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Immer wenn der mürrische bayerische Gärtner Schorsch nicht weiterweiß, dreht er ein paar Runden mit seinem Flieger. Diesmal aber treibt ihn die Not hinaus in völlig fremde deutsche Provinzen, zu Menschen, die seine Neugier wecken. In dieser Rolle ist der großartige Elmar Wepper in seinem Element.

Grüner wird's nicht, sagte der Gärtner und flog davon (2018)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ein bayerischer Flüchtling in Brandenburg

Anders als der Filmtitel vermuten lässt, geht es in dieser Wohlfühlkomödie nicht um den grünen Daumen. Eher steckt darin eine positive Deutung des Spruchs, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns grüner ist. Eine Horizonterweiterung lohnt sich im Leben nämlich immer und ganz besonders für den hart arbeitenden Gärtner Georg oder Schorsch (Elmar Wepper) aus Bayern. Sein Betrieb ist verschuldet, die Ehe mit Monika (Monika Baumgartner) freudlos, Tochter Miriam (Karolina Horster) will die Gärtnerei nicht übernehmen, sondern auf die Kunstakademie. Als ihm nun auch noch sein geliebtes Doppeldeckerflugzeug gepfändet werden soll, fliegt Schorsch dem täglichen Kummer einfach davon.

So beginnt eine Geschichte, in der sich ein Mann auf die späte Suche nach seinen Träumen begibt. Schorsch begegnet Charakteren, die sich sehr von den Menschen in seiner gewohnten Umgebung unterscheiden. Er lernt, aus sich herauszugehen, ist hilfsbereit wie die Goldmarie aus dem Märchen, wenn er einem alten schwäbischen Bauern die Obstbäume schneidet. Eigentlich will Schorsch bis zum Nordkap fliegen, aber über Deutschland wird er nicht hinauskommen. Wobei das Klischee ja besagt, dass die unwirtliche Fremde für einen eingefleischten Bayern wie Schorsch sowieso schon direkt hinter der Grenze des Freistaats beginnt. 

Unter der Regie von Florian Gallenberger führt Hauptdarsteller Elmar Wepper jedoch den Beweis, dass Schorsch auch mit rheinischem Adel und einer burschikosen Ostdeutschen (Dagmar Manzel) umzugehen versteht. Überhaupt ist Elmar Wepper die Seele dieser Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jockel Tschiersch. Allein schon wegen der nie angestrengt wirkenden Wandlungsfähigkeit, die Schorsch demonstriert, erobert der Film das Gemüt der ZuschauerInnen. 

Anfangs lernt man Schorsch als mürrischen, unsympathischen Typ kennen, der seine Familie schlecht behandelt. Er wirft seiner Tochter vor, nur Flausen im Kopf zu haben, und blafft seine Frau an, wenn sie wieder den Wunsch äußert, es mit einer Orchideenzucht zu versuchen. Dann aber, im Kontakt mit Menschen, die ganz anders parlieren und ihm sehr selbstbewusst gegenübertreten, zeigt Schorsch seine sensible, mal schüchterne, mal herzliche Seite. Die Figur liefert Wepper eine Paraderolle, die er vorzüglich nutzt, um einen glaubhaften, lebendigen Charakter bayerischer Prägung zu spielen. 

Ein wenig erinnert die Geschichte an den französischen Film Nur Fliegen ist schöner aus dem Jahr 2015, in dem ein Mann mit dem Kajak zu großer Flussfahrt aufbrach und nicht weit kam, weil er nette Leute kennenlernte, bei denen er sich niederließ. Die wirkliche Horizonterweiterung liegt auch hier im Kontakt mit Menschen. Schorsch verdient sich Geld für den Sprit, indem er dem Schlossbesitzer Richard von Zeydlitz (Ulrich Tukur) einen Garten anlegt. In diesem überkandidelten Ambiente lernt er Richards unglückliche, rebellische Tochter Philomena (Emma Bading) kennen, auch sie ein gut gespielter Charakter. Philomena treibt den kühlen, ironischen Ton, den die ungeliebte Stiefmutter (Sunnyi Melles) und der Vater ihr gegenüber an den Tag legen, selbst auf die Spitze und provoziert nach Kräften. Schorsch aber lässt sich davon nicht einschüchtern. Philomena will nun unbedingt mit zum Nordkap und adoptiert Schorsch praktisch als Ersatzvater. Dafür hilft sie ihm, sich dem Problem zu stellen, das er mit seiner eigenen Tochter hat. 

