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Aus bekannten Genre-Formeln, die mit neuen Versatzstücken angereichert werden, lassen sich oft ganz eigene Ideen entwickeln. Our House versucht, einer zeitlosen Frage eine neue Drehung zu geben – aber gelangt damit nur zu einer alten Erzählung.

Our House (2018)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Geistlose Geister

„Was kann schon schiefgehen, wenn… ?“ – Mit dieser Frage beginnen viele gute Horrorfilme. Auch Anthony Scott Burns entwickelt seinen Film Our House entlang der bewährten Form: Was kann schon schiefgehen, wenn ein Teenager versehentlich mit der Bastelei an seiner elektrischen Erfindung ein Tor in die Welt der Toten öffnet? Die Antwort auf eine solche Frage ist den Genre-Zuschauer*innen selbstverständlich bekannt – im Fall von Our House nur leider ein wenig zu gut.

Ethan (Thomas Mann) arbeitet an einer revolutionären Erfindung: Ein Gerät, das kabellos Strom übertragen soll. Als er eines Nachts erneut einen erfolglosen Probelauf mit seinen Freunden durchführt, sterben jedoch bei einem Autounfall seine Eltern. Ethan muss sich fortan um seine jüngeren Geschwister Matt (Percy Hynes White) und Becca (Kate Moyer) kümmern und seine Schuldgefühle verarbeiten: Wäre er in jener Nacht zu Hause geblieben –hätte es vielleicht nie zu dem Unfall kommen müssen? Doch die Erfindung lässt ihn nicht los und bald erkennt er, dass die Probeläufe keineswegs erfolglos waren. Statt kabelloser Elektrizität erreichen sie jedoch etwas ganz anderes: Die Geister seiner toten Eltern beginnen sich im Haus zu materialisieren. Was Ethan nicht ahnt: Es handelt sich keineswegs nur um die Geister seiner Eltern …

Our House beginnt mit nahen Einstellungen alter technischer Geräte, eine Nadel, die über eine Vinyl-Platte läuft, nostalgischer Charme durchzieht die Bilder. Durch die Reparatur eines Plattenspielers wird Ethan als Protagonist eingeführt und sofort verortet sich der Film, so scheint es, im Feld der gegenwärtigen Retro-Begeisterung für analoge Technik. Dann das quasi-magische Gerät, mit dem Elektrizität ohne Kabel übertragen werden soll und eine andere Retro-Ästhetik mischt sich dazu: das rotierende Dreieck mit den hell-rötlich leuchtenden Seitenkanten könnte aus einem Science-Fiction-Film der 1950er stammen und der Film nimmt so auch die Spur einer gewissen Genre-Nostalgie auf.

Mit dem plötzlichen Tod der Eltern und einem Zeitsprung scheint Our House jedoch völlig neu anzusetzen: Abgesehen von Ethans Nebenjob in einem großen Gebrauchthandel für alte Elektronik spielt weder die technische Retro-Ästhetik weiter eine Rolle, noch über Ethans Erfindung hinaus der anfänglich aufgenommene Bezug zur Geschichte des eigenen Genres, das Our House stattdessen zunehmend in die Richtung einer sehr konventionellen Haunted-House-Erzählung verschiebt.

Das Interesse für die Verbindungen zwischen (Retro-)Technik und Geistererscheinungen und die möglicherweise spannende Komponente, die ein leiser Grundton der Science-Fiction dem Verlauf des Horror-Films hinzufügen kann, verliert Our House nach seinem Prolog fast völlig aus den Augen. Als hätte er die Lust an seiner ursprünglichen Idee verloren, nutzt der Film das Setting, um sich stattdessen eine Weile dem persönlichen Umgang der Kinder mit dem Tod ihrer Eltern zuzuwenden. Doch auch diese Linie lässt Our House bald wieder fallen, um die alte Geschichte von den erzürnten Geistern der Vergangenheit in den Fokus zu rücken, die es in einem mäßig actionbeladenen und allzu konventionellen Finale zu besiegen und auszutreiben gilt.

Es ist, als würden drei oder mehr Geister in dem Film hausen und nie ist klar, welcher davon nun beschworen werden soll. Jede der abwechselnden Linien hätte allein verfolgt eigene Ideen hervorbringen können – die zunehmend desinteressierte und in Standardszenen verfallende Erzählung findet jedoch nie ganz zu sich, streckt sich in überflüssigen Erklärungen und nur vermeintlich Tiefgang verschaffenden Dialogen, die eher schlecht von der Ideenlosigkeit des Films ablenken.

Dabei ist die Inszenierung der Geister-Erscheinungen durchaus gelungen und zeigt Ansätze für eigene Bilder, die der Film dann aber nicht konsequent genug verfolgt. Auch Thomas Manns immer wieder aufleuchtende Versuche, der flachen Zeichnung seiner Hauptfigur emotionale Tiefe zu verleihen, können nur stellenweise über das schwache Drehbuch hinwegtrösten. So ist es umso bedauerlicher, dass Our House nicht weiß, wohin er seinen Ansätzen folgen und was er aus dem Potenzial seiner Inszenierung und seines Hauptdarstellers gewinnen möchte. Alle Energie, die der Film anfänglich aufbaut, verflüchtigt sich schließlich im luftleeren Raum seiner Unentschlossenheit.

Our House (2018)

Ein junger Wissenschaftler erfindet eher zufällig ein Gerät, mit dem sich paranormale Phänomene verstärken und damit auch die Seelen der Verstorbenen zurückbringen lassen. Doch des sind nicht nur gute Geister, die er damit zu neuem Leben erweckt …

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