Jim und Andy

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Existenzialistisch und rührend

Jim und Andy (im Original: Jim & Andy: The Great Beyond — Featuring a Very Special, Contractually Obligated Mention of Tony Clifton) ist eine wunderbare Meta-Studie, also ein Film über einen Film über einen Film, in dem ein Comedian (Jim Carrey) einen anderen Comedian (Andy Kaufman) spielt, der wiederum ein Alter ego als ein anderer Comedian (Tony Clifton) hat, der ab und an von einem anderen Comedian gespielt (Bob Zmuda) wurde. Kaufmanesquer geht es wohl kaum und das ist gut so.
Ja, das ist kompliziert, aber eigentlich auch nicht. Jim und Andy ist im Grundsatz ein Film, der die bisher nicht veröffentliche behind-the-scenes-Dokumentation zu den Dreharbeiten von Der Mondmann mit einem ausführlichen Interview mit Jim Carrey verbindet. Das Erstaunliche und Doppel- oder gar Dreifachbödige hierbei ist, dass Carrey und Kaufman, die sich nie kennengelernt haben, sehr viel gemeinsam haben und sich Carrey für die Dreharbeiten zu diesem Film so sehr in Kaufmans Schuhe begeben hat, dass Jim Carrey völlig verschwand und nur Kaufman und sein sehr nerviges Alter ego Tony Clifton zugegen waren. Und das zum Leidwesen des großen Miloš Forman, Regisseur des Filmes und Gequälter dieser wahnsinnigen Inkorporation Carreys, die weit über das sonst übliche method acting hinausging und über die Carrey und fast alle anderen Beteiligten mal im wahrsten Sinne des Wortes, mal metaphorisch fast den Verstand verloren.

Daher transportieren die Teile des Filmes, die bei den Dreharbeiten gemacht wurden, nicht nur zurück in das Jahr 1999, sondern sind auch Ankerpunkt dafür, noch einmal den großen und sehr eigenartigen Andy Kaufman näher zu betrachten. Der Fokus liegt hier allerdings auf den biografischen und emotionalen Überschneidungen mit Carrey. Wer Jim Carreys Leben und Karriere nicht weiterverfolgt hat, wird vielleicht verpasst haben, dass aus dem kanadischen Grimassenschneider unlängst viel mehr geworden ist. Nach diversen Depressionen, dem Tod seiner Ex-Freundin und anderen Erschütterungen ist Carrey inzwischen Maler geworden und hat sein Leben grundlegend verändert. Startpunkt dieser Neuausrichtung war seine Rolle als Andy Kaufman/Tony Clifton, eine Rolle, die, wie er sagt und wie man hier sehen kann, Besitz ergriff, als würde Kaufmans Geist persönlich sein Leben übernehmen. Seine absolute Leidenschaft und die Konsequenz, mit der er in Der Mondmann arbeitete, brachte ihn aber an den Punkt des Zusammenbruchs, der sich für Carrey durch alle seine Filme perfekt abzeichnete. Die Maske symbolisiert für ihn das Kreieren und Anlegen der Persona Jim Carrey, Die Truman Show das Leben und auch das Verlassen einer Blase, in der alles sich nur um ihn dreht, aber alles auch nicht echt ist – ein Zustand, den viele Stars gut nachvollziehen können und der schreckliche Konsequenzen haben kann. Für Carrey war Der Mondmann der Moment, in dem er diese Blase verlassen hat, in dem Jim Carrey Maske ablegen konnte, um einfach mal jemand anders zu sein. Und das tat er so gut, dass selbst Kaufmans Familie ihn aufnahm, als wäre er Andy.

Es zeugt nicht nur von Carreys Talent, dass er es so weit treiben konnte. Es zeigt auch auf, wie sehr er in der Lage ist, seine eigene Persönlichkeit zu verdrängen, ein Mechanismus, der ihn zu einem genialen method actor macht, der aber auch seine Spuren hinterlässt. Und so wandert der Dokumentarfilm hin zu Carreys eigenem Leben, seiner Philosophie und der Frage danach, wer oder was Jim Carrey eigentlich ist, war und in der Zukunft sein könnte.

Und genau hier überrascht Jim und Andy positiv, lehnt sich der Film doch nicht einfach zurück und rekapituliert einen der absurdesten Filmdrehs der Geschichte Hollywoods, sondern geht weit darüber hinaus in existenzialistische und wahrhaft rührende Momente, in denen sich die Reflexionen von Erinnerungen lösen und sich den großen Fragen des Lebens widmen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Jim Carrey einem gute Lebenstipps und Denkanstöße geben könnte, die einen nach dem Filmbesuch doch noch einmal tief über das eigene Leben sinnieren lassen.

Jim und Andy

„Jim und Andy“ (im Original: „Jim & Andy: The Great Beyond — Featuring a Very Special, Contractually Obligated Mention of Tony Clifton“) ist eine wunderbare Meta-Studie, also ein Film über einen Film über einen Film, in dem ein Comedian (Jim Carrey) einen anderen Comedian (Andy Kaufman) spielt, der wiederum ein Alter ego als ein anderer Comedian (Tony Clifton) hat, der ab und an von einem anderen Comedian gespielt (Bob Zmuda) wurde. Kaufmanesquer geht es wohl kaum und das ist gut so.
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