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Superhelden beflügeln die Phantasie von Millionen von Zuschauern. Dabei sind die wahren Superkräfte ganz alltäglich: Die kenianisch-deutsche Co-Produktion Supa Modo erzählt eine andere Geschichte vom Kampf gegen das Böse.

Supa Modo (2018)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Die wahren Superkräfte des Kinos

Wenn im wer-weiß-wievielten Aufguss eines der großen Comic-Universen mal wieder die Kinoleinwände von gigantischen Explosionen, ultimativen Bedrohungen und tapferen Übermenschen heimgesucht werden, strahlen unzählige Kinderaugen heller. Auch das schwer kranke Mädchen Jo (Stycie Waweru) träumt in ihrem Heimatdorf Maweni in Kenia davon, die Welt vor dem Bösen zu retten. Likarion Wainainas Supa Modo zeigt, dass dazu gar keine großen Taten nötig sind – sondern allein der Glaube an die Superkraft der Phantasie.

Als ihre Mutter Kathryn (Marrianne Nungo) sie aus dem Krankenhaus abholt und zurück nach Hause bringt, steht bereits fest, dass Jo nur noch wenige Monate zu leben haben wird. Aus Sorge um ihre Gesundheit verbietet ihre Mutter dem schwer kranken Mädchen jede übermäßige Belastung – doch gemeinsam mit ihrer Schwester Mwix (Nyawara Ndambia) kann Jo immer wieder heimlich Ausflüge ins Dorf unternehmen und allen Menschen zeigen, welche Superkräfte sie hat. Als das Unausweichliche näher rückt, beschließt das Dorf, Jo ihren größten Traum zu erfüllen: Eine echte Heldin auf der Kino-Leinwand zu werden, ganz wie ihre großen Vorbilder.

Unabwendbar schreitet Supa Modo auf den Tod des von Stycie Waweru mit tief berührender Stärke gespielten Mädchens zu. Der Film erlaubt keine Umwege, keine Wunder, keine Hoffnung auf eine falsche Erlösung aus den unumstößlichen Gegebenheiten des Lebens. Jo ist krank und sie wird sterben und nichts kann an dieser einfachen und erdrückenden Tatsache etwas ändern. An den Umständen aber, an jedem einzelnen Augenblick, der ihr bleibt, daran lässt sich sehr wohl etwas ändern.

So überzeugt ihre große Schwester nach und nach das ganze Dorf in immer größer angelegten Aktionen dazu, Jos Superfähigkeiten real werden zu lassen: Die von Nachbarn gespielten Diebe bei einem scheinbaren Kiosk-Überfall werden von dem kleinen Mädchen heldenhaft verhauen, der Salzstreuer schiebt sich wie durch telekinetische Energie über den Tisch (oder doch durch den Bindfaden, der zuvor daran befestig wurde?), das ganze Dorf steht still, wenn Jo auf dem Markt die Zeit anhält, um einen fliehenden Räuber zu stellen.

Das Wunderbare an Supa Modo ist die Ehrlichkeit seiner Phantasie: Es geht nicht darum, eine Welt zu imaginieren, in der Jo die Zeit anhalten kann, sondern um eine Welt, in der eine Gemeinschaft füreinander einsteht und die Träume eines kleinen Mädchens tatsächlich die Welt bewegen können. Wenn schließlich alle gemeinsam, mit den einfachen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, das Unterfangen aufnehmen, einen Superhelden-Film mit Jo in der Hauptrolle ihres Alter Egos Supa Modo zu drehen, dann entfaltet sich darin die wahre, wunderbare Magie des Kinos: Nicht zu zeigen, wie eine Welt aussehen könnte, in der Superfähigkeiten wahr wären, sondern die Hoffnung daran zu stärken, dass die gewöhnliche Welt, die alltäglichen Menschen und Orte vor unserer Tür, ganz wahrhaftig von Phantasie erfasst und verwandelt werden können.

Das ist die Superkraft des Kinos: der unabwendbaren Vergänglichkeit lässt sich nichts entgegensetzen, keine Phantasie der Welt kann den Tod aufhalten oder umkehren. Das Kino aber kann ein Stück Ewigkeit einfangen, es kann wahre Helden erschaffen, deren einzige Superfähigkeit ihr Glaube an die unzähmbare Kraft der Phantasie ist – eine Superfähigkeit, die das Kino jedem einzelnen geben kann. 

Supa Modo ist damit ein Superhelden-Film im wahrsten Sinne, der zu keinem Augenblick der Gefahr allzu sentimentaler Abschiedsszenen verfällt. Auch deswegen ist es ein Film, dessen Superkraft darin liegt, an die Ewigkeit der Phantasie glauben zu können und an ihre Macht, der kein Tod jemals etwas anhaben könnte.

Supa Modo (2018)

Jo träumt davon, eine Superheldin zu werden. Gegen alle Widerstände und im Wettlauf mit der verrinnenden Zeit macht sich ein ganzes Dorf daran, ihren letzten Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen: einen Film zu drehen, in dem sie selbst die Hauptrolle spielt. Denn die Neunjährige ist unheilbar krank.

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