Log Line

Mamma Mia – Here We Go Again ist nicht nur der Titel dieses Sequels, sondern gleichzeitig auch der beste Ausruf für den Inhalt. Ambivalenz erlebt man hier auf einer ganz neuen Stufe, während die Macher nach der ultimativen Formel fürs Musicalglück suchen. Denn mit ihr steht und fällt dieser Film.

Mamma Mia! Here We Go Again (2018)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

So when you're near me, darling can't you hear me, S. O. S.

Wir sind wieder da. Auf dieser grünen kleinen Insel Kalokairi vor Griechenland, die umgeben ist von zu viel intensivem Meeresblau, zu viel gleißend weißen Häuserfassaden, vor und hinter denen sich ein ganzes Ensemble großer SchauspielerInnen dem Abba-Musical-Wahn ein weiteres Mal hingibt. „Mamma Mia – Here We Go Again“ ist Sequel und Prequel zugleich, denn hier verwebt sich eine Mutter-Tochter-Geschichte zu einem großen Klumpen Glücksseligkeit in hellblau.

Nein, hier geht es nicht um weitere blondgelockte Liebesabenteuer von Mutter Donna (Meryl Streep) und ihrer Tochter Sophie (Amanda Seyfried), zumindest nicht im chronologischen Sinne. Denn Donna ist in der Jetzt-Zeit nicht vorhanden. Sophie leitet allein das Hotel, welches sie komplett neu herrichten hat lassen und dessen große Eröffnung bevorsteht. Ihr Geliebter Sky (Dominic Cooper) ist unterdessen in New York, um das Hotelerie-Handwerk zu lernen, bekommt dort aber ein Angebot, das den Haussegen schief hängen lässt. Währenddessen erzählt der zweite Erzählstrang von Donnas (Lily James) Jugend und der fatalen Woche, in der sie mit drei jungen Männern (durchweg zum Vergessen: Jeremy Irvine, Hugh Skinner und Josh Dylan) schlief und die griechische Insel ihrer Träume zum ersten Mal betrat.

Beide Geschichten versuchen von Parallelen zu erzählen, die allerdings schnell in Schieflage für Sophie geraten. Deren Figur ist verdammt dazu, das Leben ihrer Mutter, deren Wünsche und Träume weiterzuführen, was ihr wenig bis keinen Spielraum für Eigenes gibt. Noch dazu muss sie die sexuellen Freiheiten, die ihre Mutter in den 1970er Jahren erlebte, in der Jetzt-Zeit in neokonservative Muster übertragen und sich auf die konservativste Lebens- und Liebensform beschränken. Und das in Griechenland! Donna wiederum erfährt nichts weiter als eine Wiederholung ihrer Geschichte, die sie auf eine bestimmte Woche ihres Lebens und drei Affären reduziert.

Aber vielleicht ist das schon wieder viel zu viel nachgedacht, denn in Mamma Mia – Here We Go Again geht es ja weniger um tiefgreifende Figurenentwicklung als um das Singen möglichst vieler Abba-Songs, die irgendwie in die Handlung eingebunden werden und sie weiterführen sollen. Das gelingt nur bedingt, denn so richtig viele A-Seiten sind nicht mehr übrig, die wurden ja alle schon im ersten Teil verbraten. Andererseits knirscht es inhaltlich an vielen Ecken, da die Songtexte sich nicht immer in die Handlung integrieren lassen. So beginnt der Film schon auf einer schiefen Note mit Donnas Schulabschluss und ihrer Rede als Klassenbeste, in der sie When I kissed the teacher zum Besten gibt. Eine eigenartige Wahl, reduziert sie Donnas Erfolg doch nur auf einen romantischen – und heutzutage unschön anmutenden – Teilaspekt. 

Doch noch etwas anderes zeigt sich hier ganz deutlich: Sowohl Lily James als auch ihr Pendant Amanda Seyfried, die diesen Film zu zwei Dritteln tragen müssen, haben keine Chance, gegen Meryl Streeps Performance aus dem ersten Teil anzukommen. Das liegt aber nicht, wie man sofort vermuten könnte, an der überragenden Überlegenheit Streeps, sondern vor allem daran, dass diese jungen Schauspielerinnen wenig bis keine Tiefen und Ambivalenzen in ihre Figuren tragen, die diese und der gesamte Film bitter nötig hätten, ist doch der Rest schon plattgedrückt und rundgelutscht ohne Ende. 