Parallel, wenn auch viel kürzer, schildert der Film, wie Schorschs Frau Monika daheim mit der Absenz des Gatten umgeht und sich ihrerseits emanzipiert. Die marode Gärtnerei, der Ärger mit Kunden, die überzogene Ansprüche haben, ein Eheproblem, das nie gelöst wurde, sind Zutaten, die der Geschichte eine gute realistische Erdung geben. Ein Leben lang nach den Regeln von Disziplin, Fleiß und Verzicht funktioniert zu haben, muss sich nicht zwangsläufig auszahlen. Im fernen Brandenburg, bei der von Dagmar Manzel gespielten Hannah, erfährt Schorsch, dass ihre Existenzgründung, die ihr die Wende aufoktroyierte, weder glatt verlief noch abgeschlossen ist. Zwei einsame Herzen haben sich, über alle innerdeutschen Grenzen hinweg, einiges zu sagen.

Schorschs Reise gerät zwischendurch allzu gemütlich. Besonders in der Episode in Brandenburg dehnt sich die Zeit wie Kaugummi. Kein Detail kann unscheinbar genug sein, um nicht einige Filmszenen zu beanspruchen. So wird auch Philomenas Flirt mit einem jungen Mann ausgewalzt, obwohl die Jugendliche in diesem Handlungsabschnitt für den Film nicht mehr wirklich interessant ist. Wäre der Film etwas kürzer geraten, hätte der Spannungsbogen davon profitiert. Aber mit Schorsch, dem Mann mit Gemüt, und seinen markanten Reisebekanntschaften bewegt sich die Komödie insgesamt doch überwiegend im grünen Bereich.

Grüner wird's nicht, sagte der Gärtner und flog davon (2018)

Schorsch Kempters Leben als Gärtner in einer bayerischen Kleinstadt ist unspektakulär und er findet nur in seinem Propeller-Flugzeug das wirkliche Glück. Als der Besitzer des lokalen Golfplatzes Missfallen am Rasen findet, muss Schorsch für die Kosten aufkommen und es dauert nicht lange, da steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Also setzt sich Schorsch kurzum in sein Flugzeug und macht sich davon.

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Meinungen

Heppchen · 26.11.2019

Ich sah den Film gestern erst und war sichtlich angetan von Inhalt und der netten Story über menschliches Verhalten und dem Lauf des Lebens.... sehr schön umgesetzt mit tollen Flugbildern natürlich - die Leictigkeit des Seins - und einem ganz schönen Ende... wir in Hollywood ... Danke dafür!!!! :-)

Nagler · 25.03.2019

Ich sah den Film in der Reihe Sehquenz in Hofer Central und war rundweg begeistert.
Eine schöne Kömödie die ansatzweise etwas an der "Kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupery erinnert. Ein herrliches Roadmovie, aber ohne Auto, dafür mit einen schönen roten Doppeldecker.

Heiner-Ralf · 16.02.2019

Ich kann die negativen Einschätzungen zu diesem Film nicht ansatzweise teilen. Kann es heutzutage nicht mehr möglich sein, sich einfach in einen solch wundervollen Film hineinfallen zu lassen und den eigenen Gedanken Flügel zu geben? Es ist doch absolut irrelevant, ob In Brandenburg die Jugendliche noch "Interessant" ist (ist sie auf jeden Fall!) oder der Film ein paar Minuten kürzer besser wäre (wäre er auf keinen Fall!). Ich habe jede Szene, jeden Satz, jede Einstellung und jede noch so entzückende Begebenheit genossen! Mein Dank ist grenzenlos für die Zeit, die ich gemeinsam mit dem tollen Filmteam verbracht habe!

Tom · 05.10.2018

Deutsche Komödie lässt schlimmstes befürchten, aber dieser Film ist nicht klamaukig, sondern einfach schön und an manchen Stellen nachdenklich.