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Mit „Happy Hour“ gelang Ryusuke Hamaguchi der Überraschungshit schlechthin. Sein neues Werk „Ob wir schlafen oder wachen/Asako I & II“ überrascht auch. Allerdings auf ganz andere Art und Weise.

Ob wir schlafen oder wachen (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Eine Frau, zwei Männer & keine Ahnung

Vor ein paar Jahren stürmte der japanische Regisseur Ryusuke Hamaguchi mit seinem Film Happy Hour hinein in die Filmszene und das mit einem Werk, das trotz seiner epischen Länge von über 5 Stunden vorbeiging wie im Flug. Grund dafür: die Feinfühligkeit der Inszenierung und die wunderbaren Charakterstudien seiner Figuren. Grund genug, sich auf Asako I & II außerordentlich zu freuen.

Doch leider schläft einem bei diesem neuen Werk das freudige Gesicht alsbald ein. Zusammen mit den Füßen und dem Hirn dazu, denn ach je, dieser Film ist vor allem eines: leer. Und damit meine ich nicht die wunderbare Leere, die japanische Filmen seit Ozu diesen Raum zur Kontemplation gibt. Auch wenn Asako I & II ab und an solche Momente einbaut, in denen man nur der Katze Jintan beim Rumliegen zuschauen kann. Jintan ist es dann auch, die hier in ihrer katzischen Varianz aus Entspannung und Ignoranz alle Sympathien auf sich zieht. Aber der Rest ist konventionelle Langeweile:

Asako (Erika Karata), eine Porzellanpuppe in Aussehen und Schauspielkraft, trifft eines Tages auf Baku (Masahiro Higashide), der einen Haarschnitt, aber auch ein bisschen Therapie gebrauchen könnte. Er ist von der sprunghaften Sorte; erst küsst er sie und sie wird, ohne weiteren Anlass, seine Freundin, dann haut er einfach ab und kommt eine Weile nicht wieder. Asako, brav wie sie ist, wartet auch ihn. Als er am nächsten Tag wiederauftaucht, reicht ihre Wut für ein bisschen Schmolllippe und das war es dann auch schon. Asako ist eine dermaßen sich unterordnende, angepasste Frau, dass es schon weh tut. Doch Baku verspricht ihr, dass er, auch wenn er ab und an mal abhaut, wieder zu ihr zurückkommen wird. Sagt er. Und ist wieder weg. Nach 2 Jahren Wartezeit gibt dann auch die bravste aller Freundinnen auf. Asako zieht nach Tokio und arbeitet dort in einem Coffee Shop. Eines Tages lernt sie Ryohei (Masahiro Higashide) kennen, der genauso aussieht wie Baku – nur mit einem ordentlichen Haarschnitt. Ryohei ist ein guter Kerl, er arbeitet hart und findet Asako sofort bezaubernd. Doch die ist von dem Doppelgänger irritiert und versucht ihm erst aus dem Weg zu gehen und ihn wegzustoßen. Doch nach einem Erdbeben kommen sich die zwei dann doch dank kurzer Existenzkrise näher. Und 5 Jahre später sind sie noch immer ein paar. Mit Katze (Jintan!), Häuschen und allem, was man so braucht als Kernfamilie. Doch dann, wie soll es in solch einem Doppelgängerfilm auch anders sein, taucht Baku wieder auf. Und Asako? Kann sich nicht entscheiden? Oder doch? Oder nicht?

Das große Problem von Asako I & II ist seine tragisch-langweilige Konventionalität, die den Film konstant vor sich hinplätschern lässt, ohne jemals in die Tiefe zu gehen. Bis auf einen kurzen Moment ist das Werk schmerzhaft vorhersehbar, seine Figuren bleiben Abziehbilder, die für Ideen wie „die Frau“, „der Mann“ und „die Beziehung“ stehen, ohne jemals relevante, ambivalente oder irgendwelche anderen Aussagen zu treffen. Und das innerhalb eines Genres, welches eh seine besten Tage gesehen hatte. Erst 2017 hatte sich François Ozon mit Der andere Liebhaber die Zähne beim Versuch ausgebissen, diese Geschichte und ihre inhärente Metapher irgendwie innovativ zu gestalten. Ryusuke Hamaguchi scheint dies gar nicht erst zu versuchen. Wie enttäuschend, vor allem nach so einem hervorragenden und innovativen Erstlingswerk.

Doch seine Herangehensweise verfestigt nur schnell die drei Figuren als Narzisst bzw. angepasste LangweilerInnen, die sich einfach nicht entscheiden können, und nimmt dabei so viel Energie und Willen aus dem Publikum, dass man gar keine Lust mehr hat, wenigstens zu versuchen, in die präsentierte Metapher etwas hineinzulegen. Und so kommt man aus dem Kino, ahnend, dass es hier vielleicht um romantische Liebe, Entscheidungen, das Leben oder so gehen sollte, um letztendlich doch nur zu denken: aber die Katze, die war echt niedlich.

Ob wir schlafen oder wachen (2018)

Die 21 Jahre alte Asako aus Osaka verliebt sich heftig in Baku, doch der verschwindet eines Tages einfach von der Bildfläche. Zwei Jahre später — in der Zwischenzeit ist sie nach Tokyo umgezogen - begegnet sie Ryohei, der Baku verblüffend ähnlich sieht. Die beiden beginnen eine Beziehung miteinander, doch Ryohei ist charakterlich vollkommen anders als ihre früherer Liebhaber.

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