James und Seyfried nehmen ihre Figuren und sich selbst ernst, so ernst, dass sie – und damit auch der Regisseur sowie die DrehbuchautorInnen – die größte Lektion aus dem ersten Teil nicht verstehen und zu nutzen wissen. Denn die Frage ist doch: Warum guckt man sich Mamma Mia überhaupt an und hat dabei Spaß? Die Abba-Songs sind es nur bedingt. Die Geschichte und Figuren sind ebenfalls nur lauwarm. Nein, der Appeal dieser Filme ist ein anderer und dies merkt man in Mamma Mia – Here We Go Again ganz genau. In dem Moment, in dem mit Christine Baranski und Julie Walters Donnas alte Freundinnen auf der Insel anlegen und den ersten Song mit Seyfried zum Besten geben, ist klar, warum der Vorgänger so viel Spaß machte und dieses Sequel nur bedingt. Man schaut Mamma Mia vor allem, um bekannten, seriösen SchauspielerInnen dabei zuzusehen, wie sie selbstironisch schmunzelnd an einer Musical-Schmonzette wie dieser beteiligt sind und, ob sie nun singen können oder nicht, alte Abba-Songs zum Besten geben.

Dabei machen sie sich über ihre alten Rollen, ihre alternden Körper und sich selbst in einer herzlich-liebevollen, aber durchaus markanten Art lustig, dass es eine Freude, eine unendliche Freude, ist, dabei zuzusehen. Mamma Mia hebelt ein Stück Hollywood aus. Es macht aus Stars wie Pierce Brosnan, Stellan Skarsgård und Colin Firth Menschen, nicht Ikonen, die noch dazu endlich mal ein wenig Spaß an Trash haben dürfen. Es heißt, Skarsgård habe das Drehbuch zum ersten Teil nicht mal gelesen, er wollte endlich einmal mit Streep drehen. Und so kommt es einem auch vor. Als wären sie im falschen Film oder bräuchten das Geld und machen das Beste daraus. Das ist der Appeal dieses Films, den die junge Schauspieler-Riege nicht verstanden hat. Mit unendlicher Ernsthaftigkeit versuchen sie Rollen zu füllen, die so absurd und eindimensional sind, dass man sie nur als Mittel zum spaßigen Selbstzweck verstehen kann. Was soll man sonst tun, wenn die Szenenbeschreibung vorgibt, dass man jetzt singend ein Rad in einem Hain schlägt, aus dem man gerade Rosamunde-Pilcher-gleich Orangen gepflückt hat und dann von einer griechischen Ziege verfolgt wird?

Und so will Mamma Mia – Here We Go Again in den ersten zwei Dritteln gar nicht funktionieren. Bis der alte Cast an Land gespült und sogar mit Cher und Andy Garcia noch trashiger aufgepolstert wird. Hier dann, nachdem man eine halbe Ewigkeit voller schaumgebremster, fremdschämiger Performances ertragen musste, blüht der Film dann wieder auf. In Sekundenbruchteilen versetzen Brosnan, Baranski und Co. das Werk in seine besten, wärmsten, albernsten, schönsten Zeiten zurück und reißen dieses Schiff kurz vor der Kollision noch einmal herum. 

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt dennoch: Mamma Mia – Here We Go Again kann es sich nicht verkneifen, den gesamten Film lang in die Kiste der dreckigen Tricks zu kneifen. Zwei Dinge, die völlig unnötig sind, kramt der Film immer wieder hervor. Zum einen ergeht er sich immer wieder mal mehr, mal weniger subtil im queer baiting, also dem Suggerieren homosexueller Momente, die dann doch keine sind, um das LGBTIQ-Publikum anzulocken. Als wäre das nötig in einem Film voller Abba-Songs und Ikonen wie Cher, Christine Baranski und Meryl Streep. Zum anderen reduziert das Werk abermals die Griechen und alles Griechische zu einer Kulisse und einem exotisierten Klischee schrecklichster Art. Dieses Mal geht der Film sogar so weit, dem unzähligen Personal die gleichen Uniformen anzuziehen und sie als eine Art Haussklaven zu inszenieren — keine allzu gute Idee in Allgemeinen und noch dazu für amerikanische Einwanderer, die dort zum Spaß und mit viel Geld eine Existenz aufbauen, die vor allem vom exotisierten Charme der Einheimischen lebt. Kolonialismus ahoi.

