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Tragikomisch und realistisch, im Genre verankert und dennoch unkonventionell: Der Film von Darren Thornton zeigt eine sympathisch-unangepasste Heldin auf der Suche – nach einem Date, eigentlich aber nach sich selbst.

Ein Date für Mad Mary (2016)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Raue Zärtlichkeit

In Ein Date für Mad Mary trifft die Tragikomik eines John-Hughes-typischen Coming-of-Age-Werks auf eine realistische Milieuschilderung – und ein zunächst formelhaft erscheinender Romantic-Comedy-Plot auf sehr authentisch anmutende, vielschichtige Gefühle. Für sein Langfilm-Regiedebüt hat der 1976 geborene Ire Darren Thornton gemeinsam mit seinem Bruder Colin Thornton das Monologstück 10 Dates with Mad Mary der Theaterautorin und Schauspielerin Yasmine Akram adaptiert (nachdem er dieses auch schon für die Bühne in Szene gesetzt hatte) und legt eine durch und durch liebenswürdige Arbeit vor, die bei aller Schroffheit unsagbar sensibel ist.

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Die Handlung spielt in der Stadt Drogheda nördlich von Dublin; die Protagonistin Mary (Seána Kerslake) ist in ihren Zwanzigern und hat die vergangenen sechs Monate im Knast verbracht, da sie eine junge Frau in einem Club angegriffen und schwer verletzt hat. Sie lebt mit ihrer Mutter Suzanne (Denise McCormack) und ihrer Großmutter (Barbara Brennan) zusammen – und möchte nach ihrer Entlassung einfach nur wieder mit ihrer langjährigen besten Freundin Charlene (Charleigh Bailey) feiern gehen. Diese ist inzwischen allerdings verlobt und wird sehr bald heiraten. Mary soll als Ehren-Brautjungfer fungieren; Charlene geht jedoch ganz selbstverständlich davon aus, dass Mary kein „+1“ auf die Hochzeit mitbringen wird. Kurzerhand erfindet Mary als Trotzreaktion einen Freund namens John Carter und sucht daraufhin über eine Dating-Agentur nach einer passenden Begleitung. Ferner lernt sie die Singer-Songwriter-Künstlerin Jess (Tara Lee) kennen, die auf Charlenes Feier filmen und fotografieren soll.

Die Suche nach einem geeigneten Date könnte zu einer hysterisch-albernen Angelegenheit werden, in welcher sich die Heldin im Stile von Werken wie Wie werde ich ihn los in 10 Tagen oder Der perfekte Ex in heillos konstruierte Konfliktsituationen begibt, wie sie das Leben niemals schreibt. Tatsächlich spielt Ein Date für Mad Mary mit den Konventionen des romantisch-komödiantischen Genres, etwa wenn in einer Montagesequenz diverse missglückte Verabredungen eingefangen werden. Dem Film (und dessen Vorlage) geht es aber um weitaus mehr als das: Es geht – unter anderem – um die schleichende Erkenntnis, dass eine einst so bedeutsame Freundschaft ihre Kraft verloren hat und damit ein Lebensabschnitt endet. Zuweilen werden die Gegensätze, die zwischen Mary und Charlene (inzwischen) herrschen, um eine Spur zu deutlich gezeigt; insgesamt wird jedoch spür- und begreifbar, wie schmerzhaft es sein kann, sich auseinanderzuentwickeln, sich voneinander entfernt zu wissen, selbst wenn man im selben Raum ist. Überdies überzeugt Ein Date für Mad Mary durch die Skizzierung von Marys Umgebung: So, wie in jedem witzigen Dialog des Films stets etwas latent Trauriges herauszuhören ist, ist auch in jedem einnehmenden Bild des Kameramannes Ole Bratt Birkeland etwas leicht Melancholisches zu sehen.

Dass in einem Film so oft „fuck“ gesagt wird und man als Zuschauer_in dennoch meist das Seltsam-Schöne, das Lebens- und Liebenswerte erfasst, gelingt nur äußerst selten. Ein Date für Mad Mary ist so ein Fall – eine Geschichte mit Ecken und Kanten, irgendwie unfertig und roh, ganz so wie ihre Protagonistin. Und es ist wirklich wunderbar, sie – die Geschichte und deren Heldin – erleben zu dürfen. Seána Kerslake verkörpert die Titelfigur glaubhaft als mal zornige, mal träge junge Frau, die zur (Selbst-)Zerstörung neigt. Zudem bekommt sie mit Tara Lee als Musikerin Jess eine großartige Spielpartnerin, mit der sie völlig unaufgeregt die Entdeckung bisher fremder Gefühle ausagiert. „Hey!“ heißt es ganz am Schluss des Films – und es ist die Begrüßung einer neuen Lebensphase, eines neuen Pfades, welcher individuelle Stärke erfordert, den man aber nicht allein gehen muss.
 

Ein Date für Mad Mary (2016)

In „Ein Date für Mad Mary“ trifft die Tragikomik eines John-Hughes-typischen Coming-of-Age-Werks auf eine realistische Milieuschilderung – und ein zunächst formelhaft erscheinender Romantic-Comedy-Plot auf sehr authentisch anmutende, vielschichtige Gefühle.

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