. Dank seiner engagierten Performance wirkt das Ringen des abgestürzten Ex-Soldaten um ein anständiges Familienleben – ein altbekanntes Genremotiv – kein bisschen abgeschmackt.

Dass Di Stefanos prominent besetzter, hierzulande aber nur auf dem Home-Entertainment-Markt erscheinender Mix aus Gangster- und Gefängnisfilm trotz gelungener Passagen unter dem Strich bloß solide Thriller-Unterhaltung bietet, liegt auch an einem wackelig konstruierten Endspurt. Mit der Glaubwürdigkeit der zeitlichen Abläufe nehmen es die Macher auf der Zielgeraden leider nicht allzu ernst.

The Informer (2019)

Die Welt des Ex-Elitesoldaten Pete Koslow wird auf den kopf gestellt, als er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, weil er versucht hatte, seine Frau zu schützen. Während seiner Haft bietet ihm das FBI einen Deal an: Er kann vorzeitig entlassen werden, wenn er sich als Informant verdingt, der einen Mithäftling namens „The General“ ausspioniert, der einer der führenden Köpfe des organisierten Verbrechens in New York ist. Doch dann läuft alles anders als erhofft und Koslow gerät zwischen die Fronten.

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Meinungen

Martin Zopick · 14.10.2022

Spannender Agententhriller, bei dem der Informant Pete Koslow (Joel Kinnaman) nach einem missglückten Deal von seinen Auftraggebern zwischen die Mühlsteine von Geheimdienst FBI und der New Yorker Polizei droht zerrieben zu werden.
Pete will eigentlich nur seine Frau Sophia (Bond Girl Ana de Armas) und seine kleine Tochter aus seinen Geschäften heraushalten. Agentin Wilcox (Rosamund Pike) setzt Pete als verdeckten Ermittler gegen die polnische Drogenmafia ein. Als das misslingt muss sie versuchen den eigenen Hals auch gegen ihren Vorgesetzten Montgomery (Clive Owen) zu retten. Alle drei schlagen sich mit korrupten Kollegen und dem ehrbaren Edward Grens (der Rapper Common) herum, der Pete und seiner Familie letztendlich hilft.
Kleine Lücken im Plot wie z.B. Petes Gefängnisausbruch werden von der hohen Spannung überdeckt. Vor allem die Zeit im Gefängnis ist unerbittlich hart, aber durchaus realistisch. Und ein optionales zeitnahes Happy End der Familie Koslow wird vom Zuschauer dankend aufgenommen, so wie es Regisseur Andrea di Stefano darstellt.