Mamma Mia! Here We Go Again (2018)

Zehn Jahre später verschlägt es Donna wieder nach Griechenland, in der Fortsetzung des Musical-Hits „Mamma Mia!“.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Gisela · 08.10.2018

ich habe selten so einen schlechten Film gesehen .Grottenschlechte Handlung,dümmliche Kommentare...unglaublich !!!!

Eileen · 02.09.2018

Zum Glück schaue ich mir Filme erst an und dann schau ich mir "Filmkritiken" an. Diese Filmkritik ist vollkommen überzogen und ich frage mich, ob die Autorin diesen und den ersten Teil überhaupt gesehen hat.

Die Kritik ist für mich absolut nicht objektiv, sondern spiegelt nach meiner Meinung nach nur den persönlichen Geschmack der Autorin wieder.

"Dieses Mal geht der Film sogar so weit, dem unzähligen Personal die gleichen Uniformen anzuziehen und sie als eine Art Haussklaven zu inszenieren..."

Frage an die Autorin: Was haben gleich "Uniformen" mit Haussklaven zutun? Das würde ja bedeuten, dass jeder der Arbeitskleidung tragen muss, ebenfalls ein Sklave ist. Das ist absolut frech und hat nichts in einer Filmkritik zu suchen, denn es spiegelt anscheinend die persönliche Meinung der Autorin wider.

Der Film ist absolut super geworden, tolle Stimmung, tolle Songs und es hat Spaß gemacht den Film anzuschauen. Es war interessant die Geschichte von Donna zu sehen und nicht nur ein paar Tagebucheinträge zu hören.

Gabrielle · 22.08.2018

Ich stimme der Verfasserin zu, daß der 1. Film absolut super war, energiegeladen und gute Laune verbreitend, während der 2. Film dagegen leider enttäuscht...

Das hat sicher in erster Linie mit den unterschiedlichen Regisseuren zu tun, aber auch den neuen, weniger bekannten Liedern, die ruhiger und daher weniger mitreißend sind, und nicht zuletzt mit der meiner Ansicht anfangs unglaubhaft spielenden Lilly James.

Sonja · 27.07.2018

Hallo.
Man merkt, dass Sie, als Verfasser dieser Kritik, weder den ersten Film noch den Zweiten mögen.
Für mich geht es nicht um Abba-singende Starts bzw. Filmikonen, sondern um die verbreitete Lebensfreude und Unbeschwertheit einer jungen bzw. jung gebliebenen Frau. Donna glaubt immer and ein gutes Ende, auch wenn sie mit einigen Problemen konfrontiert wird. Diese können natürlich als oberflächlich abgetan werden, sind für junge Menschen jedoch durchaus reale Hürden. Das Gleiche gilt für Sophie.
Der Ausdruck queerbaiting ist hier meiner Meinung nach völlig falsch angebracht. Man kommt nicht ins Kino weil Harry schwul ist oder weil Männer miteinander tanzen, sondern weil man die Lebensfreude, welche durch die Performance der Schauspieler verbreitet wird, selber erleben möchte.
Ich stimme Ihnen in einem Punk zu, Meryl Streep hat im ersten Film (und auch im Zweiten) einen grandiosen Auftritt hingelegt. Nun wird nicht versucht, diese Performance zu übertrumpfen, sondern ihre Vitalität am Leben zu erhalten.
Natürlich finde ich es gut, wenn Sie sich kritisch mit Mamma Mia-Here We Go Again auseinander setzten, jedoch wird diese Beurteilung meiner Meinung nach dem Film in keiner Weise gerecht.