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In ihrer fünften Zusammenarbeit unter Agnés Jaouis Regie laden die Französin und ihr Kollege Jean-Pierre Bacri zu einer Landpartie. Während sich die Gäste bei „Champagner & Macarons“ vergnügen, gerät das Gartenfest langsam, aber stetig außer Kontrolle.

Champagner & Macarons - Ein unvergessliches Gartenfest (2018)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Zwischen Sekt und Selfies

Eine Feier im Grünen. Fernsehproduzentin Nathalie (Léa Drucker) hat in ihre Villa vor den Toren Paris‘ geladen und alle sind gekommen. Neben Stars, Sternchen und Strippenziehern der Medienbranche treten sich Nathalies der breiten Öffentlichkeit unbekannte Bekannte und ihre Nachbarn gegenseitig auf die Füße.

Wir ahnen früh, dass dieses Gartenfest ein unvergessliches werden wird. Des Hinweises im deutschen Untertitel hätte es dazu ebenso wenig bedurft wie der kurzen Vorblende, die Regisseurin Agnès Jaoui und ihr Koautor Jean-Pierre Bacri, wohl um das Publikum in gespannte Erwartung zu versetzen, der eigentlichen Handlung vorschalten. Die Anspannung zwischen den illustren Charakteren ist auch so zu spüren.

Dreh- und Angelpunkt der Party ist TV-Moderator Castro (Jean-Pierre Bacri), der die Landpartie eigens mit Chauffeur Manu (Kévin Azaïs) antritt. Zwischen Sektempfang und Selfies kämpft das zynische Ekelpaket gleich an mehreren Fronten. Für seine Ex-Frau Hélène (Agnès Jaoui), Nathalies Schwester und selbst erklärte Weltverbesserin, und deren Lebensgefährten, den gutmütigen Physiotherapeuten Vincent (Eric Viellard), hat Castro nur Verachtung übrig. Die gemeinsame Tochter Nina (Nina Meurisse) treibt ihm mit ihrem neuesten, Geheimnisse ausplaudernden Buch, die eigene Freundin Vanessa (Héléna Noguerra) mit einer vermeintlichen Affäre die Zornesröte auf die Stirn. Obendrein gehen dem einstigen Quotengaranten die Zuschauer und die Haare aus. Nathalie, stets mit Smartphone in der Hand und einem Kopfhörer im Ohr, erwartet jede Minute Castros telefonischen Rauswurf. Die Medienmacher haben einen Jüngeren wie Internetphänomen Biggie Star (Yvick Letexier) im Sinn. Der reüssiert im weltweiten Netz mit Videos über das Nichtstun und hat in Nathalies Garten gleich seine ganze Hipster-Entourage angeschleppt.

Bereits zum fünften Mal arbeiten Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri als Duo vor und hinter der Kamera zusammen. Lust auf anderes (2000) markierte den Auftakt einer eingespielten Arbeitsweise: Die Drehbücher schreiben sie, wie schon zuvor etwa bei Alain Resnais‘ Das Leben ist ein Chanson (1997), gemeinsam, Jaoui führt Regie, beide übernehmen eine Rolle. Bis 2012 waren sie auch privat liiert. In Champagner & Macarons spielen sie nun 2 lange getrennte Eheleute. Abseits all der kleinen Nebenkriegsschauplätze geht es auch dieses Mal um enttäuschte Egos, sehnt sich doch jede der Figuren nach Bestätigung im Privat- und Berufsleben.

Der Humor ist subtil und erschließt sich erst allmählich. Statt scharfer Wortgefechte setzen feine Beobachtungen die Pointen, von Kameramann Yves Angelo oft unscheinbar eingefangen. Die Reaktion auf einen Händedruck verrät etwas über die Attraktivität eines Mannes, der Gebrauch des Smartphones etwas über die Arbeitsmoral der Generation Internet und die Platzierung des Chauffeurs sowie ein Gespräch mit der Bürgermeisterin sehr viel über Klassenzugehörigkeit einer vermeintlich klassenlosen Gesellschaft.

Dass ihre Nachbarn, die Bauern Jean-Luc (Michel Masiero) und Marie (Marie Agnès Brigot), auch sonntags früh raus müssen, kümmert Nathalie wenig. Wo die Blaublüter einst vom Hof gejagt wurden, ist mit ihr nun der Geldadel eingezogen. Hinter der liberalen Fassade herrscht ein neuer Standesdünkel. Zugeben würde dass freilich keiner, Nathalie am allerwenigsten. Doch schon ein Blick auf den Parkplatz, auf dem sich Luxuskarosse an Kleinwagen reiht, entlarvt, dass auf dem Papier zwar alle gleichberechtigt, selbstredend aber nicht gleich sind. Die Männer an der Seite der Gastgeberin illustrieren das süffisant. Während Assistent Titi (Olivier Broche) ihr wie ein treudoofer Dackel hinterherhechelt, leistet sich Nathalie mit ihrem Lebensgefährten Pavel (Miglen Mrtchev) einen umtriebigen Wachhund, ein exotisches Prachtexemplar.

Im Original heißt die Komödie denn auch Place publique, was deren Kern viel besser trifft als der aufs Arthouse-Publikum schielende deutsche Verleihtitel. Nathalies Garten ist nicht nur ein privater Raum, der durch die Feier, die anwesenden Gäste und deren Mediennutzung zu einem öffentlichen wird, er ist auch ein Forum, in dem über Personen des öffentlichen Lebens, über Gesellschaftsentwürfe und Lebensweisen Gericht gehalten wird. Das ist nah an der Realität, aber auch immer ein wenig zu alltäglich. Aus der breiten Masse sticht keine der Figuren heraus, brennt sich keine schauspielerische Leistung ein. Wie das Fest plätschert auch der Film allzu seicht seinem Ende entgegen.

Champagner & Macarons - Ein unvergessliches Gartenfest (2018)

Einst war Castro ein beliebter TV-Moderator, doch nun, da er älter wird, schwindet seine Popularität, während sein Zynismus nach wie vor funktioniert. Bei einer Party im Landhaus seiner Produzentin strömt der Champagner in Strömen, doch es ist ein Tanz auf dem Vulkan …

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Meinungen

französisch amüsant · 18.10.2018

Französische Filme haben noch immer einen besonderen Flair, macht immer Lust zum Schauen und die Filme sind wunderbare Analysen von Charakteren und Gesellschaftsszenen.