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„Der Flohmarkt der Madame Claire“ ist eine Reise in die Vergangenheit: Der Film nimmt die einstige Herrschaftlichkeit einer wohlhabenden Familie in den Blick, aber auch deren düstere Kapitel. Und überrascht mit seiner wundervollen Ausstattung.

Der Flohmarkt von Madame Claire (2018)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Familiengeschicke

Flohmärkte sind eine Win-Win-Situation: Nicht mehr gebrauchte Dinge werden aussortiert, man kriegt ein wenig Geld dafür und die Kaufenden freuen sich über gemachte Schnäppchen. Von einem solchen Flohmarkt erzählt der Film von Regisseurin und Co-Autorin Julie Bertuccelli, „Der Flohmarkt der Madame Claire“, und gleichzeitig hält er eine ganz andere Geschichte bereit.

Als Claire (Catherine Deneuve) eines Morgens aufwacht, weiß sie: Heute ist ihr letzter Tag, der letzte Tag ihres Lebens. Und das ist ein guter Grund ihr Haus auszumisten und alles zu verkaufen, was sie in ihrem Leben an Schätzen, Kunstwerken und Antiquitäten angesammelt hat. Claire heuert eine Handvoll Arbeiter an und lässt all ihr Hab und Gut auf den Rasen schaffen. Für Minibeträge verscherbelt sie das, was ihr zeitlebens so wichtig war: Kunstvolle mechanische Puppen oder den Schreibtisch ihres Vaters, den er 1920 von einem Baron abgekauft hat.

Martine (Laure Calamy), eine Schulfreundin von Claires Tochter Marie kommt vorbei, ist entsetzt und ruft Marie (Chiara Mastroianni) an. Nach Jahren kehrt diese zurück in ihre Heimatstadt, Verderonne, und sucht ihre Mutter auf, zu der sie über 20 Jahre fast keinen Kontakt hatte. Behutsam begegnen sich die beiden Frauen, die eine große Liebe, aber auch – das wird erst nach und nach deutlich – ein tiefer Schmerz verbindet. Denn, so enthüllt die Geschichte häppchenweise, hinter ihnen liegt eine tragische Familiengeschichte, und es ist an der Zeit nicht nur im Haus aufzuräumen, sondern auch mit der Vergangenheit.

Die Vergangenheit von Claire bricht sich immer mehr Bahnen auch in der Gegenwart – das Gedächtnis der alten Dame hat sich zunehmend verschlechtert, immer wieder und immer öfter drängen Szenen von früher in das Jetzt hinein, plötzlich und unangekündigt. Für Claire wie auch für den Zuschauer, denn filmisch sind die Erinnerungen entsprechend durch eine unvermittelte Montage eingebaut, ohne dass sie als Vergangenheit gekennzeichnet werden. Nichts Neues natürlich, aber es funktioniert trotzdem. Claire bewahrt dabei immer Contenance – überzeugend dargestellt von Catherine Deneuve, die auch in den unangenehmsten Momenten die Haltung einer grande dame einnimmt.

Allerdings bleibt vieles im Unklaren: die Motivation der Figuren ebenso wie der Verlauf der vergangenen Familiengeschichte. Vieles muss man sich dazu denken, manches ist offensichtlich, manches klischeehaft, anderes wiederum überrascht dann. Doch hätte es der Geschichte gut getan, etwas klarere Linien zu zeichnen. Sowohl der deutsche Titel als auch der französische Originaltitel (La dernière folie de Claire Darling) lassen eine bestimmte Art des französischen Films vermuten, sie klingen nach Amélie und auch ein bisschen nach Monsieur Claude. Doch der Film entpuppt sich als wenig einsortierbar: Der Flohmarkt von Madame Claire ist keine Familiensage, keine Komödie, obwohl er auch mit komischen Momente aufwartet, kein Drama, weil das eigentlich Dramatische ausgelassen und nur angedeutet wird.

Eine der großen Besonderheiten des Films ist seine Ausstattung, das wird auch schon im Vorspann deutlich: Der Blick auf die alten Schätze, welche Laure und Marie mit vielen schönen Erinnerungen verbinden, auf die Uhren, die Gemälde, die Möbelstücke, das herrschaftliche Haus und Anwesen. Man merkt der Filmemacherin den Spaß an, den sie dabei gehabt haben muss, die alten mechanischen Schätze zu filmen und ins rechte Licht zu rücken. Die Puppen, die mit ihren Bewegungen kleine Zaubertricks vollführen, und immer wieder die Uhr, von einem Elefanten getragen – das eigentliche Herzstück aus Maries Kindheit.

Der Flohmarkt von Madame Claire (2018)

Als Claire Darling eines Morgens im Sommer erwacht, ist sie fest davon überzeugt, dass heute der letzte Tag ihres Lebens ist. Also beschließt sie, das Haus vollständig zu leeren und alles zu verkaufen. Und wie durch ein Wunder steht plötzlich just an diesem Tag Mary vor ihr — ihre Tochter, die sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat. 

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