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Josie Rourke befasst sich in ihrem historischen Drama mit der schwierigen Beziehung zwischen den Königinnen Maria Stuart und Elisabeth I., gespielt von Saoirse Ronan und Margot Robbie.

Maria Stuart, Königin von Schottland (2018)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Geliebte Feindin

Das Leben von Maria Stuart wurde schon oft künstlerisch bearbeitet. Auf der Leinwand wurde die Monarchin etwa bereits von Katharine Hepburn und Vanessa Redgrave verkörpert. In ihrem Debüt als Filmregisseurin widmet sich nun auch die Britin Josie Rourke, die eine langjährige Theatererfahrung mitbringt, dem historischen Stoff. Nach einem Skript von Beau Willimon, welches wiederum auf dem Buch Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart von John Guy basiert, porträtiert sie in „Maria Stuart, Königin von Schottland“ eine stolze, intelligente Frau – und deren ambivalentes Verhältnis zu ihrer Cousine, Königin Elisabeth I.

Es beginnt auf dem Schafott im Jahre 1587, ehe die Handlung um mehr als ein Vierteljahrhundert zurückspringt, um zu zeigen, wie die schottische Königin Maria Stuart (Saoirse Ronan) nach dem frühen Tod ihres Gatten – des damaligen Königs von Frankreich – als sehr junge Witwe aus dem französischen Exil in ihre Heimat zurückkehrt. Dort beansprucht die Katholikin nicht nur den Thron von Schottland, sondern auch den von England – wodurch sie zu einer Gefahr für die englisch-protestantische Regentin Elisabeth (Margot Robbie) wird. Obgleich beide Herrscherinnen eine friedliche Lösung bevorzugen würden, droht alsbald ein Krieg, zumal sowohl Maria als auch Elisabeth von Staatsmännern, Geistlichen und (vermeintlichen) Vertrauten in ihrem jeweiligen Umfeld unter Druck gesetzt werden, da diese ihre ganz eigenen Ziele verfolgen. So zum Beispiel der charismatische Lord Henry Darnley (Jack Lowden), der hofft, durch eine Heirat mit Maria zum König aufzusteigen.

Die komplexe politische Situation und die damit einhergehenden Schachzüge, Verstrickungen und Intrigen muss das Werk selbstverständlich verdichten – und so mancher Moment, darunter auch ein queerer Twist in der Dreiecksbeziehung um Maria, Henry und Marias Privatsekretär David Rizzio (Ismael Cruz Cordova), hat durchaus etwas von einer royalen Seifenoper. Die mal feinsinnige, mal wunderbar exzentrische Inszenierung und das stets intensive Schauspiel machen Maria Stuart, Königin von Schottland aber zugleich zu einem außergewöhnlichen Historienfilm sowie zu einem emotionalen Charakterstück.

Da sind zunächst einmal die Kostüme von Alexandra Byrne, die nicht – wie in anderen Vertretern des Genres – einfach nur hübsch anzusehen sind, sondern auch von der Persönlichkeit ihrer Träger_innen erzählen: von dem, was sie sein müssen, sowie von dem, was sie sein wollen; von ihren Ängsten ebenso wie von ihrer Kraft. Wenn hier eine Perücke als Zeichen völliger Selbstentblößung vom Kopf genommen wird oder mit dem glühenden Rot eines Kleides ein finales Widerstandssignal gegeben wird, hat das mehr Wucht als das Gemetzel in etlichen Schlachten-Epen. Diese Dramatik gelingt Rourke in ihrer Umsetzung der Geschichte auch auf zahlreichen weiteren Ebenen – etwa wenn Tinte auf Papier kleckst und damit über Leben und Tod entscheidet oder wenn wehende weiße Tücher in einem abgelegenen Waschhaus dem geheimen (und fiktiven) Treffen der zwei Königinnen etwas Surreales verleihen und damit die Faszination vor Augen führen, die Maria und Elisabeth füreinander empfinden.

Nicht zuletzt tragen die Aufnahmen von John Mathieson dazu bei, dass sowohl Nähe erzeugt als auch das Große, Gravierende der Geschehnisse kinematografisch erfasst wird: Wenn die Kamera die zunehmend härter werdende Elisabeth auf dem Dach ihres Schlosses einfängt und sich mehr und mehr von ihr entfernt, wird die Einsamkeit der Herrscherin deutlicher als durch jede erklärende Dialogzeile. Auch kleine Details vermögen zu überzeugen, etwa die Art, wie die höfische Unterhaltung – Musik, Tanz und Gesang – dargestellt wird. Und wann sah man in einem Historienfilm (oder überhaupt in einem Mainstream-Film) schon mal, dass die Protagonistin ihre Periode hat?

Zu den ganz wesentlichen Stärken von Maria Stuart, Königin von Schottland zählen natürlich die Hauptdarstellerinnen Saoirse Ronan und Margot Robbie. Zunächst setzt Rourke die beiden Figuren etwas zu plakativ als Gegensätze in Szene. Während bei Elisabeth alles wie eine krampfhafte Anstrengung wirkt, mutet Maria immer selbstbewusst und entschlossen an, scheint stets die richtigen Worte zu finden und mühelos zwischen kichernder junger Frau im Kreise ihrer kleinen Entourage und mal strenger, mal gütiger Autoritätsperson hin und her wechseln zu können. Im Laufe der Handlung bricht der Film diesen Kontrast jedoch mehr und mehr auf und lässt uns zwei überaus vielschichtige Charaktere erkennen, die sich nicht auf ein Stereotyp reduzieren lassen. Beide kämpfen gegen Misstrauen, Ablehnung und Niedertracht – und sind so viel mehr als die Rivalinnen, zu denen sie häufig stilisiert werden.

Maria Stuart, Königin von Schottland (2018)

Mary Stuarts (Saoirse Ronan) Versuch, ihre Cousine Elizabeth I (Margot Robbie), Königin von England, vom Thron zu stoßen, bedeutet für sie jahrelange Inhaftierung bis zur ultimativen Hinrichtung.

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